Airbag-Debakel : Verhältnis zu Takata "wie bei einer schlechten Ehe"

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Fumihiko Ike brachte es auf den Punkt: "Die riesige Zahl verursacht bei mir ein starkes Gefühl der Krise." 33,8 Millionen Autos und Trucks müssen allein in den USA wegen defekter Airbags des japanischen Zulieferers Takata in die Werkstätten, die größte Rückrufaktion der US-Geschichte. Kein Wunder, dass beim Vorsitzenden des japanischen Automobilverbandes JAMA dabei Krisenstimmung aufkommt. Zumal Ike zugleich auch Chef des Autobauers Honda Motor ist, der in ganz besonderem Maße von dem Airbag-Debakel um Takata betroffen ist. Ike steht mit seinen Sorgen nicht allein, auch andere Autobauer sind betroffen, darunter der deutsche Konkurrent BMW.

Weltweit jeder 5. Airbag von Takata

Doch statt sich schnell von Takata zu trennen, um das eigene Image zu schützen, stehen die Autokonzerne vorerst hinter ihrem in Verruf geratenen Zulieferer. Wenn auch mit knirschenden Zähnen. Ein Grund dafür ist, dass Honda und Co schlichtweg angewiesen sind auf Takatas Airbags. Schließlich produziert der Konzern, der auch mehrere Werke in Deutschland unterhält, weltweit jeden fünften Airbag. Die Rivalen scharren zwar schon mit den Hufen, so schnell werden die Autobauer Takatas Airbags aber nicht ersetzen können.

Experten beschreiben das Verhältnis wie bei einer schlechten Ehe: Man ist nicht sonderlich glücklich miteinander, aber zur Trennung nicht in der Lage. Im Falle Takata zumindest noch nicht. "Die Zukunft von Takata als Unternehmen ist ungewiss", erklärt Martin Schulz, Ökonom beim Fujitsu Research Institute in Tokio. "Alleine kann ein Unternehmen einen solchen Rückruf von globalem Ausmaß nicht stemmen." Die Zukunft des Konzerns hänge davon ab, welche Entscheidungen und welche Strategien die Partner wie Honda von nun an treffen werden.

Angst vor Gerichtsverfahren

Die Autokonzerne können Takata laut Experten auch schon deswegen nicht einfach fallen lassen wie eine heiße Kartoffel, da sonst unter anderem Gerichtsverfahren drohen könnten. Dabei könnten für die Autobauer unangenehme Fragen über deren eigene Verantwortung etwa bezüglich des Drucks zu Kostensenkungen aufgeworfen werden. Als Folge einer jahrelangen Konsolidierung der Zulieferer durch die großen Autokonzerne gibt es inzwischen nur noch gerade mal eine Handvoll Anbieter. Takata und drei Rivalen machen rund 80 Prozent des globalen Markts für Airbag-Gasgeneratoren unter sich aus.

Und so steht man vorerst weiter hinter Takata. Das Unternehmen versprach nun weitere Maßnahmen zur Krisenbewältigung. So soll bei den Airbags auf die Verwendung von Ammoniumnitrat verzichtet werden. Die Chemikalie wurde in Millionen Autos bei Airbag-Gasgeneratoren als Treibstoff ersetzt und steht im Verdacht, ein Grund für Sicherheitsrisiken zu sein. Ob hier aber die Ursache für die Explosionen liegt, bei der Teile der Metallverkleidung gesprengt wurden - wobei mindestens sechs Menschen getötet und Dutzende verletzt worden -, ist weiter unklar.

Image von Japans Industrie steht auf dem Spiel

Solange die Ursache des Defekts nicht gefunden sei, werde auch nicht die Frage der Kostenaufteilung zwischen Takata und den Autobauern entschieden, sagte JAMA-Chef Ike - und deutete an, dass noch Jahre vergehen können, bis die ganze Sache aus der Welt geschaffen ist. Ob Takata am Ende überleben wird, ist dabei nicht einmal die wichtigste Frage. Ikes Worte des Krisenbewusstseins deuten an, dass es nicht mehr nur um Takata geht. Auf dem Spiel steht laut Experten letztlich das Image der gesamten Industrie Japans als drittgrößter Volkswirtschaft, deren Produktionsweise bewundert wie gefürchtet ist.

Denn Takata gehört nun zur Reihe japanischer Großkonzerne, die in den vergangenen Jahren weltweit für Negativschlagzeilen sorgten. Dazu zählt der milliardenschwere Bilanzskandal des Kameraherstellers Olympus genauso wie das Rückrufdebakel des Autoriesen Toyota wegen klemmender Gaspedale vor wenigen Jahren. "Der Fall Takata zeigt einmal mehr, wie wichtig es geworden ist, wie man damit international umgeht", meint Experte Schulz.

Das scheint inzwischen auch die Regierung erkannt zu haben. Neue Richtlinien zur Unternehmensführung sollen künftig für größere Transparenz und eine Öffnung der verkrusteten Unternehmenskultur sorgen. "Angesichts der rapiden Überalterung der Gesellschaft wird Japans Wirtschaft noch viel schneller als bisher auf ausländische Märkte expandieren müssen", so Schulz. Da kann man sich einen Fall wie Takata nicht mehr leisten. Und so könnte Takata letztlich sogar zum Katalysator einer Veränderung japanischer Unternehmenskultur werden. (apa/dpa)