Evvaoil Primavesi Leadership : Schmierstoffe aus Niederösterreich: Wie Evvaoil gegen Multis wie Shell, Mobil oder Castrol besteht

Paul und Luca Primavesi Evvaoil

Seit 2019 in der Geschäftsführung: Luca Primavesi mit seinem Vater Paul, der sich behutsam aus der Geschäftsleitung zurückzieht.

- © Evvaoil

Wenn Luca Primavesi über seinen Beruf spricht, fallen Orte wie Seoul, New York oder London fast beiläufig. Reisen gehören für ihn dazu – über 70 Länder hat er bereits gesehen, Raffinerien besucht, Lieferanten getroffen. Evvaoil, das Unternehmen seiner Familie, lebt vom internationalen Austausch. Und doch bleibt der Lebensmittelpunkt klar: Margarethen am Moos, Niederösterreich. Dort produziert Evvaoil seit über 100 Jahren Schmierstoffe, Öle und Fette – ein österreichischer KMU im Schatten von Global Playern wie Shell, Mobil oder Castrol. 


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Primavesi hat Wirtschaft in Wien, London und New York studiert und wollte Fehler verständlicherweise lieber außerhalb machen, bevor er ins Familienunternehmen einstieg. Seit 2019 ist er in der Geschäftsführung, gemeinsam mit Vater Paul, der sich behutsam zurückzieht. „Es ist keine Bürde, sondern eine große Verantwortung“, sagt er. „In ruhigen Zeiten ist es leichter, wir haben aber drei Rezessionsjahre in Folge erlebt – da sind besondere Anstrengungen und unternehmerische Resilienz erforderlich, um Zuwächse zu erzielen“, erzählt er.

100 Jahre Schmierstoffe

Evvaoil wurde 1919 gegründet und ist heute der einzige rein österreichische Hersteller mit umfassenden Produktsortiment. Am Standort Margarethen am Moos werden jährlich rund 20 Millionen Liter Premium-Schmierstoffe von hochwertigen Motorölen (Automotives) über Hydrauliköle (Industrials) bis zu maßgeschneiderten Spezialprodukten produziert, gelagert und ausgeliefert. Etwa 50 Mitarbeiter sind beschäftigt, hinzu kommt ein Netz von Logistik-Dienstleistern. Das Unternehmen liefert an die Automobilindustrie, die metallverarbeitende Industrie, Schwerindustrie, Land- und Forstwirtschaft sowie an OEMs. Gleichfalls wird der öffentliche Sektor In großem Ausmaß beliefert. Die Mehrheit des Gesamtausstoßes wird exportiert.

In Margarethen am Moos, Niederösterreich, produziert Evvaoil seit über 100 Jahren Schmierstoffe, Öle und Fette. 

- © Evvaoil

Die Branche hat sich im Laufe der Jahre verändert. Internationale Großunternehmen haben ihre Werke in Österreich geschlossen, OMV hat das Schmierstoffgeschäft an die russische Lukoil verkauft. Evvaoil stellt sich als einziger 100-Prozent-Hersteller aus Österreich dem ausländischen Wettbewerb. „Es kostet sehr viel Anstrengung, Fleiß und Engagement, sich hier zu behaupten und das Geschäft auszubauen“, sagt Primavesi. 

Mehr als 60 Prozent des Umsatzes stammen aus dem Export, rund 30 Millionen Euro erwirtschaftet Evvaoil pro Jahr. Wachstum soll selektiv erfolgen: durch Effizienzsteigerung, durch gezielte Zukäufe von Handelsfirmen, durch Erweiterung des Portfolios, zuletzt etwa im Bereich Kühlschmierstoffe mit einer Generalvertretung. 

Führung in bewegten Zeiten

Auch Nachhaltigkeit ist Thema. Evvaoil setzt auch auf recycelte Basisöle, biogene Komponenten und renaturierbare Produkte. Doch Primavesi sieht die Realität nüchtern: „Das Bewusstsein für die CO₂-Bilanz wächst, auch wenn es bei manchen Kunden noch Zeit braucht“, sagt Primavesi. „Wir sind überzeugt: Wer heute konsequent in Nachhaltigkeit investiert, schafft sich langfristig Wettbewerbsvorteile.“ Zudem investiert das Unternehmen in modernste Produktions- und Tankanlagen, um ökonomisch und ökologisch bestehen zu können.

Luca Primavesi: "Wir haben drei Rezessionsjahre in Folge erlebt – da sind besondere Anstrengungen und unternehmerische Resilienz erforderlich, um Zuwächse zu erzielen“

- © Evvaoil

Privilegiert fühlt sich Primavesi - dessen Urahnen von Gustav Klimt auf Leinwand gebannt wurden - als Unternehmer nicht, sagt er mit einem Augenzwinkern. „Früher war es vielleicht ein Paradies, heute geht es nur noch mit maximaler Effizienz und maximalem Einsatz." Die Belegschaft – viele davon schon seit Langem dem Unternehmen verbunden – hält er für das wichtigste Kapital. Flache Strukturen, kurze Wege, hohe Identifikation prägen den Betrieb seit Generationen.

Serie Junge Führungskräfte