Maschinenbau : Siemens Österreich im Rennen um Großauftrag in Wien

Siemens-Österreich-Chef Wolfgang Hesoun will in die Warnrufe um die Standortqualität in Österreich nicht einstimmen. "Die Stimmung in der Realwirtschaft ist schlechter als die Realität", meinte er im Klub der Wirtschaftspublizisten. "Den Unternehmen geht's nicht so schlecht, wie die verbreitete Meinung den Anschein wecken könnte."

Wolfgang Hesoun gegen ewige Schwarzmalerei in der Öffentlichkeit

Die Exportquote sei auf Rekordniveau, und die Tarifreform werde wohl den privaten Konsum beleben. Dass Österreich zuletzt bei mehreren Wirtschafts-Rankings abgefallen sei, müsse man sich genauer anschauen, so der Präsident der Industriellenvereinigung Wien (IV-Wien): Etwa ob bei diesen Rankings auch wichtige Themen wie Arbeitnehmerschutz, Demokratie und Mitbestimmung überhaupt berücksichtigt werden.

Der Abstand von Österreich zu Deutschland im BIP-Wachstum ist laut Hesoun zum Teil darauf zurückzuführen, dass Deutschland weitaus mehr in den boomenden Dollar-Raum exportiere, Österreich aber mehr in andere europäischen Länder. Außerdem führten die höheren Lohnabschlüsse bei den deutschen Nachbarn der letzten Zeit zu deutlich mehr privater Nachfrage.

Bei Siemens Österreich, das auch für 19 Länder in Mittel- und Osteuropa zuständig ist, spüre man die Zurückhaltung der öffentlichen Haushalte bei den Infrastrukturausgaben schon, räumte Hesoun ein. Hoffnung setzt er in den Juncker-Fonds, wo heuer die ersten Projekte anlaufen sollen. Gut laufe etwa der Bereich der Digitalisierung, weil die österreichischen Unternehmen massiv für "Industrie 4.0" aufrüsten.

Auftragsvolumen bis zu 400 Mio. Euro

Die Beschäftigung in Österreich entwickle sich derzeit "seitwärts", meinte Hesoun. "Wir wachsen und schrumpfen mit dem Markt". Derzeit arbeiten rund 10.200 Menschen in Österreich bei Siemens. Im Vorjahr habe Siemens in Österreich ein "ordentliches Ergebnis" erzielt, auch heuer laufe es "eigentlich recht gut", zeigt sich Hesoun optimistisch: "Wir haben uns in einem schwierigem Umfeld sehr gut entwickelt, wir sind nicht weggebrochen." Das einzig aussagekräftige Siemens-Ergebnis seien die Zahlen des ganzen Konzerns, da nur in Deutschland konsolidiert werde.

Siemens rittert gerade um einen neuen öffentlichen Großauftrag, nämlich den U-Bahn-Auftrag der Wiener Linien. Laut der Ausschreibung sollen bis zu 45 Züge geliefert werden. Das Auftragsvolumen schätzt Hesoun auf 350 bis 400 Mio. Euro. Die neuen Züge sollen sowohl ohne als auch mit Fahrer einsetzbar sein. Zuletzt hatte der Rivale Bombardier die Ausschreibung für die nächste Niederflurstraßenbahn-Generation der Wiener Linien gewonnen.

Ausschreibung läuft seit Sommer 2015

Derzeit besteht die Wiener U-Bahn - mit Ausnahme der U6 - aus den "Silberpfeilen" bzw. neueren durchgängigen V-Modellen von Siemens. Nur auf den früheren Stadtbahngleisen der U6 fahren Waggons von Bombardier. Die Wiener Linien planen nun eine neue Linie U5 und wollen das Wagenmaterial generell erneuern und erweitern. Für Hesoun der richtige Weg, denn der U-Bahn-Verkehr sei für die Bundeshauptstadt "nachhaltiger Verkehr". Immerhin wachse Wien einmal in zehn Jahren um die Einwohner der Stadt Graz. "Man kann nie genug U-Bahnen haben", meint der Siemens-Österreich-Chef.

Die Ausschreibung der Wiener Linien für bis zu 45 U-Bahn-Züge läuft nach Angaben eines Sprechers seit Sommer 2015, bis Jahresende 2016 bzw. bis Jahresanfang 2017 werde eine Entscheidung erwartet. Die neuen Züge sollen sowohl automatisch als auch mit Fahrer betrieben werden können. Die fahrerlosen Züge - einen Novität in Wien - sollen auf der neuen U5 eingesetzt werden, die Fahrzeuge sollen aber auch ausrangierte Fahrzeuge auf den anderen Linien ersetzen bzw. bei der Erweiterung des Netzes eingesetzt werden.

Auf einen ruinösen Preiswettbewerb um die U-Bahn-Züge will sich der Siemens-Konzern aber nicht einlassen, denn damit zerstöre man sich auch in Zukunft den Markt. Stattdessen will man mit Qualität punkten. Das Siemens-Werk für Nahverkehr in Simmering sei derzeit ganz gut ausgelastet, sagte Hesoun, trotz des nicht errungenen Wiener Straßenbahnauftrags. "Die Auslastung entspricht der momentanen Belegung". Dafür sorge auch ein 1,5 Mrd.-Euro-Auftrag aus Saudi-Arabien für die U-Bahn in Riad. (apa/red)