Luftfahrt : Air Berlin nimmt bis Mitte September Kaufangebote an

Für die insolvente Air Berlin können Kaufinteressenten nach Unternehmensangaben bis zum 15. September Angebote abgeben. "Air Berlin wird den Investorenprozess zügig abschließen", sagte ein Sprecher Dienstagmittag.

Der Airlinesprecher widersprach jedoch Informationen aus dem Umfeld des Gläubigerausschusses, wonach die Bieterfrist schon am 13. September ende und das Gremium zwei Tage später bereits erste Entscheidungen treffen könne. Eine Gläubigerversammlung werde es zu einem späteren Zeitpunkt geben, sagte der Sprecher.

Air Berlin verhandelt nach eigenen Angaben mit der Lufthansa und drei weiteren Unternehmen über einen Verkauf. Als Interessenten für Teile der Fluggesellschaft gelten neben der Lufthansa vor allem die britische Easyjet und der Ferienflieger Condor.

Für heute, Dienstag, hat sich der Gründer der österreichischen Air-Berlin-Tochter, Niki Lauda, bei den Insolvenzverwaltern in Berlin angesagt, um sich die Bücher anzusehen. Lauda hatte seine Airline "Niki" 2011 an die Deutschen verkauft. Niki ist bisher nicht insolvent, Lauda äußerte sich zuletzt in einem Brief an die Deutschen an seiner früheren Firma interessiert. Über seine Chancen oder Details eines Rückkaufs hat er sich bisher nicht geäußert.

Niki ist seit Jahren sehr stark mit Air Berlin verflochten, der deutsche Mutterkonzern erledigt vor allem auch Verkauf und Vertrieb für Niki.

Am Mittwoch ist von den Berlinern ein Gespräch mit dem Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl geplant, der die Fluggesellschaft als Ganzes übernehmen will. Deutsche Politiker haben einer Komplettübernahme durch einen einzigen Käufer bereits mehrfach eine Absage erteilt. Air Berlin selbst hatte Wöhrls Angebot zunächst als "PR-Gag eines Trittbrettfahrers" eingestuft - auch, weil es wohl per E-Mail kam und im Posteingang lange nicht gefunden wurde

Die Zeitungen "Bild" und "B.Z." berichteten gestern, am 15. September lägen nach Erwartung von Verhandlungskreisen den Gläubigervertretern entscheidungsreife Kaufangebote vor. Insider gaben allerdings zu bedenken, der Terminplan sei "extrem stramm" und es könne zu Verschiebungen kommen. "In Anbetracht der stetig wachsenden Liste von Kaufinteressenten kann das Ganze länger dauern."

Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann hatte vergangene Woche erklärt, bis Ende September eine Lösung anzustreben. Die Verhandlungen laufen unter Hochdruck, da sich Air Berlin vor allem nur dank eines staatlichen Überbrückungskredits von 150 Millionen Euro in der Luft halten kann.

Branchenkreisen zufolge bieten sechs Airlines und Luftfahrtunternehmer für Air Berlin: Die Lufthansa - in Österreich Mutter der AUA (Austrian Airlines) - will demnach den größten Teil mit bis zu 90 der 140 Maschinen von Air Berlin samt Crews einschließlich der Österreich-Tochter Niki übernehmen. Die Lufthansa gilt vor allem auch in der deutschen Politik als Favorit.

Der britische Billigfluganbieter EasyJet soll für bis zu 40 Flugzeuge bieten. Die Thomas-Cook-Tochter Condor ist an einer zweistelligen Zahl von Maschinen interessiert. Dass die Lufthansa ihre starke Stellung damit noch ausbauen könnte, kritisierten Ryanair-Chef Michael O'Leary, der Nürnberger Fluganbieter Hans Rudolf Wöhrl und Niki-Gründer und -Namensgeber Lauda.

Ryanair ist nach den Worten von Marketingchef Kenny Jacobs nur an Teilen der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin interessiert. "Wir interessieren uns für einige Vermögenswerte von Air Berlin, hauptsächlich die Routen, die wir betreiben könnten", sagte Jacobs am Dienstag in Dublin. Ryanair-Chef O'Leary hatte dagegen in der vergangenen Woche erklärt, eine komplette Übernahme von Air Berlin in Betracht zu ziehen. O'Leary hatte kritisiert, eine Zerschlagung von Air Berlin sei in einem "abgekarteten Spiel" eingefädelt worden, damit sich die Lufthansa einen großen Teil der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft einverleiben könne. (APA/dpa/Reuters/dpa-AFX)

Die AUA-Konzernmutter Lufthansa will Insidern zufolge nach dem geplanten Kauf von Air Berlin viele Überseeflüge der Pleitefluglinie weiter betreiben. Geplant sei, Verbindungen von Berlin und von Düsseldorf aus weiter zu bedienen, sagte eine mit den Plänen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters.

Insgesamt wolle die Lufthansa für ihre Billigtochter Eurowings etwa ein Dutzend der 17 Langstreckenmaschinen der insolventen Konkurrentin übernehmen. "Die Planungen sehen vor, dass zwei der Flugzeuge in Berlin und bis zu zehn in Düsseldorf stationiert werden", ergänzte der Insider. Vorstellbar seien Flüge von der Hauptstadt an die US-Ostküste, etwa nach New York oder Washington. Bisher bietet die Lufthansa keine Langstreckenflüge von Berlin aus an.

Insgesamt bietet die Lufthansa Insidern zufolge für bis zu 90 der rund 140 Maschinen. Damit würden bis zu 3.000 der rund 8.000 Beschäftigten zum deutschen Marktführer wechseln, und zwar ausschließlich fliegendes Personal. "Im jetzt vorliegenden Konzept geht es um die Crews", sagte der Insider.

Interessenten haben bis zum 15. September Zeit, ihre Angebote abzugeben, wie die Niki-Mutter Air Berlin bestätigte. Sechs Airlines und Luftfahrtunternehmer wollen nach Informationen aus Unternehmens-und Branchenkreisen für Air Berlin bieten. Die Zahl dürfte wegen neuer Interessenten noch steigen.

Die Zeit drängt offenbar, da Air Berlin ab Mitte kommenden Monats einige Überseeflüge streicht, etwa von Berlin nach Abu Dhabi und Chicago. Zudem fallen die Strecken von Berlin nach Los Angeles und San Francisco sowie von Düsseldorf nach Boston früher weg als bis jetzt geplant, wie Air Berlin mitteilte. Die Passagiere der betroffenen Flüge sollten umgebucht werden. Weiter angeboten würden die Verbindungen von Berlin nach New York und Miami. Nach Aussagen von Air-Berlin-Chefsanierer Frank Kebekus gingen die Buchungen seit der Pleite zurück, insbesondere auf der Langstrecke.

Air Berlin hat sich schwer damit getan, ein profitables Langstreckengeschäft aufzubauen. Dafür war die Flotte mit 17 Jets zu klein. Zudem waren auf den Verbindungen von und nach Berlin Geschäftsreisende rar, die viel für ein Ticket ausgeben.

Interesse an einem Kauf von Air Berlin bekundet auch Ryanair. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) warnt jedoch vor einem solchen Schritt. "Ryanair ist ein arbeitnehmerfeindliches Unternehmen. Das Geschäftsmodell ist frühkapitalistisch", sagte er dem "Tagesspiegel". Er glaube vielmehr, "es ist für alle Beteiligten unstrittig, dass bei mehreren seriösen Bewerbern die Lufthansa für Verlässlichkeit steht".

Ryanair-Chef Michael O'Leary hatte kritisiert, Air Berlin werde in einem mit der Politik "abgekarteten" Spiel zerschlagen, um die Lufthansa zu stärken. Der Ire kündigte ein Gegenangebot für Air Berlin an. Am Mittwoch will er dazu auf einer Pressekonferenz in Berlin Stellung nehmen. (reuters/apa/red)