VW-Skandal : VW: Mögliche Strafzahlung von über 1,2 Milliarden Dollar an Washington

VW geht in den USA die nächste Hürde zur Beilegung des Abgasskandals an. Nach dem milliardenschweren Vergleich zur Entschädigung der Kunden für manipulierte Dieselmotoren führten die Wolfsburger nun erste Gespräche über mögliche Strafzahlungen, wie zwei mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten.

Vertreter von VW hätten in der Hauptstadt Washington mit Beamten des Justizministeriums über eine Beilegung der strafrechtlichen Ermittlungen verhandelt. Das "Wall Street Journal" berichtete, dem deutschen Autobauer könne eine Strafe von mehr als 1,2 Mrd. Dollar (1,1 Mrd. Euro) aufgebrummt werden.

Verhandlungen über eine Strafe des Justizministeriums

Ermittler der US-Behörde hätten nach ihrer Auffassung Belege für Gesetzesverstöße des Unternehmens rund um die Manipulation von Abgaswerten gefunden. Ein VW-Sprecher sagte: "Wir sind weiterhin in Gesprächen mit dem Ziel, für verbleibende offene Fragen eine Lösung zu finden." Der Konzern setze sich dafür ein, das Vertrauen der Kunden und Händler sowie der Behörden und der amerikanischen Öffentlichkeit zurückzugewinnen.

Laut dem Zeitungsbericht ist es das Ziel, noch vor Ende des Jahres zu einer Einigung zu kommen. Ob das zu schaffen ist, ist aber wohl noch unklar. Die US-Ermittler prüfen dem Bericht zufolge noch, was genau sie vor Gericht vorbringen wollen - und ob es in einem möglichen Strafverfahren auch Anklagen gegen Einzelpersonen geben solle. Zudem stehe die Art eines möglichen Vergleichs noch zur Diskussion und ob VW sich dafür schuldig bekennen müsse.

Summe dürfte höher ausfallen als im Fall von Toyota

Die bisher höchste Vergleichszahlung eines Autobauers, die in den USA zur Abwehr eines Strafverfahrens gezahlt wurde, beglich Toyota mit 1,2 Mrd. Dollar wegen Sicherheitsproblemen mit klemmenden Gaspedalen und rutschenden Fußmatten.

Eine Zahlung von VW in der Dieselaffäre könnte nach Angaben der Zeitung noch höher ausfallen. Dass die US-Justiz auch strafrechtlich gegen VW ermittelt, war bekannt. Die von VW mit der Aufklärung des Dieselskandals beauftragte US-Kanzlei Jones Day liefert unter anderem Ergebnisse an das US-Justizministerium.

Ende Juni auf 15 Milliarden Dollar "Wiedergutmachung" geeinigt

Der VW-Konzern hatte Ende September 2015 nach Vorwürfen des US-Umweltamtes EPA zugegeben, in großem Stil bei Abgastests getrickst zu haben. Weltweit sind rund elf Millionen Wagen betroffen, fast 600.000 in den USA.

Der Ende Juni mit den US-Behörden erzielte Kompromiss über den Rückkauf oder die Reparatur von 475.000 Dieselautos mit 2,0-Liter-Motoren sowie Investitionen in Umweltfonds deckt den zivilrechtlichen Teil des Streits ab. Es ist mit bis zu 15,3 Mrd. Dollar bereits die höchste je von einem Autobauer in den USA geleistete Wiedergutmachung. Gemessen daran gehen Experten davon aus, dass auch die Beilegung der strafrechtlichen Ermittlungen für VW teuer werden dürfte.

Analysten halten es für wahrscheinlich, dass Volkswagen für seine Manipulation der Abgaswerte von Dieselmotoren in den USA eine Rekordstrafe leisten muss. "Es ist zu erwarten, dass sie über dem liegt, was Toyota bezahlen musste", sagte Frank Schwope von der NordLB. Branchenexperte Arndt Ellinghorst von Evercore ISI geht von einer Strafe für VW zwischen 1 und 3 Mrd. Euro aus.

Vereinbarung auch ohne Schuldeingeständnis möglich

Eine Beilegung der strafrechtlichen Ermittlungen könnte nach Reuters-Informationen im Wege einer nach US-Recht möglichen Konsensvereinbarung ohne Schuldeingeständnis erreicht werden. Ein solcher Kompromiss könne neben einer empfindlichen Strafe auch eine Überwachung des Konzerns durch einen unabhängigen Gutachter beinhalten. Das US-Justizministerium lehnte einen Kommentar ab.

VW legt noch mehr Geld zurück - knapp 18 Milliarden Euro

Volkswagen hatte seine Rückstellungen wegen weiterer rechtlicher Risiken im Zusammenhang mit dem Abgasskandal jüngst um 1,6 Mrd. auf 17,8 Mrd. Euro aufgestockt. Davon wird ein großer Teil von dem Vergleich mit Behörden und hunderten Privatklägern in den USA verschlungen, für den das Bezirksgericht in San Francisco jüngst vorläufig grünes Licht gegeben hat. (APA/Reuters/dpa/red)