Siemens Stiftung im Porträt : Nina Smidt, Siemens Stiftung: "Lösungen direkt aus der Community"
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INDUSTRIEMAGAZIN: Frau Smidt, unter ihrer Leitung hat die Siemens Stiftung ihren strategischen Fokus neu ausgerichtet. Welche Themenfelder sind in den Fokus gerückt?
Nina Smidt: Die Stiftung widmet sich dem Ziel einer nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung. Wir haben uns in einem intensiven gemeinsamen Strategieprozess mit unserem Stiftungsrat und unseren Partner:innen auf drei große globale Herausforderungen fokussiert: den Zugang zu Grundversorgung, vernetzte Gesellschaften und Klima und Nachhaltigkeit. In diesen Bereichen arbeiten wir in Deutschland und international mit der Expertise im Team und mit der Expertise unserer Partnerorganisationen zusammen.Gemeinsam mit unseren Partner:innen aus den Bereichen Bildung, Sozialunternehmertum und Kunst & Kultur fördern wir das Lernen sowie lokal verankerte und nachhaltige Strukturen. Diese Strukturen bilden die Basis für Transformation. Unsere Projekte und Netzwerke konzentrieren sich dabei auf Afrika, Europa,Lateinamerika und künftig Indien.
Sie sprechen in diesem Zusammenhang von Co-Konstruktionen. Was bedeutet das konkret?
Smidt: Wir arbeiten bei der Projektentwicklung stets eng mit Partner:innen zusammen und schauen gemeinsam, wo der Bedarf wurzelt. Hier interessieren uns etwa die größten Herausforderungen in den Communities und die Nachfragen aus der Perspektive der Zielgruppe. Daraus entstanden ganze Ökosysteme, also wirklich belastbare Netzwerke in unterschiedlichen Regionen. Mit unseren Partner:innen entwickeln und implementieren wir Programme. Der nächste Schritt ist die Erfolgsmessung. Daraus leiten wir Erfahrungen ab und evaluieren die Zielerreichung. Wir wollen mit unseren Partner:innen an Transformation und Veränderungen arbeiten. Das erfordert Mut und Innovation. Und das erfordert auch ein Team und Partner:innen, die sich immer wieder anpassen und neu orientieren können.
Die Siemens Stiftung unterstützt Projekte im Globalen Norden und im Globalen Süden. Wo sehen Sie die größten Unterschiede?
Smidt: Die Problemstellung ist ähnlich, die Gegebenheiten, Perspektiven und Notwendigkeiten machen den Unterschied. Denn der Klimawandel ist ein globales Thema, kein regionales. In einer Region wie Veracruz in Mexiko, wo wir derzeit gemeinsam mit dem lokalen Ministerium ein Projekt zum Thema Küstenschutz begleiten, gibt es extreme Wetterbedingungen und extreme Herausforderungen. Aber gerade bei den hohen Temperaturen kommt es auch in Europa zu großen Wasserkrisen, wie derzeit in Städten wie Barcelona. Wir verknüpfen das Thema Klimawandel mit Bildung. Hier arbeiten wir vorwiegend in der frühkindlichen und schulischen Bildung mit Partnerinstitutionen zusammen. So erreichen wir Lehrer:innen und infolgedessen Schüler:innen, um gemeinsam die Fragen zu stellen: Wie geht man mit Klimawandel um? Welche Möglichkeiten gibt es zum Thema Klimaaktion? Das sind Inhalte unserer Projekte in Lateinamerika, in Afrika und künftig auch in Indien, aber auch Inhalt unserer Schulprojekte in Deutschland.
Siemens Stiftung
- Gemeinnützige Stiftung mit den Themenfeldern Gesicherte Grundversorgung, Vernetzte Gesellschaften, Klima & Nachhaltigkeit
- Gründung 2008 durch die Siemens AG
- € 390 Mio. Stiftungskapital
- Fokus auf weltweit lokal verankerte Projekte, 200+ Partner:innen weltweit
- Büros in München, Berlin, Erlangen und Santiago de Chile
- 50 Mitarbeiter:innen
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Sie finanzieren oder kofinanzieren nicht nur Projekte. Im Bereich Gesicherte Grundversorgung arbeiten Sie stark mit Sozialunternehmen zusammen und finanzieren im Bereich der „Missing Middle“.
Smidt: Gerade in der Entwicklungszusammenarbeit sind Sozialunternehmen ein starkes Vehikel, um langfristige Entwicklungen zu fördern und den Mehrwert in den jeweiligen Communities zu verankern. Projekte in der Entwicklungskooperation sind meist an Fördermaßnahmen gebunden und daher befristet. Bei Sozialunternehmen steht die Idee für die Lösung eines Problems im Vordergrund. Sie kommt von Sozialunternehmer:innen, direkt aus der Community. Herausforderungen wie: „Wie kann ich Zugang zu sauberem Trinkwasser für meine Community ermöglichen? Wie kann ich sichere Kochstellen in Flüchtlingscamps zur Verfügung stellen?“ werden angesprochen. Das sind sozialunternehmerische Ideen, die aus dem Leben von Leuten entstehen. Wir haben uns in unserer Unterstützung auf den Bereich der „Missing Middle“ konzentriert. Das sind Sozialunternehmen, die schon gegründet wurden, sich aber bisher nicht vollständig selbst finanzieren können. Diese werden von uns gefördert, um in die nächste Wachstumsstufe zu kommen. Wir bilden durch unsere Förderungen die Brücke, um Unternehmen zu ermöglichen, durch das Wachstum auch Zugang zu anderen Finanzierungsmitteln, wie von Entwicklungsbanken oder Investor:innen, zu bekommen.
Wie schaffe ich es als Sozialunternehmen, dass die Siemens Stiftung auf mich aufmerksam wird?
Smidt: Wir arbeiten momentan fast ausschließlich mit Application Calls, für die sich Unternehmen bewerben können. Diese schreiben wir mit Partner:innen gemeinsam aus. Wir sind auch zum Teil Kofinanzierungspartner. Unsere Finanzierungspartner:innen sind etwa die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, die EU als Teil des Green Deals. Gemeinsam definieren wir bestimmte Themenschwerpunkte in unseren Sektoren. Die Finanzierungen gehen eng mit Mentoring- und Learning-Programmen einher. In den vergangenen Jahren legten wir dabei einen besonderen Fokus auf weibliche Sozialunternehmerinnen.
Die Digitalisierung spielt eine besondere Rolle in der Skalierung ihrer Fördermöglichkeiten. Welche spezifischen Entwicklungsangebote bieten Sie an?
Smidt: Wir launchen im Herbst eine digitale Plattform, wo wir für alle von uns geförderten Sozialunternehmen Learning- oder Weiterentwicklungsmodule anbieten. So können Unternehmen, die von uns gerade nicht aktiv gefördert wurden oder auch aus der ursprünglichen Förderphase herausgewachsen sind, weiterhin die Entwicklungsangebote der Stiftung annehmen. Im Bildungsbereich haben wir zwei große Bildungsplattformen entwickelt, eine speziell für Lateinamerika, sie heißt CREA, und eine internationale Bildungsplattform, unser Medienportal. Dort stellen wir lizenz- und kostenfreie Materialien zur Verfügung. Im Bildungsbereich sind das beispielsweise MINT-Materialen, wir sprechen aber auch Klimawandel, Gesundheitsthemen und Hygienethemen an. Hier steht die Anwendungsorientierung im Vordergrund.
ZUR PERSON
Nina Smidt ist seit 2020 Geschäftsführerin und Sprecherin des Vorstandes der Siemens Stiftung. Sie verantwortet die operative Führung, die strategische Entwicklung der Siemens Stiftung sowie die Leitung der Arbeitsbereiche Bildung, Sozialunternehmertum, Kunst & Kultur in den Fokusregionen Afrika, Europa, Lateinamerika und Asien. Außerdem koordiniert sie die Global Alliance of Siemens Foundations. Weiter ist sie Gesellschafterin von WeHub! Victoria Ltd, einem Sozialunternehmen, gegründet von der Siemens Stiftung.