Deep Dive: Industrial AI : Maschinenbauunternehmer Hundsdörfer: „Haben in Europa Mindset-Problem“

Rainer Hundsdörfer Marktpilot

Rainer Hundsdörfer, Senior Advisor Business Development Markt-Pilot

- © Matthias Heschl

„Ich habe mein ganzes Leben im Maschinenbau verbracht und weiß, dass die Unternehmen umdenken müssen.“ Referiert der langjährige Maschinenbaumanager Rainer Hundsdörfer über den praktischen Nutzen von KI, stößt er sich daran, dass AI immer noch häufig als Selbstzweck dargestellt werde. Grundfalsch, so der frühere CEO von Heidelberger Druckmaschinen. Vielmehr ist es ein „mächtiges Werkzeug“, sagt Hundsdörfer. Bei Heidelberger resultierten aus dem AI-Einsatz sehr viel bessere Druckprozesse. Die AI behalte tausende Werte im Blick und macht Auswertungen „nicht nach festen Regeln, sondern dynamisch“, so der Manager.

Insofern habe er auch keine ethischen Probleme beim AI-Einsatz - denn schließlich gehe es um Produktivität in einer Zeit, in der viele Lean-Konzepte ausgewrungen sind. Noch einmal sieben oder acht, vielleicht sogar zehn Prozent Effizienzzugewinn bei Prozessen zu erzielen, die Mitarbeiter durch sukzessive Steigerungen ausgereizt hätten, sei ziemlich „vielversprechend“, ja, ermögliche einen gewaltigen Sprung vorwärts.

Warum aber einen solchen AI-Prozess - etwa im Ersatzteilbereich - auslagern? Maschinenbauer müssten ihren Kernprozess top verstehen, die Geschäftsprozesse selber zu gestalten macht jedoch weniger Sinn“, sagt Hundsdörfer. Die Diskussion erinnert ihn an die 80er und 90er, als einige Maschinenbauer - vergeblich - versuchten, ihre eigenen ERP und später CRM-Systeme zu bauen. „Dafür hat ein weder ein Maschinenbauer noch Mittelständler Kompetenz noch Kapazitäten“, sagt Hundsdörfer. Das könnten andere „schneller, billiger und viel effizienter“.

Auch die Software von MARKT-PILOT, ein Startup, bei dem Hundedörfer als Senior Advisor Business Development fungiert, arbeitet KI-basiert. Sie ermöglicht es Maschinenbauunternehmen erstmalig bisher ungenutzte Preis- und Umsatz-Potentiale im Ersatzteil-Geschäft zu realisieren, Umsatz und Gewinn nachhaltig zu steigern sowie Kundenbeziehungen zu stärken.

Warum Ersatzteilgeschäft? Weil es Chancen birgt, denn gemeinhin wird es mit verschenktem Geld und verärgerten Kunden in Verbindung gebracht. „Jeder weiß, wie wie mühsam Pricing ist“, sagt er. Hundsdörfers Vision: Dass mittelständische Maschinenbauunternehmen in ein, zwei Jahren eine automatische, womöglich ans ERP angebundene Pricing Engine haben und Mitarbeiter gar nicht mehr eingreifen müssten. „Und das nicht nur oft drehende Ersatzteile, sondern auch für Langsamdreher, die vielleicht nur fünf Mal im Jahr anfallen“, sagt Hundsdörfer.

In Europa orte er - bedauerlicherweise auch im Zusammenhang mit AI - ein "Mindset-Problem“: Zuerst werde das schlechte, problembehaftete hervorgekehrt - und erst hinterher die Stärken beleuchtet.

ZUR PERSON

Rainer Hundsdörfer ist gelernter Diplom- Maschinenbau und Wirtschafts-Ingenieur mit über 35 Jahren Erfahrung in leitenden Positionen bei internationalen Maschinenbauunternehmen, die letzten 20 Jahre als CEO. Zuletzt war er als CEO der Heidelberger Druckmaschinen AG tätig und dort bis vor kurzem Vorstandsvorsitzender. Zudem ist er im Wirtschaftsrat der CDU als stellvertretender Vorsitzender der Fachkommission Künstliche Intelligenz und in verschiedenen VDMA Gremien aktiv. Seit Oktober 2022 unterstützt Hundsdörfer den Bereich Business Development bei MARKT-PILOT als Senior Advisor.

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