Tech in Use : Beheizbare Entnahmesonde für Erdgasspeicheranlagen

Erdgas ist nach Öl und Kohle der drittwichtigste Energieträger in Deutschland – mit steigender Tendenz. Haushalte und Unternehmen verbrauchen rund eine Billion Kilowattstunden pro Jahr – hauptsächlich zum Heizen oder als Wärmelieferant in der Industrie. Zudem nutzen Kraftwerksbetreiber immer mehr Erdgas für die Stromerzeugung. In der Automobilbranche dient der Brennstoff als alternativer Antrieb zu Benzin- und Dieselmotoren. Damit ist Deutschland der viertgrößte Erdgasverbraucher der Welt.

Die europäischen Länder können nur einen Bruchteil ihres Erdgasverbrauchs durch eigene Förderung abdecken. Deshalb importieren sie das meiste Gas. Weil im Sommer der Bedarf weitaus niedriger ist als im Winter, lagern die Energieversorger das Gas in unterirdischen Zwischenspeichern. Diese fangen auch tageszeitabhängige Schwankungen ab – schließlich benötigen viele Haushalte morgens und abends das meiste Gas, Unternehmen dagegen während der Betriebszeiten.

Über 40 Untertage-Gasspeicher mit einer Kapazität von knapp 20 Milliarden Kubikmetern gibt es in Deutschland. Als Speicherstätten dienen meist künstlich angelegte Hohlräume in stillgelegten Salzstöcken oder bereits ausgeförderte Erdgaslagerstätten. Um möglichst platzsparend zu lagern, wird das Gas hier auf bis zu 250 bar verdichtet. Mit ständigen Druck- und Differenzdruckmessungen überwachen und steuern die Speicherbetreiber die Anlagen. An verschiedenen Messstellen geben Impulsleitungen den statischen Druck des Gases an ein Messgerät weiter. Zur Sicherheit lassen sich diese mit einem Kugelhahn absperren.

Herausforderung: Hydratbildung beim Ausspeichern

Wird das Gas aus dem Speicher wieder in das Leitungsnetz gespeist, verringert sich der Druck auf rund 84 bar, das Gas dehnt sich aus. Dadurch sinkt seine Temperatur und es bildet sich Kondensat im Leitungssystem. In den Transportleitungen begegnet man dieser Hydratbildung durch Additive, zum Beispiel Glycerin. Diese entziehen dem Gas die Feuchtigkeit. Das funktioniert jedoch in den Messleitungen nicht, da hier kein Durchfluss stattfindet. Die Feuchtigkeit verstopft die Leitungen und beeinträchtigt die Funktion der Messgeräte. Die Folge: Fehler bei Druck- und Durchflussmessungen, mitunter fallen sie sogar komplett aus.

Je nach der Zusammensetzung des Gases bildet sich in den Leitungen bereits bei Temperaturen von weniger als 24 Grad Celsius Hydrat. Damit das Gas diese Temperaturgrenze dort nicht unterschreitet, versuchen die Speicherbetreiber, die Messstellen zu beheizen. Dies ist jedoch kein leichtes Unterfangen, denn der Übergang zwischen Transport- und Impulsleitung besteht meist aus dickwandigen Rohren oder ist sogar geflanscht. Das macht es äußerst aufwendig, Wärme von außen auf das Gas zu übertragen. Vor allem bei niedrigen Außentemperaturen ist diese Methode sehr ineffizient, weil sie viel Energie verbraucht. Auch lässt sich nicht immer sicherstellen, dass die Wärme bis ins Innere des Rohres vordringt.

Beheizbare Sonde für präzise Messergebnisse

Einer der führenden Betreiber von Erdgasspeichern in Europa entwickelte für diese Herausforderung eine spezielle Lösung: eine beheizbare Entnahmesonde. Diese leitet die Wärme gezielt von innen auf die entsprechende Messstelle. Die Sonde besteht aus einem Kupferblock mit einem Wärmeträgerrohr, der in den Entnahmestutzen für die Messung eingeschraubt wird. Das Kupferrohr, das bis zur Innenwand der Transportleitung reicht, erwärmt das Gas in der Leitung und verhindert so die Hydratbildung. Ein am Gehäuse angeschraubter elektrischer Heizblock beheizt die Sonde mit Konduktionswärme. Dieser Block regelt seine Temperatur eigenständig je nach Bedarf und ist daher äußerst sicher und energieeffizient. Die Sonde leitet zudem den statischen Druck des Gases uneingeschränkt weiter und sorgt so für präzise Messergebnisse.

Die Prototypen der Sonde stellte das Unternehmen noch in Eigenregie her. Für eine professionelle Serienfertigung war der Energielieferant jedoch nicht ausgerüstet. Eine weitere Schwierigkeit war die Schnittstelle zwischen Transport- und Impulsleitung: Durch die Entnahmesonde konnte der Energiekonzern die Kugelhähne, die bis dahin an den Messstellen als Erstabsperrung installiert waren, nicht weiter verwenden. Eine zuverlässige Erstabsperrung ist jedoch beim Umgang mit Gas zwingend erforderlich, vor allem bei solch hohen Drücken. Der Speicherbetreiber suchte deshalb nach einem Partner, der nicht nur die Fertigung übernehmen, sondern auch eine passende Erstabsperrung für die Entnahmesonde entwerfen sollte. Den Zuschlag für das Projekt erhielt schließlich die Armaturenfabrik AS-Schneider. Das Familienunternehmen mit Sitz in Nordheim bei Heilbronn gehört zu den Marktführern von Industriearmaturen für die Mess- und Regeltechnik und verfügt über eine hohe Kompetenz in der Entwicklung von maßgeschneiderten Sonderlösungen für spezielle Anforderungen seiner Kunden.

Kugelhahn von AS-Schneider sorgt für die Erstabsperrung

AS-Schneider integrierte einen Kugelhahn in die Entnahmesonde. Dieser hält einem Druck bis zu 250 bar stand und ist daher als Erstabsperrung für die Erdgasleitungen bestens geeignet. Zwei voneinander unabhängige Dichtsysteme sorgen dafür, dass kein Gas aus dem Kugelhahn austreten kann: Die Kugelsitze aus dem Kunststoff PTFE übernehmen die primäre Abdichtung, O-Ringe an der Spindel die sekundäre. „Wir haben uns für einen weichdichtenden Kugelhahn entschieden, weil sich dieser auch unter hohem Druck mühelos öffnen und schließen lässt“, erläutert Stefan Heine, der im Vertrieb von AS-Schneider für das Projekt verantwortlich war. „Außerdem sind die Kunststoffdichtungen besonders unempfindlich gegen Schmutz. Das ist bei diesen extremen Einsatzbedingungen ein großer Vorteil.“

Besonderes Augenmerk widmeten die Experten von AS-Schneider dem Thema Sicherheit. Die ausblasesichere Schaltwelle des Kugelhahns ist in einem speziellen, antistatischen Design gefertigt. „Dies dient dem Schutz vor Gasexplosionen“, weiß Heine. Denn schon ein Funke könnte das hochverdichtete Gas entzünden und eine Katastrophe verursachen. Eine Entlastungsbohrung in der Kugel verhindert zudem Spannungen durch unterschiedliche Wärmeausdehnungen. Damit ist sichergestellt, dass der Kugelhahn auch bei starken Temperaturschwankungen zuverlässig arbeitet. Der ergonomische, ovale Griff lässt sich bei Bedarf abschließen, um ein unbefugtes Hantieren zu verhindern.

In der Praxis bewährt

Bei dem Speicherbetreiber war man von der Lösung von AS-Schneider begeistert. Der integrierte Kugelhahn bietet im praktischen Einsatz enorme Vorteile. Zum Beispiel vereinfacht er die Montage erheblich, weil alle Komponenten in einem Gehäuse untergebracht sind. Auch die Baugröße der Entnahmesonde konnte dadurch verringert werden. Die Sonden sind seither in zahlreichen Speicheranlagen mehrerer namhafter Unternehmen erfolgreich im Einsatz und verhindern dort zuverlässig die Hydratbildung in den Messleitungen.