Arbeitsschutz : Die neuen Arbeitsschutzregeln in der Industrie im Überblick

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Er prüft Böden auf ihre Rutschfestigkeit genauso wie Wanderschuhe auf ihre Strapazierfähigkeit: Langweilig kann Thomas Manek der Job bei der Sicherheitstechnischen Prüfstelle der AUVA nicht so schnell werden. Dafür sorgen schon die nationalen, internationalen und europäischen Normenausschüsse, die laufend neue Standards für sicherheitstechnische Bekleidung und Utensilien herausbringen – oder zuletzt auch der Gesetzgeber: Ab Juli 2016 tritt die neue Evaluierungspflicht elektromagnetischer Felder am Arbeitsplatz in Kraft. Auch sonst bleiben die nächsten Monate für all jene, die bei der Auswahl und Pflege ihrer persönlichen Schutzausrüstung den sicheren Bereich vorziehen, aufregend.

DIN EN ISO 45001:2016 - Arbeitsschutz systematisch effizienter

Zur Wachablöse soll es 2016, spätestens 2017 kommen: Fast ein Jahrzehnt bildete ein britischer Standard (BS OHSAS 18001) die Grundlage für die Zertifizierung eines international anerkannten Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagementsystems. Jetzt soll die ISO 45001 an dessen Stellen rücken – doch es spießt sich noch gewaltig an letzten Details, wie ein Normenspezialist aus dem Arbeitsministerium weiß: Es gibt Unstimmigkeiten zwischen dem ISO-Gremium und der Internationalen Arbeitsorganisation, die schwindende Arbeitnehmerrechte – konkret zu wenig Einbindung – befürchtet. Wesentlichste Neuerung ist – ganz ähnlich wie bei der Qualitätsmanagementnorm ISO 9001 – die Einführung einer vereinheitlichten Struktur (High Level Structure). Mehr Gewicht soll außerdem auf dem Umfeld – sprich der gesamten Wertschöpfungskette – des Unternehmens liegen.

EN-458:2016 - Gut abgedichtet

Auch beim Gehörschutz tut sich was: "Eine neue Fassung der EN-458 wird für heuer erwartet", schildert AUVAArbeitsschutzexperte Thomas Manek. Die Norm, die Empfehlungen "für Auswahl, Einsatz, Pflege und Instandhaltung" gibt, soll noch anwenderfreundlicher werden. Das wird alle freuen, die regelmäßig mit öligen Händen zum Gehörschutz greifen und einen "Verhaltenskodex" zur richtigen Auswahl, Pflege und Reinigung gut gebrauchen können. Punkte, worauf achtzugeben ist, gibt es nämlich viele: Der sorglose Umgang mit seinem Ohrenschutz kann zur Verprödung des Materials führen, die wiederum zu einer mangelhaften Anpassung an die Gehörgänge.

EN ISO 20349-1; -2 - Sichere Treter

Neuigkeiten gibt es wohl schon heuer für Gießereimitarbeiter und ganz allgemein Industrieschweißer: Die Arbeiten zur Neufassung der ISO 20349 sind in den Gremien der Internationalen Normungsorganisation laut AUVA-Experte Thomas Manek bereits abgeschlossen, voraussichtlich heuer folgt die neue Norm: Sie legt schon wie bisher Anforderungen und Prüfverfahren für die Benutzung des richtigen Schuhwerks in Hinblick auf die Gefahrenquelle flüssigen Metalls fest. Denn es stellte sich heraus, dass das alte Regelwerk zu undifferenziert war: "Es macht eben einen Riesenunterschied, ob größere Mengen flüssiges Metall über den Schuh fließen oder dieser nur ein paar Spritzer abbekommt", so Manek. Die neugefasste Norm – sie gliedert sich in zwei Teile – bringt eine Reihe neuer Prüfanforderungen für die Hersteller von Schutzausrüstung, wie etwa klarere Vorgaben, welche thermische Isolierung ein Schuh bieten muss und wie der Schnellverschluss auszusehen hat. "Die Norm wurde damit praktisch komplett überarbeitet", heißt es bei der AUVA. Gut für die Industrie: Die Zahl grober Unfälle durch Verbrennungen sollte durch das richtige Schuhwerk deutlich sinken.

ÖNORM EN 16897:2015; ONR CEN/TS 16937:2016 - Sichere Nanoteilchen

Sie sind ein Schwerpunkt im laufenden Forschungsprogramm der EU: Die Nanotechnologien. Nicht erstaunlich also, dass es eine Vielzahl an neuen Standards für den industriellen Gebrauch derselben in die Veröffentlichungs-Papers weltweiter Normungsgremien schafft: So etwa im Vorjahr ein Standard (EN 16897), der definiert, welcher Exposition ultrafeiner Partikelchen, Aerosole und Nanoaerosole, man am Arbeitsplatz ausgesetzt sein darf. Zu Jahresbeginn folgte eine ON-Regel (16937) nach, die einen Leitfaden "zur verantwortungsvollen Entwicklung von Nanotechnologien" beinhaltet. Verarbeiter aus der chemischen Industrie und Werkstoffhersteller begrüßen den zusätzlichen Schutz durch neue Grenzwerte und effiziente Dokumentation.

Richtlinie 2013/35/EU - Gefährliche Felder

Ab Mitte 2016 ist die Schonfrist vorbei: Jeder Arbeitsplatz in der EU muss – die Übergangsfrist läuft dann aus – durch den Arbeitgeber hinsichtlich nachteiliger Wirkungen elektromagnetischer Felder evaluiert werden. Die zugrundeliegende EU-Richtlinie verpflichtet nicht nur zur Evaluierung besonders kritischer Strahlungsquellen, sondern auch "zum Nachweis der Unbedenklichkeit für alle Arbeitsplätze", heißt es bei der AUVA. Auf Nachfrage der Behörden müsse man eine lückenlose Dokumentation – wer ist wo exponiert, welche Feldstärke herrsche vor – vorweisen können. Häufig würden in den Unternehmen fachkundige Experten, um dieser Verpflichtung nachzukommen, fehlen. Mithilfe eines von der AUVA , AIT und Seibersdorf Laboratories entwickelten Verfahrens (EMES) lässt sich die überwiegende Zahl der Arbeitsplätze einfach und ohne Vorkenntnisse evaluieren.