Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz : Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz: Geh Oida!

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© Midjourney

Die Diskriminierung älterer Menschen bei der Arbeitssuche wird u.a. dadurch manifest, als Bewerber aufgerufen zu werden, Teil eines „jungen und dynamischen Teams“ zu werden. Prinzipiell ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn ältere Arbeitnehmer mit jüngeren zusammenarbeiten, jedoch ist die häufige Zuordnung von „jung“ mit „dynamisch“ und „flexibel“ etc. durchaus etwas Diskriminierendes.

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Enthüllende Erkenntnisse aus einem schwedischen Feldexperiment

Dafür gibt es auch ausreichende wissenschaftliche Belege, die das Bild unserer angeblich so diversen und ach so woken Arbeitswelt ins Wanken bringen. Die schwedischen Ökonomen Magnus Carlsson und Stefan Eriksson stellten 2019 die Ergebnisse eines vielsagenden Feldexperiments vor, bei dem über 6.000 fiktive Lebensläufe mit zufällig zugewiesenen Altersangaben (35-70 Jahre) an schwedische Arbeitgeber mit freien Stellen in Berufen mit geringer und mittlerer Qualifikation geschickt wurden.

Die Studienautoren stellten bei der Auswertung fest, dass die Rückrufquote bei Arbeitnehmern Anfang 40 erheblich zu sinken begann und bei Arbeitnehmern kurz vor dem Rentenalter sehr niedrig wurde. Der Rückgang der Rückrufquote mit zunehmendem Alter ist bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern. Stereotypen der Arbeitgeber über die Fähigkeit, neue Aufgaben zu erlernen, Flexibilität und Ehrgeiz scheinen laut dieser Studie eine wichtige Erklärung für Altersdiskriminierung zu sein.

Traurige Gewissheit

Kein Wunder also, dass viele ältere Bewerber nicht mehr sonderlich überrascht sind, wenn sie trotz längerer Erfahrung und einer Vielzahl an Referenzen nicht einmal zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen werden. Häufig handelt es sich dabei auch um ältere Menschen, die nicht arbeitslos sind, sondern einen besseren Job suchen. Für sie entsteht die Gewissheit, dass sich weiterer Einsatz gar nicht mehr lohnt und es wohl besser ist, die restliche Zeit vor der Pension lieber abzusitzen oder – sofern sie bei einer internen Ausschreibung nicht berücksichtigt wurden – die nächstbeste Gelegenheit abzuwarten, um in ein anderes Unternehmen zu wechseln.

Denn permanent zu hören, dass man zwar eine gute Ausbildung und großartige Berufserfahrungen hätte, aber man auf diese Stelle nicht so ideal passt oder gar überqualifiziert sei, ist demotivierend. Wertvolles Potenzial für die Wirtschaft geht dadurch verloren – auch durch den Glauben, dass ältere Arbeitnehmer zu teuer wären. Tatsächlich bringen diese aber bereits viel mit, wofür andere noch eingeschult werden müssen, und sie haben eine sicherere Intuition.

Michael Page Nachhaltigkeitsumfrage: durchgeführt zwischen Mai und Juni 2022 unter 4.755 Arbeitnehmern und Arbeitssuchenden in Europa.

- © Michael Page

Eine Frage der Perspektive

Das Phänomen der Altersdiskriminierung im Berufsleben betrifft aber nicht nur die Arbeitsplatzsuche, sondern auch den Arbeitsplatz selbst. Vor allem in technischen Belangen gibt es eine „latente Diskriminierung“, so Jessica Kriegel, leitende Wissenschaftlerin zum Thema Arbeitsplatzkultur bei Culture Partners. Den älteren Mitarbeitern wird beispielsweise immer wieder unterstellt, dass sie die neuen Arbeitsweisen und Technologien nicht verstehen würden. Selbst wenn diese sich nicht von ChatGPT oder anderen neuen Anwendungen abschrecken lassen, werden sie von den jüngeren Kollegen durch eine altersdiskriminierende Brille betrachtet, so als ob die älteren Kollegen hinter dem Mond leben würden. Und sie werden bei digitalen Themen mitunter gar nicht mehr zu Fortbildungen entsendet. Ironischerweise gibt es diese Techno-Stereotype gerade vor dem Hintergrund, dass die erste bemannte Raumsonde vor mehr als 50 Jahren auf dem Mond landete, es aber heute offenbar nicht mehr möglich ist, überhaupt ein Objekt unbeschadet auf dem Mond aufsetzen zu lassen.

Altersdiskriminierung erfolgt dabei ähnlich wie Geschlechterdiskriminierung über Formen der Projektion. Zum einen gibt es das, was ein Mensch in einem gewissen Alter tatsächlich vermag, zum anderen das, was er sich zutraut. Und schließlich existiert das, was von außen, von den jüngeren Kollegen auf den älteren Menschen übertragen wird, bzw. das, was man ihm zutraut und daher zugesteht. Und oft weichen diese drei Perspektiven weit voneinander ab.

Arschkarte für Generation X

Am schwersten von Altersdiskriminierung wird wohl die Generation X betroffen sein. Diese Menschen verbrachten ihre ersten beiden Lebensjahrzehnte in einer weitgehend noch analogen Welt. Nach ihrem Schulabschluss begannen sie, sich an den Technologietrend anzupassen. Für einige Arbeitgeber sind sie daher "Digital Immigrants". Die Technologiebranche ist jedoch mehr an den "Digital Natives" interessiert, die in den 90er-Jahren und später geboren wurden, weil diese Generationen die Digitalisierung schon immer als Teil ihres Lebens wahrnahmen. Jene, die sich über lange Zeit hinweg als anpassungsfähig erwiesen haben, sind also weniger attraktiv für den Arbeitsmarkt als jene, denen etwas quasi bereits in die Wiege gelegt wurde.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Generation X als eine Art „Sandwich-Generation“ einerseits den Boomern folgt – die immer weniger bereit sind, in den Ruhestand zu gehen – und andererseits vor den Millennials und der Generation Z angesiedelt ist, die glauben, dass ihre Zeit gekommen wäre, die Führung zu übernehmen. Wieder einmal ist die Generation X das vergessene mittlere Kind, obwohl gerade sie in der Lage ist, die Grenze zwischen den Generationen zu überbrücken.

Initiative zur Gleichbehandlung

Der unabhängige Pensionistenverband Österreichs proklamiert das Jahr 2024 als das „Jahr der Beseitigung von Altersdiskriminierung".

„Zu alt, zu teuer, ein Risikofaktor – all diese abschätzigen Vorurteile sind schon längst schwarz auf weiß widerlegt. Und dennoch halten sie sich noch immer hartnäckig in den Köpfen von Wirtschaft, Teilen der Politik, von Arbeitgebern, Banken, Versicherungen und leider noch einigen mehr“, so Peter Kostelka, der Präsident des unabhängigen Pensionistenverbandes Österreichs.

Insofern besteht in vielen Bereichen nach wie vor die Realität der Benachteiligung älterer Menschen – sei es im Bereich von Versicherungen, auf dem Arbeitsmarkt oder durch jährliche Angriffe auf Pensionäre von bestimmten politischen Gruppen, insbesondere im Kontext von Pensionsanpassungen. Der Pensionistenverband Österreichs wird die Initiative zu einem Runden Tisch gegen Altersdiskriminierung ergreifen, dem weitere Aktionen folgen werden. Das erklärte Ziel ist es, das Verbot von Altersdiskriminierung in der Verfassung zu verankern und sicherzustellen, dass es aktiv umgesetzt und bei Bedarf auch sanktioniert wird.