Greiner-CEO Dubourg über Binnenmärkte : Greiner-Chefin Dubourg: "Wir denken entlang von mehreren Dimensionen über Wirtschafträume nach"

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Greiner-CEO Saori Dubourg: "Es entstehen Innovationsfelder und -märkte mit neuen Materialien und Applikationen"

- © Andreas Pohlmann

INDUSTRIEMAGAZIN: Frau Dubourg, wie kann ein Aufbruchsnarrativ in wirtschaftlich harten Zeiten aussehen?

Saori Dubourg:
Im ersten Schritt muss es darum gehen, die Gründe für die Herausforderungen zu verstehen. Henry Ford hat einmal gesagt, suche nicht nach Fehlern, sondern nach Lösungen. Ein Aufbruchsnarrativ würde beinhalten, dass wir zunächst die wirtschaftlichen Grundlagen für Wachstum legen müssen. Europa hat zum Beispiel einen der größten Binnenmärkte weltweit, aber wir nutzen ihn nicht als gemeinsame Chance, sondern denken noch viel zu oft in Landesgrenzen. Wir müssten uns vielmehr die Frage stellen, wie wir durch Kollaboration wettbewerbsfähigere Rohstoffzugänge schaffen können.

Lesetipp: Greiner-CEO Dubourg: "Was wir sagen, tun wir auch"

Wie schaffen wir es, Innovationen stärker zu incentivieren und uns auf zukünftige Wachstumsmärkte zu konzentrieren? Wie können wir mehr Wissensproduktivität erreichen? Und wie lautet der europäische Business Case für Wachstum konkret?

Wie finden Europa und Österreich aus ihrer Beschwerdekultur?


Dubourg:
Gerade Industriemanager:innen bringen internationale Erfahrungen und Einblicke aus anderen Ökonomien mit – daher können wir gute Ideen auch in Europa und Österreich einbringen und umsetzen. Die Aufgabe liegt daher neben der Unternehmensführung auch darin, dass wir uns gemeinsam dafür einsetzen, unser Land aktiv mitzugestalten. Schließlich gibt es ohne Wertschätzung der Herkunft auch keine Zukunft.

Green Deal & Co: Unter welchen Prämissen wird sich in diesen Dimensionen Erfolg einstellen?


Dubourg:
Im Gegensatz zu den USA fehlt uns in Europa beim Green Deal der dazugehörige Business Case, der eine Transformation für die Industrie wirtschaftlich reizvoll macht. Verstehen wir wirklich die ökonomischen Kostenstrukturen der Wertschöpfungsketten? Ab wann ist Wasserstoff zum Beispiel für die Industrie profitabel; ab wann rechnen sich im Markt neue innovative nachhaltige Lösungen und vor allem, wie betten wir diese im weltweiten Wettbewerb um Marktchancen mit China und den USA ein? In den USA hat man die Kostenkalkulation aus Industriesicht gemacht: Der Inflation Reduction Act gibt den Unternehmen sehr klare Anreize, um zum Beispiel in die Energietransformation zu investieren und langfristig als Payback Wachstum für USA zu sichern.

Welche Chancen bietet eine smarte Ressourcenökonomie?

Dubourg: Die Klimakrise wird uns die nächsten Jahrzehnte leider begleiten. Daher geht es bei einer guten Strategie nicht darum, was sich als Trend jedes Jahr verändert, sondern vielmehr um die Frage, was bleibt in 20 Jahren von heute relevant für uns? Die Wirtschaft und viele ihrer Geschäftsmodelle, sei es im Bereich Automobil, Chemie oder im Kunststoffsektor, sind bereits jetzt mitten im Wandel zu einer smarten Ressourcenökonomie. Es entstehen viele neue Innovationsfelder und -märkte mit neuen Materialien und Applikationen. Das ist für uns alle nicht nur ein Risiko, sondern auch eine enorme Chance, denn viele dieser Märkte wachsen schneller als
der Durchschnitt. Jeder Millimeter Vorsprung an Innovation ist hier langfristig gut investiertes Kapital in eine ressourceneffizientere Zukunft.

Wie kann Innovationsfähigkeit in Unternehmen definiert, erhalten und gesteigert werden?


Dubourg:
Die wichtigste Frage in einem Unternehmen ist, welche Form der Innovation man voranbringen möchte. Geht es um Prozessinnovationen, um Applikationsinnovationen oder denkt man über disruptive Innovationen nach, die völlig neu für die Welt sind. Jede dieser Innovationsformen beinhaltet unterschiedliche Herangehensweisen und benötigt unterschiedliche Denkräume. Für Greiner ist es jedenfalls essenziell, eine Innovationskultur zu fördern und zu leben. Dazu gehören kontinuierliche Weiterbildungsmöglichkeiten und Feedbackschleifen mit unseren Kunden genauso, wie das Arbeiten in interdisziplinären Teams sowie externe Partnerschaften
oder Kooperationen.

Wirtschaftsräume der Zukunft: Welche neuen Wirtschaftsräume identifizieren Sie?


Dubourg:
Wir denken entlang von mehreren Dimensionen über Wirtschafträume nach. Es sind nicht nur geographische Räume – hier ist Nordamerika sicherlich ein sehr interessanter Markt für Greiner –, sondern auch industrielle Endmärkte. Sprich, Wachstum liegt aus unserer Sicht nicht nur in geographischen Märkten, sondern auch entlang der Wertschöpfungskette.

Wie gelingen transformatorische Durchbrüche auch mithilfe der nachrückenden Generationen?


Dubourg:
Die nachrückende Generation ist für uns sehr wertvoll und inspirierend, denn sie ist mit einer großen digitalen und werteorientierten Affinität aufgewachsen.


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Daraus ergeben sich sehr viele und schöne Impulse für Greiner. So haben wir Talente, die über digitale Twins in der Produktion nachdenken, andere wiederum beleben die Firma durch Ideen, wie Inklusion im Unternehmen gelingen kann. Ein Thema, das heute wichtiger ist, denn je. Denn wenn wir im Unternehmen eine Kultur der Wertschätzung pflegen, dann gelingt uns dies sicherlich auch im Alltag besser.

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"Ohne Wertschätzung der Herkunft gibt es keine Zukunft." Saori Dubourg, CEO Greiner - © Andreas Pohlmann