Deutsche Exporte und US-Zölle : Trump als Risiko: Deutsche Exporte nach Ost-Europa übertreffen US-Geschäft

Die deutschen Exporte nach Ost-EU-Staaten verzeichnen ein leichtes Wachstum, obwohl die Gesamtexporte insgesamt rückläufig sind. Lesen Sie mehr über die Handelsbeziehungen, die Auswirkungen von US-Zöllen und die Rolle von Polen im deutschen Exportmarkt.
- © APA/dpa/Stefan PuchnerWachstum in den östlichen EU-Staaten trotz sinkender Gesamtexporte
Die deutschen Exporte in die östlichen EU-Staaten verzeichnen trotz eines allgemeinen Rückgangs der Gesamtausfuhren ein leichtes Wachstum und übertreffen das von möglichen US-Zöllen bedrohte Geschäft mit den Vereinigten Staaten deutlich. Laut einer Mitteilung des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft erreichten die Lieferungen in diese elf Länder in den ersten drei Quartalen des Jahres 2023 einen Wert von etwa 187 Milliarden Euro, was einem Zuwachs von knapp einem Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht.
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Drohende US-Zölle und ihre Auswirkungen
Im Gegensatz dazu sanken die gesamten deutschen Exporte zwischen Januar und September 2023 um 1,0 Prozent auf rund 1.176 Milliarden Euro. „Zusammen sind die deutschen Exporte in die elf östlichen EU-Länder anderthalbmal so hoch wie die deutschen Lieferungen in die USA“, betonte die Vorsitzende des Ost-Ausschusses, Cathrina Claas-Mühlhäuser, gegenüber Reuters. Sie hob dabei die zentrale Bedeutung des europäischen Binnenmarktes für deutsche Unternehmen hervor.
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Die künftige Handelspolitik der USA könnte die deutschen Exporte zusätzlich unter Druck setzen. Der designierte US-Präsident Donald Trump hatte während seines Wahlkampfs Zölle von 10 bis 20 Prozent auf Importe aus der EU angekündigt. Dies würde insbesondere die deutschen Exporte in die USA belasten, da die Vereinigten Staaten der größte Abnehmer für Produkte „Made in Germany“ sind. Dennoch wuchsen die Lieferungen in die USA von Januar bis September um 3,5 Prozent auf 122 Milliarden Euro.
Polen als Wachstumsmotor für deutsche Exporte
Ein besonders dynamisches Wachstum zeigt der Handel mit Polen, dem östlichen Nachbarn Deutschlands. Die Exporte in das Land stiegen in den ersten neun Monaten des Jahres um 3,6 Prozent auf fast 71 Milliarden Euro. „Polen behauptet damit seine Position als viertwichtigster deutscher Absatzmarkt vor China“, erklärte Claas-Mühlhäuser.
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Der Ost-Ausschuss fordert eine zügige Integration weiterer Länder in die EU, darunter Staaten des westlichen Balkans, die Ukraine, Moldau und perspektivisch auch Georgien. „Die Erweiterung der EU nach Osten ist ein europäisches Konjunkturprogramm, das sich durch neue Wachstumsimpulse selbst finanziert“, sagte Claas-Mühlhäuser. „Ein größeres Europa ist ein stärkeres Europa.“
Chefökonom Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank betont, dass die steigenden Exporte in die USA ein Hinweis auf die bessere konjunkturelle Lage der Vereinigten Staaten im Vergleich zu Deutschland seien. Dennoch gibt es auch Herausforderungen. „Wir bleiben daher skeptisch, ob die Exporte nunmehr nachhaltig an Fahrt gewinnen“, sagt de la Rubia.
Trotz der Schwierigkeiten hält sich die deutsche Exportwirtschaft besser als zunächst prognostiziert. In fünf der ersten acht Monate des Jahres lagen die Exporte im Plus. Thomas Gitzel, Chefökonom der Liechtensteiner VP Bank, sieht den Grund dafür im hohen Auftragsbestand: „Der noch immer hohe Auftragsbestand hilft der deutschen Exportwirtschaft. Die Industrie zehrt also von der Vergangenheit.“ Doch die aktuelle Dynamik zeigt Schwächen. Nach einem kurzfristigen Aufschwung brachen die Neuaufträge im August um 5,8 Prozent ein.
Experten kritisieren Schuldenbremse
Die Lage der deutschen Wirtschaft bleibt laut Bundesbank-Präsident Joachim Nagel dennoch angespannt. Er prognostiziert ein deutlich schwächeres zweites Halbjahr. „Die Zeichen stehen wohl auf Rezession“, erklärte er im Oktober in Berlin. Nagel sieht in der Reform der Schuldenbremse einen möglichen Ansatz, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken. „Es geht darum, dass wir Akzente setzen können und setzen müssen, damit der Wirtschaftsstandort Deutschland wieder stärker wird.“ Gleichzeitig betonte er, dass die Schuldenbremse nicht ausgehebelt, sondern weiterentwickelt werden solle.
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Auch aus politischer Perspektive wird die Lage kritisch eingeschätzt. Laut Irene Mihalic, Erster Parlamentarischer Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, sei die Konjunkturprognose für 2024 düster. „Die Konjunkturprognose ist nicht gut“, sagte Mihalic und bestätigte, dass die Bundesregierung die Prognose nach unten korrigiert habe. Für das nächste Jahr wird mit einem zweiten Rezessionsjahr in Folge gerechnet. Mihalic fordert deshalb umfangreiche staatliche und private Investitionen, um Konsum und Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Sie plädiert ebenfalls für eine Diskussion über die Schuldenbremse: „Der Staat könne mehr tun, um der Wirtschaft Verlässlichkeit zu geben.“