Interview : Christian Knill: "Mit TTIP wären Strafzölle heute wohl kein Thema"

In den USA steigt der Druck auf US-Präsident Trump angesichts geplanter Verhängung von Zöllen gegen China und Europa. In einem Brief warnen sich 45 amerikanische Wirtschaftsverbände vor der Vernichtung von Arbeitsplätze in den USA und einem dramatischen der Preise von Konsumgütern, wie die Nachrichtenagentur Reuters heute meldet.Die Umsetzung der umstrittenen Schutzzölle auf Stahl- und Aluminium wird derweil vorangetrieben. Seit heute werden Anträge von US-Unternehmen auf Ausnahmen von den Aufschlägen angenommen. Erwartet würden etwa 4500 Anträge. Damit entsprechen die Vorschriften denen in einem Entwurf des Dokuments, in den die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag einsehen konnte. Die Schutzzölle selbst sollen ab dem kommenden Freitag erhoben werden. Europa hätte sich diesen Ärger jedoch ersparen können, meint Christian Knill, Chef der Knill Energie Gruppe und Obmann des Fachverbandes Metalltechnische Industrie, im Interview mit INDUSTRIEMAGAZIN.

Welche Auswirkungen erwarten Sie angesichts der Strafzölle auf die Branche?

Christian Knill: Die direkten Auswirkungen, das heißt in der Metalltechnischen Industrie von den Strafzöllen unmittelbar betroffene Produkte, erwarten wir als überschaubar. Es geht hier hauptsächlich um die Produktkategorie Rohre und Hohlprofile aus Eisen oder Stahl. Hier haben wir im Jahr 2017 Waren im Wert von rund 195 Millionen Euro in die USA exportiert, das sind rund sieben Prozent unserer Gesamtexporte in die USA. Gleichzeitig liefern unsere Unternehmen qualitativ sehr hochwertige Produkte, sodass die Frage ist, ob die USA überhaupt in der Lage sind, diese Produkte durch eigene zu substituieren – oder den Bedarf durch die von den Strafzöllen ausgenommenen NAFTA-Partner zu decken. Dem scheint, wie die ersten Reaktionen der US-Industrie gezeigt haben, eher nicht so zu sein.

Die größere Gefahr ist die Umleitung der Warenströme nach Europa und die Flutung mit Billigstahl, wobei es hier natürlich auch EU Zölle gibt. Vor allem aber, dass dies nur der Anfang einer politischen Strafzolloffensive gegen europäische Produkte ist – und das wäre verheerend.

Ist die aktuelle Situation ein Argument für Freihandelsabkommen? Wäre mit solchen eine derartige Entwicklung nicht möglich gewesen?

Knill: Mit einem Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU wäre das wohl nicht passiert, weil dann die Bedingungen für die Lieferungen in die USA grade neu festgelegt worden wären, das Thema Zölle war dort ja ein sehr prominentes Thema. Allerdings ist es, wenn man sich die aktuellen Entwicklungen und das Handeln der USA betrachtet, nicht völlig unvorstellbar, dass Trump auch ein solches Freihandelsabkommen kurzerhand für unfair erklärt und sich darüber hinweggesetzt hätte. Auch bei den aktuellen Strafzöllen stellt sich die Frage, in welcher Weise sie WTO konform sind – was Herrn Trump wenig beeindruckt.

Wie wichtig sind Freihandelsabkommen für Ihre Branche? Wie beurteilt man das Aus von TTIP und die Probleme rund um CETA?

Knill: Wie wir immer wieder betonen sind Freihandelsabkommen für die Metalltechnische Industrie essentiell. Gerade im Bereich TTIP und CETA haben wir sehr für den Abschluss fairer Abkommen gekämpft und bedauern, dass diese Chance in Hinblick auf TTIP vertan worden ist. Zumal dies kaum von Vernunft getragen war, sondern von überzogenen Emotionen und gesteuert von Fundamentalgegnern, die Freihandel als Instrument der Ausbeutung sehen. Irgendwie eine merk- würdige und erstaunliche Allianz mit Trump. Das Handelsabkommen mit Kanada CETA wird seit 21.9.2017 vorläufig angewendet, die Ratifizierung in Österreich wird entsprechend dem Regierungsprogramm vorbereitet, was wir begrüßen.

Wie sollte die EU Ihrer Meinung nach auf die Drohungen aus den USA reagieren? Ebenfalls mit Strafzöllen? Was würden Sie sich als Branchenvertreter wünschen?

Knill: Die Reaktion sollte vor allem besonnen aber konsequent sein und die sogenannte Retaliation, ein Begriff, den die Amerikaner gut kennen, sollte sehr zurückhaltend ausfallen, insbesondere wenn es möglich ist, die Strafzölle weitgehend weiterzugeben. Die aktuell von der EU angedachten Konsequenzen halten wir aber für eine gut gewählte Option. Man darf dabei aber nicht vergessen: Trump geht es nicht um Fairness und den Schutz seiner Industrie – die von den Strafzöllen teilweise gar nicht geschützt sondern gefährdet wird - sondern um Wählerstimmen. Ein großes (Handels-)Kriegsgeschrei würde ihm nur in die Hände spielen um seinen Wählern zu beweisen: We are the greatest. Und dann wäre das Ende ein Handelskrieg, der nur Verlierer kennt.