China will Eskalation vermeiden : Zölle auf E-Autos aus China ab heute in Kraft
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EU setzt Extrazölle auf E-Autos aus China einen Tag früher in Kraft. Nun werden Vergeltungsmaßnahmen Chinas befürchtet.
- © BYDAnfang Oktober hatte eine ausreichend große Mehrheit der EU-Staaten für die Strafzölle gestimmt. Deutschland votierte dagegen - aus Sorge vor einem neuen großen Handelskonflikt und möglichen Vergeltungsmaßnahmen gegen deutsche Hersteller. Aus Sicht der Europäischen Kommission sind die Ausgleichszölle notwendig, um langfristig die Zukunft der Autoindustrie in der EU zu sichern.
Aber auch der österreichische Autofahrerclub ÖAMTC sprach sich gegen die Extrazölle aus: "Letztendlich treffen die Zölle vor allem jene Menschen, die sich für die E-Mobilität entscheiden würden, wenn die Fahrzeuge günstiger wären", so Bernhard Wiesinger vom ÖAMTC. "Die aktuelle Diskussion schreckt viele potenzielle Käufer von E-Autos vermutlich zusätzlich ab." Gleichzeitig brauche es einen technologieoffenen Zugang, um die Klimaneutralität im Verkehr zu erreichen, ergänzt Wiesinger.
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Aus Sicht der Europäischen Kommission sind die Ausgleichszölle notwendig, um langfristig die Zukunft der Autoindustrie in der EU zu sichern. Sie kam bei einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass chinesische Hersteller von unfairen Subventionen profitieren, die ihnen einen erheblichen Vorteil auf dem europäischen Markt verschaffen. Demnach können chinesische Elektroautos normalerweise rund 20 Prozent günstiger angeboten werden als in der EU hergestellte Modelle. Bereits im Juli hatte die EU-Kommission deswegen vorläufige Ausgleichszölle eingeführt.
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Vergeltungsmaßnahmen Chinas befürchtet
Wie China auf die endgültige Einfuhr der Zölle reagieren wird, ist noch unklar. Die Regierung in Peking wirft der EU Protektionismus vor und drohte in der Vergangenheit insbesondere mit höheren Zöllen bei der Einfuhr von Verbrennern mit großem Hubraum aus der EU in die Volksrepublik. Davon wären besonders deutsche Autobauer betroffen.
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Als mögliche Vergeltungsmaßnahmen begann China zudem Zusatzabgaben auf den Import von Schweinefleisch und Milchprodukten zu prüfen. Eine Untersuchung gegen Branntwein führte bereits zu vorläufigen Maßnahmen. Verhandlungen über eine mögliche einvernehmliche Lösung des Handelsstreits blieben bis zuletzt erfolglos. Als eine Option wird gesehen, dass E-Auto-Händler Preisverpflichtungen eingehen und damit die Zölle abwenden können.
Für die deutsche Industrie ist der Handelsstreit ein großes Thema, weil China der größte Automarkt der Welt ist und Unternehmen um einen ihrer wichtigsten Absatzmärkte fürchten. Deutsche Firmen wie VW, Mercedes und BMW produzieren dort nicht nur Wagen speziell für den chinesischen Markt, sondern auch für den Export.
Peking will Eskalation vermeiden
China kritisiert die am Mittwoch in Kraft getretenen Zusatzzöllen der EU auf chinesische Elektroautos scharf. "China ist mit der Entscheidung nicht einverstanden und akzeptiert sie nicht", erklärte das Handelsministerium. Aber man habe mit Wohlwollen die Ankündigung der EU zur Kenntnis genommen, weiter über Preisverpflichtungen zu verhandeln - und hoffe, so bald wie möglich eine für beide akzeptable Lösung zu finden, um eine Eskalation der Handelsstreitigkeiten zu vermeiden.
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Laut dem Sprecher des Handelsministeriums hat China eine Beschwerde im Rahmen des Streitbeilegungsmechanismus der Welthandelsorganisation (WTO) eingereicht. China hat bereits reagiert und Strafzölle auf Weinbrand aus der EU eingeführt. Weitere sogenannte Anti-Dumping-Untersuchungen mit möglichen Strafzöllen als Folge laufen mit Blick auf europäisches Schweinefleisch und Milchprodukte.
Der Konflikt in aller Kürze
Elektroautos aus China werden von der Europäischen Union mit Zöllen belegt. Die Entscheidung ist eine Reaktion auf den wachsenden Marktanteil chinesischer Hersteller, die dank staatlicher Subventionen Fahrzeuge zu sehr niedrigen Preisen anbieten können. Laut EU-Kommission drohen diese subventionierten Preise den Markt für europäische Autohersteller zu destabilisieren und Arbeitsplätze in der EU zu gefährden. Vor allem in Ländern wie Deutschland und Frankreich, die über eine bedeutende Automobilindustrie verfügen, wächst die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen.
China kritisiert den Schritt als protektionistisch und weist darauf hin, dass auch europäische Unternehmen vom chinesischen Markt profitieren. Die EU signalisiert jedoch ihre Entschlossenheit, ihre Automobilindustrie gegen unfairen Wettbewerb zu verteidigen, auch wenn dies zu Spannungen mit China führen könnte.
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Wird der Hochlauf der Elektromobilität ausgebremst?
Der deutsche Verband der Automobilindustrie mahnte, durch die Zölle wachse nicht nur das Risiko eines beiderseitigen Handelskonflikts weiter an, sondern die Fahrzeuge würden sich auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher verteuern.
Außerdem werde der Hochlauf der Elektromobilität und damit das Erreichen der Klimaziele in einer "besonders kritischen Phase" ausgebremst, sagte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. In Brüssel wiederum gibt es die Einschätzung, diese Position sei vor allem von Top-Managern der Autobauer geprägt. Ihnen wird vorgeworfen, vor allem kurz- und mittelfristig gute Zahlen erreichen zu wollen und nicht so sehr das langfristige Überleben der Autoindustrie im Blick zu haben.