Wirtschaftsstandort : "Es geht ums Eingemachte", ist Pierer überzeugt

"Die Regierung müsste viel mehr machen für die Erhaltung des Wirtschaftsstandorts", betonte Karl Sevelda, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Bank International (RBI). Die von den Branchenvertretern kritisierten Rahmenbedingungen sind altbekannt. Thematisiert wurden bei der vom Fachblatt "Der Börsianer" organisierten Podiumsdiskussion mehrerer Unternehmenschefs in erster Reihe regulatorische Belastungen, fehlende Arbeitszeitflexibilität, hohe Lohnnebenkosten, die Nichtumsetzung der Bildungsreform und die "Verteufelung von Wertpapieren".

"Leben von der Vergangenheit"

"Wir leben von der Vergangenheit und bewegen uns auf einer schiefen Ebene", sagte Karl-Heinz Strauss, CEO des Baukonzerns Porr. Wieso es neun verschiedener Bauordnungen bedürfe, sei nicht nachvollziehbar und verursache unnötigen Aufwand. Auch Strauss übte Kritik an den derzeitigen Arbeitszeitregelungen, die mit der Arbeitsrealität nur schwer zu vereinbaren seien. So habe sein Unternehmen eben erst eine Verwaltungsstrafe zahlen müssen, weil Arbeiter Betonierarbeiten, die nicht aufzuschieben gewesen wären, zu Ende geführt haben.

Es gebe "unsinnige Bürokratie mit keinerlei Kosten-Nutzen-Rechnung", sagte Sevelda. Bernhard Ramsauer, Vorstandsvorsitzender der Semper Constantia Privatbank, kritisierte, Banken würden vor Gesetzesbeschlüssen nicht hinreichend informiert bzw. konsultiert, was zu "absolut sinnlosen" Beschlüssen wie der KESt für EU-Ausländer führe.

Lernen, Misserfolge zu akzeptieren

Ändere man nichts, würden Betriebe und Arbeitskräfte auswandern, waren alle Diskussionsteilnehmer überzeugt. Dabei gebe es einige Maßnahmen, die nichts kosten und rasch helfen würden, sagten die Wirtschaftsvertreter mit Hinweis auf die Flexibilisierung der Arbeitszeiten und den Bürokratieabbau. Um ein wirtschaftsfreundliches Klima zu schaffen, bedürfe es aber vieler Komponenten, sagte Sevelda und verwies auf die mangelhafte Einbettung wirtschaftlicher Inhalte in den Lehrplänen. Man müsse hierzulande auch lernen, Misserfolge zu akzeptieren und dem Thema Risiko nicht nur mit Angst zu begegnen. Nicht alle Risiken ließen sich regulatorisch einfangen.

"Viele gute Konzepte liegen auf dem Tisch", sagte Porr-Chef Strauss. Auch der Industrielle und Investor Norbert Zimmermann berichtete, zusammen mit anderen Unternehmern ein Papier mit Verbesserungsvorschlägen für das Wirtschaftsministerium ausgearbeitet zu haben: "Da steht alles drinnen." Bezüglich der Umsetzung zeigte er sich aber skeptisch: "Ich nehme an, es wird wieder in der Bibliothek landen." Auch Stefan Pierer sieht eher schwarz: "Solange das Diktat der leeren Kassen nicht da ist, wird sich nichts ändern."