Koralmbahn Fertigstellung : Starke Süd-Achse

Christopher Drexler, Landeshauptmann Steiermark

Die Koralmbahn verbindet nicht nur Gleise, sondern schafft eine nachhaltige Partnerschaft zwischen Steiermark und Kärnten – für gemeinsames Wachstum und eine grüne Zukunft im Süden Österreichs.

- © Jesse Streibl

Kärnten und die Steiermark wachsen mit der Koralmbahn wirtschaftlich zusammen. Es gibt aber auch Unsicherheiten. Vertreter aus der Wirtschaft fordern daher eine gemeinsame „Standortstrategie“. Wo sehen Sie beide zentralen Abstimmungsbedarf in den nächsten Jahren?

LH Christopher Drexler: Mit der Koralmbahn ist ein Jahrhundertprojekt auf der Zielgeraden. Sie wird eine der wichtigsten Verkehrsachsen nicht nur für die Steiermark und Kärnten, sondern für ganz Österreich sein. Eine Studie hat gezeigt, dass hier der zweitgrößte Ballungsraum Österreichs entstehen kann, der viele Chancen für eine starke wirtschaftliche Entwicklung des Südens bietet. Unsere steirisch-kärntnerische Achse wird noch stärker – das schafft Wachstum, Arbeit und eine noch bessere Lebensqualität. Denn es geht nicht um gegenseitiges Abwerben, sondern um gemeinsames Wachstum auf beiden Seiten der Koralm.

Unsere steirisch-kärntnerische Achse wird noch stärker – das schafft Wachstum, Arbeit und eine noch bessere Lebensqualität.
LH Christopher Drexler

LH Peter Kaiser: Diese strategische Infrastruktur wird zu einer Verstärkung des gesamten Wirtschaftsraumes Kärnten-Steiermark führen – gemeinsam bilden wir den „Stern des Südens“. Die Sichtbarkeit dieses Wirtschaftsraumes mit 1,1 Millionen Einwohner*innen und einem Arbeitskräftepotential von 500.000 Menschen wird zu neuen Betriebsansiedlungen sowohl in Kärnten als auch in der Steiermark führen. Und die damit verbundene Mobilität der Arbeitnehmer*innen wird jedenfalls in beide Richtungen steigen – immerhin beträgt die Fahrzeit zwischen Klagenfurt und Graz dann nur mehr rund 42 Minuten, da fährt man beispielsweise in Wien vielfach länger mit der U-Bahn zur Arbeit. Ich sehe darin keine Konkurrenz, sondern eine Win-win-Situation für beide Bundesländer. Selbstverständlich werden wir uns sowohl auf politischer als auch auf wirtschaftlicher Ebene und im Rahmen unserer bestehenden Kooperationen aufeinander abstimmen. Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass wir regelmäßig gemeinsame Regierungssitzungen – auch, wie wir das in Kärnten als einziger europäischer Region handhaben, unter Beiziehung der Sozialpartner abhalten.

Peter Kaiser, Landeshauptmann von Kärnten.
Peter Kaiser, Landeshauptmann von Kärnten. - © SYMBOL

Kärnten und die Steiermark sind Standort zahlreicher Leitbetriebe und Schlüsselindustrie, die für die Energie- und Mobilitätswende von zentraler Bedeutung sind. Für den Ausbau der Produktion braucht es, Geld, Flächen und schnelle Behördenverfahren. Sollten sich die Länder stärker am Ausbau strategisch wichtiger Green-Tech Branchen beteiligen?

Kaiser: Beide Bundesländer sind im Just-Transition-Plan Österreichs als strategische Regionen angeführt. Für die Umsetzung der Energie- und Mobilitätswende soll auch der Just-Transition-Funds genutzt werden. Als Unterstützung der Energie- und Mobilitätswende sollen Fördermittel gezielt zu Transitionszwecken für betroffene Unternehmen und Arbeitnehmer eingesetzt werden. Für Kärnten stehen im JTF in der aktuellen Periode 25 Millionen Euro an EU-Mitteln zur Verfügung.

Ich sehe darin keine Konkurrenz, sondern eine Win-win-Situation für beide Bundesländer.
LH Peter Kaiser

Drexler: Eine solche Initiative setzen wir beispielsweise bereits mit dem „Green Tech Valley“. Hier arbeiten Politik, Unternehmen und Forschung Hand in Hand, um in den Bereichen Energie, Mobilität und Ressourcen den Ausbau noch mehr zu beschleunigen. Unternehmen wie KWB und Kioto konnten ihre Produktionsleistungen im letzten Jahr bereits verdoppelt und auch in der Forschung gelingen viele Fortschritte. So befinden sich bereits 15 der bundesweit 20 sogenannten COMET-Kompetenzzentren in der Steiermark. Diese befassen sich mit Themen wie Klimaschutz und Digitalisierung und betreiben Spitzenforschung für die Wirtschaft auf höchstem Niveau.

Bei der Energie- und Mobilitätswende droht uns zudem eine große Abhängigkeit bei seltenen Erden und kritischen Rohstoffen für Batterien, Fotovoltaikmodule, Windräder und Co. Wo sehen Sie hier die Landespolitik in der Pflicht, bei den „grünen“ Abhängigkeiten entgegenzuwirken?

Drexler: Auch hier liegt der Schlüssel zum Erfolg bei der Kombination von Spitzenforschung und enger Zusammenarbeit mit den Unternehmen. Einen Schwerpunkt legen wir auf die Kreislaufführung von Materialien wie Stahl, industriellen Abfällen oder bei Batterien, wo bereits rund ein Dutzend steirischer und Kärntner Unternehmen bei Recyclinglösungen miteinander kooperieren. Wir setzen uns auch auf europäischer Ebene ein, um der Abhängigkeit von Ländern wie China etwas entgegenzusetzen und neue europäische Lieferketten aufzubauen.

Christopher Drexler, Landeshauptmann Steiermark
Christopher Drexler, Landeshauptmann Steiermark - © Jesse Streibl

Kaiser: Das tun wir bereits massiv mit dem angesprochenen Green-Tech-Valley. 20 globale Technologieführer befinden sich am Standort, 2.300 Forschende arbeiten gemeinsam mit den Unternehmen an den Lösungen für die grüne Transformation. Zahlreiche COMET-Kompetenzzentren für Spitzenforschung sind hier angesiedelt. Mit der Beteiligung des Landes Kärnten (14 Prozent) am steirischen Green Tech Valley, dem Motor für die Entwicklung grüner Innovationen, gewinnt das einzigartige Ökosystem einmal mehr an Größe. Derzeit sind rund 24.500 Menschen in den beiden Bundesländern im Bereich Umwelttechnik beschäftigt.

Der Ausbau von erneuerbaren Energien, neuen Mobilitätsinfrastrukturen und zukunftsfitten Industrien verändert letztendlich auch unsere Landschaft. Bodenverbrauch ist ohnehin schon ein Thema und gegen Windräder und Pumpspeicher wehren sich immer wieder lokale Bevölkerungen. Wie kriegt man alles unter einen Hut, damit am Ende Lebensqualität und Natur auch noch ihren Platz haben?

Kaiser: Der fortschreitende Raumverbrauch und die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Umwelt, ist neben dem Bedarf an erneuerbaren Energien, das bestimmende Thema der Stunde. In Kärnten haben wir mit u.a. einem neuen Raumordnungsgesetz die Weichen für einen enkelverantwortlichen Umgang mit Grund und Boden gestellt. Was den Energiebedarf der Zukunft betrifft, so werden wir auch in Kärnten, wo wir bereits jetzt mit rund 58 Prozent Anteil erneuerbarer Energie österreich- und europaweit spitze sind, einen vernünftigen Energiemix aus Wasser, Sonne und Wind schaffen.

Darüber hinaus haben wir auch mit aktuellen Gesetzesnovellen zum Kärntner Energiegesetz (K-EG) und dem Kärntner Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz

K-ElWOG) entsprechende Reformschritte eingeleitet: Verfahrensvereinfachungen und Abbau bürokratischer Hürden, beispielsweise für den Erneuerbaren-Ausbau im Anlagen- wie Leitungsbereich.

Drexler: Wir dürfen aber nicht vergessen: es geht einerseits um Energieunabhängigkeit, aber andererseits natürlich auch ganz stark um den Klimaschutz. Wenn wir es nicht schaffen, den Klimawandel einzudämmen, sind wirklich dramatische Auswirkungen auf unsere Natur und die Lebensqualität zu befürchten. Den Beweis, dass beides vereinbar ist, liefert zum Beispiel ein neuer Fotovoltaikpark in der Weststeiermark in den Gemeinden Bärnbach und Rosental. Es handelt sich um den bisher größten Fotovoltaikpark Österreichs. Bis zu 5.700 Haushalte werden mit grüner Energie versorgt und gleichzeitig wurden keine wertvollen Flächen versiegelt, sondern es wurde eine brachliegende Halde in einem alten Bergbaugebiet für die Errichtung herangezogen.

Was mir auch wichtig ist zu betonen: In der Steiermark setzen wir hier auf Technologieoffenheit und die vier Säulen: Sonne, Wind, Wasser und Biomasse. Und in allen vier müssen wir den Ausbau entschlossen vorantreiben.