Konjunktur : Chemische Industrie ortet Standort-Krise

"Seit Monaten kündigen es die Indikatorenvergleiche an: Österreich bleibt bei den Wirtschaftsprognosen hinter dem EU-Schnitt zurück. Diese Entwicklung ist in der Realwirtschaft angekommen. Das bekommt unsere Branche jetzt deutlich zu spüren", erklärt der Fachverbands-Obmann.

Insgesamt erwirtschafteten die 252 heimischen Chemie-Unternehmen im Vorjahr 16,5 Milliarden Euro. "Wir kommen nicht wirklich vom Fleck", so Geschäftsführerin Sylvia Hofinger.

Seit 2011 stagniert der Umsatz zwischen 16 und 17 Milliarden Euro. "Nach dem krisenbedingten Einbruch 2009 gab es zwei sehr gute Jahre, nur seither ist es wirklich bedenklich", so Hofinger. Fachverbandsobmann Culik ortet durch die Umsatzstagnation auch einen Druck auf die Gewinne. Grund für die Rückgänge sind laut Fachverband stark unter Druck geratene Verkaufspreise und die schwächelnde Konjunktur in Österreich und der EU.

2014 wurden in der Chemieindustrie 320 Mitarbeiter abgebaut, Ende des Jahres zählte der Fachverband nur mehr 42.839 Beschäftigte. Auch die Zahl der Betriebe sank von 260 auf 252. Der Rückgang gehe schleichend vonstatten, oft seien es Umgruppierungen in internationalen Konzernen, so Culik. Im Vorjahr habe ein Pharmakonzern einen Forschungsstandort von Österreich nach Cambridge in den USA verlegt.

Die chemische Industrie hat im Vorjahr gut 600 Millionen Euro investiert, von den Boomjahren 2007 und 2008 ist man aber meilenweit entfernt. 2007 wurde mit 1,17 Milliarden Euro fast doppelt so viel investiert wie 2014. Vor allem kleine Unternehmen würden aktuell schwer an Bankkredite kommen, hingegen gebe es viele Investoren, die mit vollen Geldbeuteln nach Übernahmen Ausschau hielten, so Culik.

Die Branche geht davon aus, dass auch 2015 Umsatz und Personalstand stagnieren oder zurückgehen. "Der Trend setzt sich fort", sagte Culik. Global gesehen habe sich die chemische Industrie in den vergangenen zehn Jahr von Europa nach Asien verlagert. Zudem hinke Österreich Deutschland hinterher. Culik sieht angesichts hoher Lohnnebenkosten und teurer Energie den Chemie-Standort Österreich gefährdet. (apa)