Chinas Stahlindustrie : Das chinesische Nachfragewachstum nach Stahl ist Geschichte

"Das große Nachfragewachstum ist Geschichte", verkündete der chinesische Stahlverband Cisa kürzlich. Vor allem in der chinesischen Immobilienbranche verlangsamt sich das Wachstum, doch auch die Automobilbranche schwächelt. Nun flutet China die Weltmärkte mit im Inland produziertem Stahl. Karl-Ulrich Köhler, Europachef des Stahlkochers Tata Steel, erklärt das im Gespräch mit der Online-Plattform VDI-Nachrichten damit, dass das Land in den letzten Jahren einfach zu viele Kapazitäten aufgebaut habe. China hat allein etwa so viel Stahl produziert wie alle anderen Länder zusammen.

Laut Hans Jürgen Kerkhoff, dem Präsidenten der deutschen Wirtschaftsvereinigung Stahl, produziert die Volksrepublik jährlich rund 300 Millionen Tonnen mehr als sie benötigt. Das entspreche dem gesamten Jahresverbrauch Europas. Aus der Statistik der chinesischen Zollverwaltung geht hervor, dass das Land im ersten Halbjahr 2015 52,4 Millionen Tonnen Stahl exportierte, das sind 28 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Dies verschärft den Preisdruck in der weltweiten Stahlindustrie, da China auch noch die Landeswährung Yuan abgewertet hat. Eurofer warnte davor, dass Chinas Stahlhütten nun zu Preisen verkauften, die unter den Produktionspreisen lägen. Kostete dabei eine Tonne Rohstahl an der Londoner Metallbörse vor einem Jahr noch rund 400 Dollar, ist der Preis inzwischen auf 100 Dollar eingebrochen.

Hans-Jürgen Kerkhoff kritisiert, "dass bei einigen Produkten der europäische Markt durch unfaire, also gedumpte Importe geschädigt wird". Dumping liege dann vor, wenn der Exportpreis in die EU niedriger ist als der Preis der Ware in China. Bei einzelnen Produkten wie rostfreien Feinblechen habe diese Spanne 35 Prozent betragen.