Studie : Die Angst der Österreicher vor der Zukunft

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Es sind die Antworten der unter 30-Jährigen, die Christian Hintermayer erschrecken: Ein Viertel von ihnen glaubt, im Falle eines Jobverlusts große Probleme zu haben, wieder einen Arbeitsplatz zu finden. Und besonders überraschend: „Es gibt hier nahezu keine Unterschiede hinsichtlich Bildung und Ausbildung. Ich gebe zu, dass wir das in diesem Ausmaß nicht erwartet haben“, sagt der Projektleiter Mitarbeiterbefragungen beim Online-Markt- und Meinungsforschungsinstitut meinungsraum.at.

Im Herbst führte das Institut eine repräsentative Befragung unter 1.000 österreichischen Erwerbstätigen zum Thema Mitarbeiterzufriedenheit durch – angesichts der unzweifelhaften Auswirkungen auf Loyalität, Leistungsbereitschaft und Kundenzufriedenheit ein wesentlicher Trigger für den Unternehmenserfolg. Kurz gefasst, zeigt die Studie: Nahezu unabhängig von demografischen Faktoren oder der beruflichen Position ist die Zufriedenheit der heimischen Arbeitnehmer hoch. Doch über diesem Befund schweben einige recht dunkle Wolken.

Allgemeine Stimmung triggert Zufriedenheit

70 Prozent sind kein schlechter Wert: Mehr als zwei Drittel der Befragten geben an, mit ihrer Arbeitssituation sehr oder eher zufrieden zu sein. Und auch hier machen Demografie und hierarchische Position kaum nennenswerte Unterschiede. Ein Befund, den Christian Hintermayer damit erklärt, dass Arbeitnehmer ihre Erwartungen unbewusst an den tatsächlichen Zustand anpassen: „Unzufriedenheit erzeugt eine Art inneres Ungleichgewicht, das ausgeglichen werden will. Die Menschen neigen daher zu einem pragmatischen Zugang – nach dem Motto: ‚Besser geht es eben nicht’.“

Dass die hohe Arbeitszufriedenheit dennoch in Gefahr ist zu sinken, erklärt Hintermayer mit einem bekannten Effekt: Allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit hat massive Auswirkungen auf die subjektive Zufriedenheit im Job – selbst, wenn man der Meinung ist, von negativen Entwicklungen nicht unmittelbar betroffen zu sein. Ein skurriles Beispiel dafür bieten entsprechende Umfragen in West- und in Ostdeutschland: In den Jahren nach dem Mauerfall stiegen die Arbeits-Zufriedenheitswerte in Ostdeutschland massiv an, während sie im Westen des Landes fast genauso stark sanken – obwohl kaum ein Arbeitnehmer in seinem Beruf Auswirkungen der Wende spürte.

Vor diesem Hintergrund geben einige Ergebnisse der Studie Anlass zur Sorge: Rund zwei Drittel der Befragten glauben, dass es schwieriger werden wird, einen neuen Job zu finden. 46 Prozent stimmen der Aussage zu, die Arbeitswelt verändere sich generell zum Negativen. Fast 20 Prozent haben Angst, irgendwann arbeitslos zu werden – in der Industrie sind es sogar 26 Prozent.

Die Analyse der Befragung zeigt, dass solche Einschätzungen die Arbeitszufriedenheit deutlich beeinflussen. Respondenten mit generell negativen Einschätzungen zu Arbeitswelt haben eine signifikant niedrigere Zufriedenheit im eigenen Beruf. Frauen schätzen laut der Studie übrigens die allgemeinen Veränderungen der Arbeitswelt negativer ein als Männer.

„Cultural fit“ entscheidend

Und das hat direkte Folgen für Unternehmen. Unzufriedenheit im Job führt zu messbar geringerer Weiterempfehlungsrate, höherer Wechselbereitschaft und vor allem auch zur Tendenz, im Alltag nur noch das Nötigste zu erledigen.

Und was können Unternehmen dagegen tun? Neben der prinzipiellen Empfehlung, der Zufriedenheit der Mitarbeiter überhaupt Beachtung zu schenken, gibt es durchaus konkrete Tipps seitens der Studienautoren. Da Arbeitszufriedenheit, wie Christian Hintermayer erklärt, ein äußerst komplexes Thema ist, näherte sich meinungsraum.at dem Phänomen auf drei Wegen: mittels spontaner Nennung, gestützter Angabe und des statistischen Modells der Regressionsanalyse.

Die Ergebnisse der drei Ansätze weisen alle in die gleiche Richtung: Die Faktoren im Zusammenhang mit der Unternehmenskultur haben offenbar den größten Einfluss auf die Zufriedenheit. Deutlich vor der Frage des Gehalts, der eigentlichen beruflichen Tätigkeit oder des Arbeitsplatzes nennen die Befragten bei nicht gestützter Befragung die Atmosphäre am Arbeitsplatz und den Zusammenhalt unter den Kollegen als wesentlich für die Arbeitszufriedenheit. Auch bei der gestützten Befragung haben vier der Top-10-Faktoren mit der Unternehmenskultur zu, und die statistische Methode ergibt ein weitgehend deckungsgleiches Bild.

„Das Gefühl, ins Team, ins Unternehmen zu passen, ist also wirklich entscheidend für die subjektive Zufriedenheit“, betont Christian Hintermayer, „und für die Unternehmen bedeutet das vice versa: Sie sollten nicht zuletzt beim Recruiting einen stärkeren Fokus darauf legen, wie gut künftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Team passen.

Angst vor Digitalisierung und Automatisierung? Eher nicht. Rund drei Viertel der befragten Arbeitnehmer fürchten sich nicht im Geringsten davor. Sei es, weil sich ihr Job ihrer Meinung nach dadurch nicht verändern wird, weil sie ihn für nicht substituierbar halten – oder weil sie rechtzeitig in Pension sein werden. Immerhin ein gutes Drittel geht allerdings davon aus, dass die Arbeitslosigkeit generell ansteigen wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die meinungsraum.at im Auftrag von Radio Wien unter Arbeitnehmern in der Hauptstadt durchführte.

Eine parallel durchgeführte Eigenstudie von meinungsraum.at zeichnet ein anderes Bild: Befragt wurden hierfür Geschäftsführer und Vorstände. 37 Prozent von ihnen empfinden Industrie 4.0 und weitere Automatisierung grundsätzlich als positive Entwicklungen. Fast zwei Drittel erwarten, dass sich dadurch Veränderungen für ihr Business ergeben werden. Vor allem aber: Ein Viertel der Unternehmen meint, um Job-Kürzungen werde man „ganz sicher“ nicht herumkommen, weitere 41 Prozent halten das zumindest für denkbar.