Stahlindustrie : Thyssenkrupp - Belastung auf die Stahlbranche steigt

Der Preisdruck und die Überkapazitäten in der Stahlbranche machen ThyssenKrupp immer mehr zu schaffen. "Die Lage der europäischen Stahlindustrie ist in der Tat besorgniserregend", sagte Vorstandschef Heinrich Hiesinger auf der Hauptversammlung in Bochum.

"Der Start in das laufende Geschäftsjahr war geprägt von einem erheblich verschlechterten Werkstoffumfeld", fügte er hinzu. Für Belastungen sorgten auch Billigimporte aus China und die geplante Verschärfung der Klimaschutzauflagen in der EU. Unter solchen Rahmenbedingungen drohe der Branche in Europa das Aus. Die kritische Lage erhöhe den Konsolidierungsdruck.

Hiesinger bekräftigte die Ergebnisprognose für das Geschäftsjahr 2015/16 (per Ende September), fügte aber hinzu: "Die Erreichung unserer Ziele setzt allerdings eine deutliche Erholung der Werkstoffmärkte in der zweiten Jahreshälfte voraus."

ThyssenKrupp peilt im Gesamtjahr einen um Sondereffekte bereinigten operativen Gewinn von 1,6 bis 1,9 (Vorjahr: 1,67) Mrd. Euro an. Für das erste Quartal, über das der Konzern am 12. Februar berichten will, hatte das Unternehmen einen "leichten Rückgang" des im Vorjahreszeitraum erzielten operativen Gewinns von 317 Mio. Euro in Aussicht gestellt.

Umbau des gesamten Konzerns soll weitergehen

Die Stahlindustrie um die heimische Voestalpine sowie ihre in Europa tätigen Mitbewerber ArcelorMittal, Salzgitter oder den deutschen Branchenführer ThyssenKrupp, wehrt sich gegen die Billigimporte - doch wirklich Einfluss ausüben kann die Branche beim Druck auf den wirtschaftspolitischen Kurs der EU, und hier insbesondere auf den Bereich der Umweltschutzauflagen. So warnt die Stahlbranche seit Monaten vor einer Verschärfung der EU-Klimaschutzauflagen. Danach sollen die Verschmutzungsrechte, wie sie die Schwerindustrie mit ihrem hohen Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids benötigt, verteuert werden.

"Allein ThyssenKrupp hätte in der Zeit von 2021 bis 2030 eine Mehrbelastung von 1,9 bis 3 Mrd. Euro. Das ist eine Dimension, die wir schlichtweg nicht stemmen können", meint Hiesinger. ThyssenKrupp hatte im europäischen Stahlgeschäft seinen operativen Gewinn zwar zuletzt auf 492 Mio. Euro zwar mehr als verdoppelt. Dies war aber in erster Linie Einsparungen zu verdanken. So hatte die Belegschaft auf eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit auf 31 Stunden zugestimmt.

Hiesinger machte sich erneut für die Weiterentwicklung aller Geschäfte des weitverzweigten Konzerns stark, der neben Stahl auch Maschinen, Aufzüge, Autoteile oder U-Boote verkauft. Jede Sparte müsse konkrete Ziele erreichen. "Einige können jedoch schneller oder besser erreicht werden, wenn wir die Synergien und Wettbewerbsvorteile von ThyssenKrupp als integriertem Unternehmen nutzen."

Die Fondsgesellschaft Union Investment hatte Hiesinger aufgefordert, für mehr Geld durch den Verkauf weiterer Geschäfte in den Kassen zu sorgen. Sie hatte sich wie der Finanzinvestor Cevian angesichts der angespannten Finanzlage auch gegen die geplante Zahlung einer Dividende von 15 Cent je Aktie ausgesprochen. Diese würde den Konzern rund 85 Millionen Euro kosten. Cevian ist mit rund 15 Prozent der Anteile der zweitgrößte Aktionär des Konzerns nach der Krupp-Stiftung mit rund 23 Prozent.