VW-Skandal : "Was zur Hölle haben Sie sich gedacht?"

Das sagte der Manager unter Eid vor Abgeordneten des US-Kongresses in Washington aus. Im Frühjahr, als er von den abweichenden Tests erfahren habe, habe er aber keinen Grund zu der Annahme gehabt, dass eine solche Betrugssoftware eingesetzt worden sei. Als durch eine Studie im Frühjahr 2014 bekanntgeworden sei, dass VW-Autos auf der Straße mehr Abgase ausstoßen als bei Tests auf dem Prüfstand, hätten ihm Experten im Konzern zugesagt, den Vorfall zu überprüfen. "Ich hatte keine Kenntnis davon, dass es einen Defeat Device in unseren Autos gab", so Horn.

Erst kurz vor einem Treffen mit Vertretern der US-Umweltbehörde EPA am 3. September sei er über die Installation der "Defeat Device" genannten Software zum Austricksen der Emissionstests informiert worden. Zuvor hatte Horn in einer vorab verbreiteten Stellungnahme erklärt, bereits im Frühling 2014 von möglichen Verstößen gegen US-Emissionsregeln erfahren zu haben. Ihm sei auch mitgeteilt worden, dass die EPA Strafen verhängen könnte.

"Was zur Hölle haben Sie sich gedacht?"

Der Einbau der Betrugs-Software sei auch keine Unternehmensentscheidung gewesen: "Es hat kein Vorstandstreffen gegeben, auf dem das beschlossen wurde." Die Kongressabgeordneten blieben skeptisch. Er könne die Darstellung, es handele sich um "das Werk einiger verbrecherischer Ingenieure" nicht akzeptieren, sagte der Republikaner Chris Collins. "Das ist nicht an einem Tag passiert." Andere Politiker äußerten sich noch deutlicher. "Was zur Hölle haben Sie sich gedacht - wie können Sie nachts schlafen?", fragte der Demokrat Peter Welch.

Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Konzernkreisen erfuhr, habe Horn damals den inzwischen beurlaubten VW-Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer über mögliche Verstöße unterrichtet. Die Anwältin Neußers wollte dazu auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben. Neußer war neben anderen Managern im Zuge des VW-Abgasskandals beurlaubt worden. Mitte September war bekannt geworden, dass Volkswagen mit einer Software Abgaswerte bei Testverfahren manipuliert. "Volkswagen hat eine ganze Nation betrogen", sagte der demokratische Abgeordnete Fred Upton bei der Anhörung in Washington. Neben der Frage nach der Verantwortung in der Affäre wollten die US-Politiker vor allem wissen, wie VW die Probleme bewältigen wolle.

Neue Details

US-Chef Horn konnte zum Unmut der Abgeordneten hier zunächst wenig Konkretes antworten: "Die Untersuchungen dauern an - ich kann noch keinen konkreten Zeitplan anbieten." Er sprach von "extrem beunruhigenden Ereignissen", er habe nie gedacht, dass dergleichen bei VW möglich sei und entschuldigte sich im Namen von VW vor dem Kongress. Erst vor zwei Tagen hatte VW angekündigt, dass der Rückruf der etwa 480.000 vom Skandal betroffenen Diesel-Autos in den USA erst im Jänner beginnen werde. Horn erklärte nun, er gehe davon aus, dass es mehrere Jahre dauern werde, bis die Probleme behoben seien.

Unterdessen kommen jeden Tag neue Details ans Licht: VW räumte ein, die Steuerung zahlreicher Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 könne nicht nur den amerikanischen Abgastest erkennen, sondern auch den europäischen Prüfzyklus NEFZ. Dies berichteten NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung". Ein Unternehmenssprecher in Wolfsburg sagte dazu, ob und wie weit die Software tatsächlich unerlaubt eingreife, sei derzeit noch Gegenstand von internen und externen Prüfungen. "Auch ist rechtlich noch unklar, ob es sich überhaupt um eine verbotene Abschalteinrichtung im Sinne der europäischen Normen handelt." Bisher hatte VW mitgeteilt, bei der Mehrheit der betroffenen elf Millionen Fahrzeuge weltweit sei die Software zwar installiert, aber nicht eingeschaltet gewesen.

Das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) prüft derweil einen von VW vorgelegten Zeit- und Maßnahmenplan. Wie das KBA mitteilte, geht es um die Frage, inwieweit die von VW vorgeschlagenen Maßnahmen geeignet sind, um einen "regel- und zulassungskonformen Zustand" der betreffenden Fahrzeuge herzustellen. VW plant für die betroffenen Fahrzeuge je nach Motorvariante unterschiedliche Lösungen und will vor dem Rückruf von Millionen Autos zunächst "intensive Qualitätstests" vornehmen, wie es in Konzernkreisen hieß. Die Rückrufe sollen im Januar beginnen und Ende 2016 beendet sein. (apa/afp/dpa)

Fotostrecke: Das sind die betroffenen Autos