Oesterreichs Energie : 10 Fragen an Barbara Schmidt

Der Strombedarf in Österreich steigt. Gleichzeitig will der Verbund fünf Kraftwerke stilllegen, und in der gesamten Branche wächst der Ärger. Was ist da los?

Barbara Schmidt: Wir erleben derzeit massive Verwerfungen auf dem Markt. Die Stromerzeugung, die in Österreich zu etwa zwei Dritteln auf der – nicht geförderten – Wasserkraft basiert und außerdem auf hocheffizienten Gaskraftwerken, ist kein Geschäft mehr. Der Strompreis an der Börse ist extrem niedrig.

Wer bezahlt das?

Barbara Schmidt: Das trägt vor allem der deutsche Konsument, der im Vorjahr über 20 Milliarden Euro an Förderungen gezahlt hat für Strom, der an der Börse drei Milliarden Euro wert ist.

Deshalb können sich aber auch große Industriefirmen an der Börse mit billigem Strom eindecken, während einige von ihnen trotzdem mit Abwanderung drohen.

Barbara Schmidt: Ich meine, dass die Energiepreise nur ein Teil der Gründe sind, warum bei der Industrie Abwanderungsszenarien im Raum stehen. Dagegen ist in der E-Wirtschaft eine schleichende Abwanderung bereits Realität.

Berlin ist gerade dabei, das EEG umzubauen. Welche Auswirkungen erwarten Sie davon?

Barbara Schmidt: Das ist der Versuch, die Entwicklung in die richtige Richtung zu lenken, aber schnelle Änderungen sind nicht zu erwarten.

Die Gaskraftwerke werden auch über die sehr billigen CO2-Zertifikate aus dem Markt gedrückt. Wünschen Sie hier einen höheren Preis?

Barbara Schmidt: Das ist eine heikle Frage. Natürlich darf es nicht zu einem CO2-Preis kommen, der unsere Kunden in der Industrie gefährdet. Aber die Vergangenheit hat gezeigt, dass man sehr wohl Ausnahmen für die energieintensive Industrie umsetzen konnte.

Derzeit wird quer durch Europa die Forderung nach Kapazitätsmärkten laut. Eine gute Idee für Österreich?

Barbara Schmidt: Grundsätzlich glauben wir, dass man sich mit neuen Netzen, Speichern und mehr Wettbewerb in der Erzeugung weitere Förderungen für die Vorhaltung von Erzeugungskapazitäten sparen könnte, die als Puffer gegen Produktionsschwankungen der Erneuerbaren gedacht sind.

Das nächste Riesenprojekt ist die Einführung der massiv umstrittenen Smart Meter. Wie ist da der aktuelle Stand?

Barbara Schmidt: Wir stehen zu diesem Vorhaben. Aber wir sehen es nicht als notwendig an, wie schon öfter, alle Vorgaben aus Brüssel zu 200 Prozent erfüllen zu wollen. Deswegen verhandeln wir gerade mit dem Wirtschaftsministerium und der E-Control über eine Anpassung des Stufenplans.

Wann rechnen Sie mit ersten Ergebnissen?

Barbara Schmidt: Bald, denn Ende 2014 müssen Anpassungen beim Zeitplan und den technischen Anforderungen vorliegen. Es sind ja sehr große Beschaffungsprozesse nötig, um alle Haushalte auszustatten.

Und worum geht es dabei?

Barbara Schmidt: Unter anderem um die aktuelle Bestimmung der E-Control, die eine Schnittstelle zu anderen Energieträgern vorsieht – und die in Wirklichkeit niemand will.

Angesichts all der Probleme am Markt – halten Sie die Energiewende immer noch für eine gute Idee?

Barbara Schmidt: Selbstverständlich! Wir stehen zur Energiewende und sind stolz darauf, dass wir in Österreich im Strombereich zu 75 Prozent erneuerbar sind.