Digitalisierung der Produktion : Management-Experte: "In vielen Produktionen gibt es noch einiges zu tun"

Chefredakteur Rudolf Loidl und Walter Woitsch, Partner Syngroup Management Consulting

Chefredakteur Rudolf Loidl und Walter Woitsch, Partner Syngroup Management Consulting

- © WEKA Industrie Medien GmbH

Knappere, teurere Ressourcen, völlig neue Produktionswege und immer flexiblere Lieferketten: Digitalisierung und Automatisierung können hier die Gamechanger sein, um die Herausforderungen in Zukunft zu meistern.

Digitalisierung bezeichnet den zunehmenden Einsatz vernetzter, digitalisierter und automatisierter Technologien in der Produktion. Die Entwicklung in der Industrie, ob in der Fahrzeugkonstruktion, im Maschinenbau oder im Transportwesen, schreitet schnell voran. Dieser Fortschritt benötigt die passenden, effizienten Tools und Lösungen.

In der digitalisierten Zukunft werden alle Maschinen und die von ihnen produzierten Güter mit Sensoren ausgerüstet sein. Sie kommunizieren ständig und optimieren ihre Abläufe fortlaufend. Nicht nur untereinander, sondern auch mit anderen Systemen. Produktion, Vertrieb, Entwicklung, sogar Kunden und Lieferanten werden in die vernetzte Welt eingebunden.

Schon jetzt haben viele moderne Unternehmen riesige Datenmengen, die es heißt für die strategische Arbeit zu nutzen und den Standort effizienter zu gestalten. Mit Hilfe von Tools wie dem Digitalen Zwilling, können diese Daten ausgewertet und genutzt werden, um beispielsweise auch begrenzte Ressourcen nachhaltiger zu nutzen.

Welche oft auch überraschenden Potenziale sich erheben lassen und wie man jetzt am besten auf den Zug der Digitalisierung aufspringt, hat INDUSTRIEMAGAZIN NEWS mit Walter Woitsch, Partner bei Syngroup Management Consulting, besprochen.

So können auch Sie Ihre Produktion mit den vorhandenen Daten für die digitale Zukunft rüsten:

IM-NEWS: Digitalisierung ist auch in den konservativen Industrien mittlerweile in den Produktionen angekommen. Was hat sich da in den letzten Jahren getan?

Walter Woitsch:
Vollkommen richtig. Für die gesamte Supply Chain werden mittlerweile Künstliche Intelligenz oder auch Algorithmen genutzt, um Teilbereiche zu unterstützen und auch Management-Entscheidungen zu unterlegen und zu befeuern.

IM-NEWS:
Die Syngoup hat in den letzten Jahren ganze Produktionsnetzwerke digitalisiert. Was kann man sich darunter vorstellen?

Woitsch: Das ist eine der für mich sehr spannenden Anwendungen der Digitalisierungs-Thematik, wenn man sie so breit formuliert, wo wir Netzwerke in einen Digitalen Zwilling verfrachten. Das heißt wo wir einzelne Standorte, Produktionsmöglichkeiten, Maschinen oder auch Kapazitäten und Kundennetzwerke auf Geodaten-Ebene in ein digitales System geben, um damit die Möglichkeit zu haben mit dem Digitalen Zwilling Szenarien jeglicher Art durchzuspielen.

IM-NEWS: Was sind die Hauptanwendungsbereiche?

Woitsch:
Die sehe ich in klassischer, strategischer Produktionsentscheidungen. Das heißt, wo sollen neue Standorte gebaut werden, wo müssen neue Maschinen platziert werden, um im Netzwerk optimal zu sein. Bzw. auch im Sinne die Lieferkettenstabilität zu halten. Es kann getestet werden, was passiert, wenn ich einen Standort aus dem Netzwerk rausnehme, kann ich die Liefersicherheit dann noch herstellen?
Wir schließen hier Themen von Investment über Resilienz von Netzwerken bis zu Supply Chain-Themen ein. Diese können gut mitverfolgt werden und eine Entscheidungsgrundlage für das Management schaffen.

IM-NEWS:
Also durchaus strategische Themen.

Woitsch:
Ja auf jeden Fall, es ist ein Tool für operative, strategische Entscheidungen. Normalerweise beim CEO oder COO angelagert.

IM-NEWS:
Was sind die Learnings Ihrer Unternehmen gewesen bei denen Sie das umgesetzt haben?

Woitsch:
Einer der CEOs mit dem wir schon länger zusammenarbeiten, hat gesagt, es ist so unemotional. Es ist rein technisch, der Algorithmus rechnet. Wir haben grundsätzlich immer Emotionen, gewisse Standorte werden präferiert oder man hat eine vorgefertigte Meinung dazu. Diese Emotion ist durch das Tool komplett draußen aus dieser Diskussion. Und wir haben damit jetzt ungeachtete Möglichkeiten, wie auf Knopfdruck sagen zu können, wie ist die neue Struktur optimal und strukturiert. 15% der beeinflussbaren Kosten sind grundsätzlich reduzierbar im Sinne des Algorithmus.

IM-NEWS: Was haben Sie in der Umsetzung gelernt?

Woitsch:
Für uns war es spannend, das Thema über Jahre bei manchen Kunden zu betreuen. Das heißt die richtige Aggrigationsebene zu finden und nicht zu sehr im Detail zu sein und wirklich auf pragmatischer Ebene dem Management ein Tool zur Verfügung zu stellen und auch laufend zu optimieren.

IM-NEWS:
Welchen Tipp würden Sie Führungskräften in der Produktion mitgeben?

Woitsch:
Ein richtiges pragmatisches Mittel zu finden. Zu hinterfragen was ist der Zweck des Themas, was ist der ROI, was will ich investieren und was wird erwartet. Wir sehen tolle Instrumente, aber wenn ich sehe wie sie in der Produktion und am Shopfloor oft noch gelebt werden, dann gibt es auf jeden Fall noch einiges zu tun.

Gesamtes Interview mit Walter Woitsch