Industriellenvereinigung : Kari Ochsner: "Arbeitszeitverkürzung nicht machbar"

IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner

"Es muss sich lohnen zu arbeiten und mehr zu arbeiten, anstatt Teilzeit zu arbeiten"

- © Marius Hoefinger Fotografie

Herr Präsident, Sie sind seit nunmehr 100 Tagen an der Spitze der IV NÖ. Welches ist das vorrangige Ziel Ihrer Präsidentschaft?

Kari Ochsner:
Der Industriestandort Österreich hat an internationaler Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. International aufgestellte Betriebe verlagern Arbeitsplätze in andere Länder, Investitionen werden aufgeschoben oder gestoppt. In dieser schwierigen Phase möchte ich einen Beitrag leisten und aktiv mitwirken, den Standort wieder zu stärken und ihn als attraktiven Ort für Unternehmen zu positionieren. Dabei ist es auch notwendig, Reizthemen anzusprechen: etwa, dass eine Arbeitszeitverkürzung nicht machbar ist. Wir müssen uns am internationalen Markt behaupten, wo Volkswirtschaften wie Indien und China einen enormen Hunger nach Fortschritt, nach Lebensqualität haben - und auch wissen, dass sie dafür hart arbeiten müssen. Da kann es nicht sein, dass bei uns Debatten über weniger Arbeitszeit und höhere Steuern geführt werden.

Wie erklären Sie das jungen Menschen, für die Work-Life-Balance und Teilzeit von größerer Bedeutung sind?


Ochsner:
Wir müssen eine Leistungsdebatte führen, denn die wundersame Brotvermehrung gibt es nur in der Bibel. Jeder braucht seinen Ausgleich und seine Freizeit, aber es muss auch klar sein, dass weniger Arbeiten auch weniger Pension bedeutet. Es muss sich lohnen zu arbeiten und mehr zu arbeiten, anstatt Teilzeit zu arbeiten. Wir brauchen steuerfreie Überstunden und Entlastungen für ältere Arbeitnehmer, die zwei bis drei Jahre ab dem möglichen Pensionsantritt dranhängen wollen – freiwillig und ohne Zwang.

Das Unternehmertum wurde Ihnen in die Wiege gelegt, dennoch waren die Zeiten, als Sie den Betrieb von Ihrem Vater übernommen haben, nicht einfach…


Ochsner:
In einem mehr als 150 Jahre alten Industrie-Familienunternehmen ist es klar, dass es niemals nur bergauf gehen kann und dass es herausfordernde Zeiten gibt. Auch meine Übernahme des Unternehmens im Jahr 2008 war durch die damalige Finanzkrise zweifellos eine große Herausforderung - wenn auch nicht vergleichbar mit den Zeiten während des Ersten oder Zweiten Weltkriegs.

Auch im Moment befinden wir uns in einer herausfordernden Zeit für die gesamte Industrie. Das macht Unternehmertum aus. Wichtig ist, durch alle konjunkturellen Hochs und Tiefs mit Optimismus, dem notwendigen Fokus und Verantwortungsbewusstsein zu gehen.

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Ochsner Wärmepumpen ist ein internationaler Technologieführer mit einer Exportquote von 80 Prozent und produzierte bereits in den späten 1970er Jahren die ersten Wärmepumpen in Europa. Kann die heimische Industrie mit den technologischen Möglichkeiten führender Industrieländer mithalten?

Ochsner:
Österreich beherbergt eine Vielzahl von technologischen Spitzenleistungen sowohl auf Unternehmens- als auch auf wissenschaftlicher Ebene. Wir haben bereits jetzt eine starke Zulieferindustrie und exzellente Wissenschaftler, die in Bereichen wie Künstliche Intelligenz und Physik führend sind. Um diese Kompetenzen voll auszuschöpfen, braucht es eines klaren politischen Engagements und gezielter Maßnahmen zur Förderung von Wissenschaft und Technologie. Wir müssen noch mehr Forschung zu neuen Technologien nach Österreich holen.

Sie wurden im Haus der Digitalisierung zum Präsidenten gekürt. Was bedeutet das digitale Zeitalter für Sie persönlich?


Ochsner:
Als Vater von drei Kindern der Generation Z, die mit Smartphones aufwachsen, sehe ich, wie selbstverständlich der Zugang zu digitalen Medien für sie ist. Auch in meinem Privatleben schätze ich den Komfort, den das digitale Zeitalter bietet.

Nicht nur im Alltag, sondern auch unternehmerisch hat sich durch die Digitalisierung viel verändert. Betriebe konnten ihre Produktivität massiv erhöhen. Das ist gerade in einem Hochlohnland wie Österreich bzw. für Europa wichtig. Denn wir können nur konkurrenzfähig bleiben, indem wir unsere Prozesse und Abläufe maximal digitalisieren und automatisieren, um möglichst effizient zu arbeiten und zu produzieren.

Hat die heimische produzierende Industrie international noch eine Chance?


Ochsner:
In der Green-Tech-Industrie sind wir in Österreich führend. Unsere Expertise liegt vor allem in der Nutzung erneuerbarer Energien und in Umwelttechnologien - Bereiche, in denen die Nachfrage kontinuierlich steigt. Es ist daher auch wichtig, dass die Politik sich verstärkt für internationale Partnerschaften und Handelsabkommen einsetzt, die den Unternehmen den Zugang zu globalen Märkten erleichtert, um Produkte und Dienstleistungen weltweit zu vertreiben.

Die Lohnnebenkosten sind hierzulande hoch, die Energiekosten ebenfalls. Haben Sie schon einmal überlegt, den Standort in ein unternehmerfreundlicheres Land zu verlegen?

Ochsner:
Angesichts dieser aktuellen Herausforderungen gibt es derzeit in Österreich wohl kaum einen Industriellen, der nicht zumindest darüber nachdenkt, ob hier langfristig noch wettbewerbsfähig produziert werden kann. Auch wir prüfen alternative Standorte, wie beispielsweise in Polen, wo wir bereits präsent sind und eine mögliche Expansion erwägen. Mein Geschäftsführer hat kürzlich auch Standorte in Mexiko und Asien sondiert.

Dennoch halten wir am Standort Österreich fest, da wir als bekennende Österreicher einen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zum sozialen Wohlstand leisten wollen. Dies können wir jedoch nur so lange tun, wie wir international wettbewerbsfähig produzieren können, da wir bei Ochsner Wärmepumpen eine Exportquote von 80 Prozent haben. Falls diese Wettbewerbsfähigkeit verloren geht, sind wir gezwungen, Alternativen zu prüfen.

Das ist ein Umstand, der nicht nur uns betrifft, sondern die gesamte Industrie. Daher ist es uns so wichtig, dass die Politik sich der Bedeutung der Wettbewerbsfähigkeit Österreichs als Industriestaat bewusst ist.

In Deutschland wird bereits offen von einer Deindustrialisierung gesprochen, die in diesem Ausmaß für eine Industrienation bedrohlich ist. Kann uns Deutschland dabei mitziehen?


Ochsner:
Deutschland ist mit Abstand unser wichtigster Handelspartner. Etwa 3.000 österreichische Unternehmen sind am deutschen Markt aktiv, rund 9.000 deutsche Unternehmen unterhalten Niederlassungen in Österreich. Dies garantiert jeweils 120.000 Arbeitsplätze im Land. Vor diesem Hintergrund ist die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland für die heimische Industrie natürlich wesentlich. Um gegenzusteuern, braucht es die entsprechenden Rahmenbedingungen seitens der nationalen und europäischen Politik. Ein zentraler Aspekt dabei ist jegliche überbordenden regulatorischen Belastungen für unsere Unternehmen zu verringern. Denn uns eint ein gemeinsames Ziel, die Stärkung unseres Industriestandortes und unserer Wettbewerbsfähigkeit.