Adidas : Die Sprinter

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Ansbach, eine beschauliche Stadt im Mittelfränkischen. 42.000 Einwohner, ein Ort wie aus dem Bilderbuch. Wer das bayerische Naturidyll durchstreift, der würde nicht auf Anhieb auf die Idee verfallen, dass hier die Zukunft der industriellen Wertschöpfung geschrieben wird.

In der besenreinen Adidas-Fabrik am Rande der Kleinstadt – Betreiber des Werks ist der Kunststoffverarbeiter Oechsler – finden sich dafür freilich genug Indikatoren: Statt dem Rattern von Nähmaschinen hört man nahezu geräuschlos mobile Roboter durchs Werk eilen. Maschinen schneiden Stoffe fast vollautomatisch zu. Statt aus bis zu 100 Einzelteilen zusammengesetzte Turnschuhe per Hand zusammenzukleben, lässt der Herzogenauracher Sportartikelhersteller sie hier maschinell fertigen.

Im ersten Schritt im Kleinmaßstab, doch noch heuer soll in der Ansbacher Fabrik auf 4.600 Quadratmetern die Serienproduktion anlaufen. Ebenfalls 2017 geht ein demselben schlanken Fertigungsprinzip folgendes Werk in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia an den Start.

Lokalisierung bringt Tempo

Damit holt der Sportartikelhersteller – fast drei Jahrzehnte nach der großen Verlagerungswelle gen Asien – spektakulär Wertschöpfung in lokale Märkte zurück. Erklärtes Ziel: Die Installation auf Schnelligkeit ausgerichteter Fabriken – sogenannter Speed-Factorys – in allen großen Absatzmärkten mittelfristig. Ein internationales, auf schnellen Datenaustausch ausgerichtetes Produktionsnetz soll die Time-to-market gering halten: Vergehen von Auftragserteilung an asiatische Zulieferer bis zur Auslieferung in den westlichen Märkten Wochen, könnte das Produkt bald schon Tage oder Stunden nach Order ausgeliefert sein. Bei höchster Individualisierung: Kundenwünsche effizient und schnell in Produktionsdaten zu übersetzen, lautet die so simple wie ehrgeizige Formel der Deutschen.

Avantgarde

Wer das Schablonenhafte sucht, wird in der Speed-Factory in Ansbach demnach enttäuscht. Bei der Produktionstechnik denken die Deutschen geradezu avantgardistisch. Vieles ist selbstgesteuert, intelligente Algorithmen wachen über wichtige Prozesse. Selbst additive Verfahren sind im Einsatz. Menschenleer ist die Fabrik trotz der technologischen Hochrüstung damit nicht: 160 Mitarbeiter allein zählt man in Ansbach. Asien bleibt als Fertigungsstandort für die Deutschen dabei freilich weiter interessant. Zugleich gibt es ambitionierte Ziele für die ersten schnellen Fabriken in Deutschland und den USA: Beide Standorte sollen mittelfristig die jährliche Marke von je 500.000 hergestellten Schuhen knacken. Der Anfang ist geschafft.

Am 10. Industriekongress, der von 21. bis 23. Juni 2017 stattfindet, stellt Jan Hill, Senior Development Engineer bei Adidas, diese erste komplett automatisierte Fertigung vor.