Wirtschaftskrieg mit Europa : Handelskrieg unter Trump? Drohende Zölle gefährden Europas Wirtschaft

Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung

Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung

- © Chris Seward / AP / picturedesk.com

Die Ankündigungen des designierten US-Präsidenten Donald Trump, Strafzölle gegen Kanada, Mexiko und China einzuführen, alarmieren Ökonomen weltweit. Experten warnen vor einem Handelskrieg, der besonders gravierende Auswirkungen auf Deutschland und die europäische Wirtschaft haben könnte.

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„Trump zeigt, dass er es ernst meint und bei seiner handelspolitischen Agenda auf Verbündete keine Rücksicht nimmt“, erklärte Moritz Schularick, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Schularick rief Europa dazu auf, sich geschlossen auf mögliche Handelskonflikte vorzubereiten: „Europa muss sich auf einen Handelskonflikt vorbereiten und darf sich nicht auseinanderdividieren lassen.“

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- © Industriemagazin

Strafzölle: Kanada, Mexiko und China im Fokus

Trump plant, für sämtliche Produkte aus Kanada und Mexiko einen Zoll von 25 Prozent einzuführen. Waren aus China sollen mit einem zusätzlichen Zollsatz von zehn Prozent belegt werden. Sollte diese Politik auch auf Europa ausgeweitet werden, könnten die deutschen Exporte in die USA mittelfristig um bis zu 15 Prozent einbrechen, warnte Schularick. Die Vereinigten Staaten sind Deutschlands größter Handelspartner: Allein im Jahr 2023 exportierte Deutschland Waren im Wert von 157,9 Milliarden Euro in die USA – das entspricht 9,9 Prozent der gesamten deutschen Exporte.

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Der Chefvolkswirt der ING-Bank, Carsten Brzeski, sieht die Situation für Deutschland kritisch: „Sollte es zu amerikanischen Zöllen auf EU-Produkte kommen, wird die deutsche Wirtschaft leiden. Jeder noch so kleine Zollanstieg sollte reichen, um aus der aktuellen Stagnation der deutschen Wirtschaft eine Rezession zu machen.“ Obwohl Trump während seines Wahlkampfs wiederholt höhere Zölle für EU-Importe angekündigt hat, könnten gemäßigte Mitglieder seiner Regierung einen aggressiven Handelskrieg verhindern, fügte Brzeski hinzu.

Auch Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, äußerte sich besorgt: „Die USA ist für viele europäische Länder der wichtigste Handelspartner, das machen Strafzölle hierzulande besonders heikel.“ Die ohnehin angeschlagene europäische Industrie müsse sich auf zusätzliche Belastungen einstellen: „Die angeschlagene europäische Industrie muss sich also noch wärmer anziehen.“

Die Diskussionen um neue Zölle und protektionistische Maßnahmen haben auch auf internationaler Ebene für Spannungen gesorgt. Beim Treffen der G7-Außenminister in Fiuggi, Italien, äußerte sich EU-Außenbeauftragter Josep Borrell mit deutlichen Worten zu den möglichen Folgen eines Handelskriegs: „Wenn jeder Zölle gegen jeden erhebt, wird dies Reaktionen hervorrufen“, sagte Borrell am Rande des Treffens. Er betonte, dass die Europäische Union auf potenzielle Strafzölle der USA vorbereitet sei: „Wir sind bereit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.“

Angesichts der Herausforderungen betont die EU die Notwendigkeit einer koordinierten Reaktion. „Wir dürfen uns nicht auseinanderdividieren lassen“, hatte bereits der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, in einem anderen Zusammenhang erklärt. Eine einheitliche Haltung der EU könnte helfen, die wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen eines Handelskriegs zu minimieren.

Chinesische Botschaft warnt vor Handelskrieg

Die Ankündigung neuer Strafzölle durch den designierten US-Präsidenten Donald Trump hat die Spannungen zwischen den größten Volkswirtschaften der Welt erneut angeheizt. Experten und Regierungsvertreter warnen vor den gravierenden Auswirkungen eines eskalierenden Handelskonflikts.

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Die chinesische Botschaft in Washington reagierte prompt auf die Ankündigung und warnte vor einem Handelskrieg. „Niemand wird einen Handels- oder Zollkrieg gewinnen“, sagte Botschaftssprecher Liu Pengyu. Er betonte die beidseitigen Vorteile der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen China und den USA: „China ist der Ansicht, dass die wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit zwischen China und den USA von Natur aus für beide Seiten vorteilhaft ist.“

Liu wies zudem Trumps Vorwürfe zurück, China würde bewusst Substanzen zur Drogenherstellung in die USA gelangen lassen. Er verwies auf Fortschritte, die nach einem Abkommen zwischen Präsident Joe Biden und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping erzielt wurden. Im August hatte China angekündigt, die Kontrolle über chemische Substanzen zur Herstellung von Fentanyl zu verschärfen. „Die Behauptung, China lasse wissentlich Vorläuferstoffe von Fentanyl in die USA gelangen, steht völlig im Widerspruch zu den Fakten und der Realität“, sagte Liu.

Die Spannungen zwischen den USA und China sind nicht neu. Schon während Trumps erster Amtszeit prägten Handelskonflikte die Beziehungen. Strafzölle auf Produkte aus Mexiko, Kanada und China sorgten wiederholt für Unruhe. Auch Biden setzte auf Sanktionen und Exportbeschränkungen, um Peking den Zugang zu US-Technologien zu erschweren. Gleichzeitig investierte er massiv in die heimische Wirtschaft, um Lieferketten unabhängiger zu machen.

Kanada sucht den Dialog

Auch Kanada reagierte auf Trumps Ankündigung. In einer Stellungnahme auf der Plattform X hob die kanadische Regierung die enge wirtschaftliche Verbindung mit den USA hervor: „Es handelt sich um eine ausgewogene und für beide Seiten vorteilhafte Beziehung.“ Kanada kaufe mehr US-Waren als China, Japan, Frankreich und Großbritannien zusammen. Zudem stammen etwa 60 Prozent der US-Ölimporte aus Kanada. Premierminister Justin Trudeau suchte das direkte Gespräch mit Trump, um über Handelsbeziehungen und Grenzsicherheit zu sprechen, berichtete die New York Times.

Download von www.picturedesk.com am 26.11.2024 (10:26). Canadian Prime Minister Justin Trudeau speaks to the media during the federal Cabinet retreat, Tuesday, Jan. 23, 2024, in Montreal. During the Cabinet retreat, Trudeau said Canada's government is preparing for the possibility that Donald Trump could reach the White House again and the ?uncertainty? that would bring. (Christinne Muschi/The Canadian Press via AP) - 20240123_PD10623 - Rechteinfo: Rights Managed (RM)
Justin Trudeau setzt auf Dialog - © Christinne Muschi / AP / picturedesk.com

Trump und seine Zollpolitik: „America First“

Bereits im Wahlkampf hatte Trump weitreichende Zölle als Teil seiner „America First“-Politik angekündigt. Ziel dieser Maßnahmen sei es, die Produktion in den USA zu stärken und Arbeitsplätze zu schaffen. Zölle wirken als Aufschlag auf importierte Waren und verteuern diese für US-Konsumenten und Unternehmen. Trump argumentiert, dass höhere Importkosten US-Unternehmen dazu bewegen könnten, stärker im Inland zu produzieren.

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Auch unter Präsident Joe Biden blieb der Protektionismus ein zentrales Element der US-Handelspolitik. Biden behielt Trumps Zölle gegen China größtenteils bei und führte zusätzliche Zölle auf bestimmte Branchen, wie etwa Elektroautos, ein. Dennoch unterscheiden sich die Ansätze: Während Biden gezielt einzelne Industrien adressierte, verfolgt Trump einen breiteren Ansatz mit weitreichenden Konsequenzen.

Viele Fachleute warnen vor den negativen Auswirkungen der Zollpolitik. Höhere Importkosten könnten Unternehmen dazu zwingen, Preise an Konsumenten weiterzugeben. Gleichzeitig könnten betroffene Länder mit Gegenzöllen reagieren, was US-Exporteure belasten würde. Die wirtschaftliche Verflechtung zwischen den USA und China erschwert eine Abkoppelung zusätzlich, da viele Produkte kurzfristig nicht im Inland hergestellt werden können.