Klimaschutz und Wohlstand : Sind die Grünen eine Wirtschaftspartei?

Jakob Schwarz, Stv.Klubobmann der Grünen im österreichischen Nationalrat

Jakob Schwarz, Stv.Klubobmann der Grünen im Nationalrat

- © Karo Pernegger

Herr Schwarz, der Ausbau erneuerbarer Energien, Investitionen in nachhaltige Infrastruktur oder der grüne Umbau der Wirtschaft sind Projekte, die die Grünen in der Bundesregierung stark vorangetrieben haben. Kritiker bemängeln die hohen Kosten.

Jakob Schwarz:
Wenn man die vermeintlich hohen Kosten kritisiert, sollte man auch bedenken, dass Österreich 2023 noch Energie im Wert von mehr als 18 Milliarden Euro importieren musste. Die Vorgängerregierungen haben leider lieber Gas aus Russland gekauft, als in Österreich zu investieren. Seitdem wir in der Regierung sind, versuchen wir, diesen Rückstand aufzuholen. Das ist doppelt sinnvoll: Wir ersparen uns Energieimporte und schaffen Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Inland. Das erhöht langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft. 


Aber gerade die Industrie braucht Anreize und Unterstützung. Wie unterstützt die Bundesregierung die Unternehmen dabei?


Schwarz:
Zum einen gibt es bereits Anreize, denn CO2-Emissionen beeinflussen zunehmend auch Konsum- und Finanzierungsentscheidungen. Die Hersteller versuchen daher, ihre Emissionen zu senken. Dadurch steigt die Nachfrage nach grünem Stahl, Aluminium und anderen Rohstoffen. Hinzu kommt die zunehmende CO2-Bepreisung auf europäischer Ebene. Dennoch ist die Umstellung für einige Branchen zu teuer und zu riskant. Für den kompletten Umbau der Industrie braucht es deshalb auch Unterstützung. Hier haben wir bis 2030 fast drei Milliarden Euro für die Industrie gesichert. Damit werden große Industrieunternehmen bei der Umstellung auf klimaneutrale Produktion unterstützt. Die ersten Projekte sind bereits genehmigt.

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Wir sind die einzige Partei, die einen Plan hat, der langfristig zu einem wettbewerbsfähigen Standort und einem lebenswerten Klima führt.
Jakob Schwarz

Wie schärfen die Grünen derzeit ihr wirtschaftspolitisches Profil?

Schwarz:
Es ist klar, dass wir diese großen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft nur gemeinsam mit den Unternehmen und der Bevölkerung schaffen können. Klimaschutzministerin Gewessler ist natürlich im ständigen Austausch mit der Wirtschaft. Gezielte Hilfen für den Umbau stark betroffener Branchen können nur gemeinsam sinnvoll entwickelt werden. Auch ich habe vor allem in der Steiermark intensive Gespräche mit Industriebetrieben geführt. Die Unternehmen können sich davon überzeugen, dass wir es sowohl mit dem Industriestandort als auch mit der grünen Transformation ernst meinen und ich habe gesehen, dass viele Unternehmerinnen und Unternehmer bereit und motiviert sind, diese umzusetzen. Es ist eine Herausforderung, die aber zunehmend auch als Chance gesehen wird.

Trotzdem werden die Grünen nicht als Wirtschaftspartei wahrgenommen. Braucht Ihre Partei in Zukunft mehr Wirtschaftskompetenz und weniger Aktionismus?


Schwarz:
Ich glaube, dass die Grünen zunehmend als Partei mit Wirtschaftskompetenz wahrgenommen werden. Wir sind die einzige Partei, die einen Plan hat, der langfristig zu einem wettbewerbsfähigen Standort und einem lebenswerten Klima führt. Immer mehr Menschen erkennen, dass ein „Weiter so“ in der fossilen Abhängigkeit langfristig in den wirtschaftlichen Abstieg und in die Klimakatastrophe führt. Deshalb unterstützen immer mehr Wirtschaftsakteure unsere Ziele.

Die Herausforderung der Klimakatastrophe ist so groß, dass viele sie noch nicht ganz wahrhaben wollen, sondern hoffen, mit ein paar kleinen Änderungen über die Runden zu kommen. Nichts gegen Hoffnung, aber Naivität hilft der Wirtschaft am wenigsten. Um auch die letzten Augenverschließer wachzurütteln, wird es auch in Zukunft Aktivismus brauchen.