KI-Autopilot : Autonomes Fahren: VW und Bosch bringen den entscheidenden Durchbruch

Smart cars with automatic sensor driving on metropolis with wireless connection

Das Navigationssystem für autonomes Fahren verknüpft Karten-, Sensor- und KI-Daten in Echtzeit – damit der Autopilot seine Route sicher und vorausschauend plant.

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Volkswagen und Bosch wollen das automatisierte Fahren aus der Oberklasse holen und in den Massenmarkt bringen – schneller, als Branchenkenner bislang vermutet hatten. Bereits Mitte 2026 soll eine komplett KI-basierte Softwareplattform für Assistenz- und Autopilotfunktionen serienreif sein. Bis die Technik tatsächlich in einem ersten Modell zum Einsatz kommt, dürfte jedoch noch etwas Zeit vergehen.

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Geplant ist der Start im Rahmen der neuen „Software-defined Vehicle“-Architektur des VW-Konzerns, die ab 2027 mit dem Elektro-Kleinstwagen ID.1 eingeführt wird. Entwickelt werden die Funktionen innerhalb der „Automated Driving Alliance“, einer seit 2022 bestehenden Kooperation zwischen der VW-Softwaretochter Cariad und Bosch.

Der Ansatz ist ehrgeizig: Während Mercedes und BMW ihre Autopiloten bislang nur in hochpreisigen Flaggschiffen wie S-Klasse oder i7 anbieten, will die deutsch-deutsche Allianz die Technologie für die gesamte Modellpalette verfügbar machen – vom erschwinglichen Kleinwagen bis zum Premium-SUV. Ziel sei es, so Cariad-Chef Peter Bosch, „Komfort und Sicherheit automatisierter Fahrsysteme möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen, damit sie wertvolle Zeit in ihrem Auto neu gewinnen“.

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Fertigung im Takt: In den VW-Werken laufen die Bänder – künftig sollen hier auch Fahrzeuge mit KI-basiertem Autopiloten vom Band rollen.

- © Volkswagen

VW und Bosch machen Ernst: Was bislang Luxus war, kommt bald in den Kleinwagen

Im Kern geht es um Fahrfunktionen der Automatisierungsstufen 2 und 3. Level 2 erlaubt es dem Fahrer, zeitweise die Hände vom Lenkrad zu nehmen, während bei Level 3 der Autopilot in definierten Situationen die vollständige Fahrzeugkontrolle übernimmt. In Deutschland ist das bislang nur auf Autobahnen und unter strengen Auflagen zulässig. Bosch und Volkswagen wollen bei einer Lockerung der gesetzlichen Rahmenbedingungen rasch hochskalieren.

Derzeit bleibt autonomes Fahren in Stufe 3 ein Luxus: Mercedes verlangt für seinen Autopiloten Aufpreise von bis zu 8.800 Euro, BMW bietet die Technologie ebenfalls zunächst nur in der Oberklasse an. Tesla setzt zwar mit seinem kamerabasierten „Full Self-Driving“-System (FSD) auf ein günstigeres Konzept, beschränkt sich aber auf Level-2-Funktionen – und wartet in Europa weiterhin auf die Zulassung.

Bosch und VW hingegen planen, die Kosten durch hohe Stückzahlen und standardisierte Plattformen deutlich zu senken. Die Preisgestaltung liegt letztlich bei den jeweiligen Marken: Im Einstiegssegment dürften eher niedrigere Automatisierungslevel angeboten werden, während Premiumfahrzeuge die volle Technikpalette erhalten. Die KI-Software „Made in Germany“ soll zudem auch anderen Herstellern offenstehen – für Bosch ein potenziell lukratives Zusatzgeschäft.

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Schaltzentrale der Innovation: In der Bosch-Zentrale laufen die Fäden für die Entwicklung des neuen KI-basierten Autopiloten zusammen.

- © Bosch

KI made in Germany: Wie Bosch und VW die Kontrolle zurückholen

Volkswagen und Bosch entwickeln ihre Autopilot-Technologie komplett in Eigenregie – von der Umfeldwahrnehmung über Kamera- und Radarsysteme bis hin zur Steuerung von Lenkung, Antrieb und Bremse. Auch der gesamte Quellcode verbleibt bei den Partnern. Das soll digitale Souveränität sichern und eine Abhängigkeit von US-Tech-Konzernen vermeiden.

Kern der nächsten Entwicklungsstufe ist der umfassende Einsatz moderner KI-Methoden. „Daten und KI sind der Schlüssel, um automatisierte Fahrsysteme zuverlässig und in großem Maßstab auf die Straße zu bringen“, betont Bosch-Technikchef Mathias Pillin. Die Software von Bosch und VW-Tochter Cariad soll ähnlich wie ein Sprachmodell komplexe Verkehrssituationen verstehen, das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer vorhersagen und entsprechend reagieren. Ziel ist ein System, das so sicher, vorausschauend und intuitiv agiert wie ein erfahrener menschlicher Fahrer – und sich durch tägliches Training mit riesigen Datenmengen kontinuierlich verbessert.

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Infobox: Die fünf Level des autonomen Fahrens

Level 0 – Keine Automatisierung

  • Der Mensch steuert vollständig selbst.
  • Assistenzsysteme wie Warnsignale oder Notbremsassistent unterstützen, greifen aber nicht dauerhaft ins Fahren ein.

Level 1 – Fahrerassistenz

  • Einzelne Systeme wie Spurhalteassistent oder adaptiver Tempomat übernehmen unterstützende Aufgaben.
  • Der Fahrer behält jederzeit die volle Kontrolle und Aufmerksamkeitspflicht.

Level 2 – Teilautomatisierung

  • Fahrzeug kann gleichzeitig Lenk- und Beschleunigungs-/Bremsaufgaben übernehmen (z. B. Autobahnassistent).
  • Der Fahrer muss ständig überwachen und eingreifen können.
  • Hände dürfen zeitweise vom Lenkrad, Aufmerksamkeit bleibt Pflicht.

Level 3 – Bedingte Automatisierung

  • Das Fahrzeug kann in definierten Szenarien (z. B. auf bestimmten Autobahnabschnitten) die Fahraufgabe komplett übernehmen.
  • Der Fahrer darf sich anderen Tätigkeiten widmen, muss aber auf Abruf übernehmen können.
  • In Deutschland bisher nur eingeschränkt zugelassen.

Level 4 – Hohe Automatisierung

  • Fahrzeug fährt selbstständig in festgelegten Einsatzgebieten (z. B. Shuttle-Dienste in Städten).
  • Übernahme durch den Fahrer nur in Ausnahmefällen.
  • Keine dauerhafte menschliche Überwachung nötig.

Level 5 – Vollautomatisierung

  • Fahrzeug steuert komplett autonom in allen Verkehrssituationen.
  • Kein Fahrer und keine Bedienelemente erforderlich.
  • Technisch noch nicht serienreif.