Auswirkungen der US-Sonderzölle auf Thyssenkrupp : Thyssenkrupp-Stahlchef Dennis Grimm warnt vor US-Sonderzöllen

Neuer Thyssenkrupp-Sprecher Dennis Grimm

Thyssenkrupp-Stahlchef Dennis Grimm sieht die europäischen Märkte nach der Ankündigung von US-Sonderzöllen auf Aluminium und Stahl unter Druck.

- © Thyssenkrupp

Thyssenkrupp-Stahlchef Dennis Grimm sieht die europäischen Stahlmärkte durch die kürzlich angekündigten US-Sonderzölle auf Aluminium und Stahl massiv unter Druck. Obwohl die Importzölle Thyssenkrupp Steel Europe direkt „nur in geringem Maße“ betreffen, warnte Grimm im Interview mit WDR 5 vor einem deutlichen Umlenkungseffekt: „Es werde einen 'Umlenkungseffekt' geben, den sein Unternehmen und auch der gesamte europäische Wirtschaftsraum spüren werde.“

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Im vergangenen Jahr importierten die USA 23 Millionen Tonnen Stahl. Grimm rechnet damit, dass diese Mengen nun vermehrt auf den europäischen Markt drängen: „Und diese Mengen werden zukünftig zu großen Teilen sicherlich in den europäischen Wirtschaftsraum drängen und damit unsere Märkte hier weiter unter Druck setzen.“

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- © Industriemagazin

Hohe Energiepreise und Überkapazitäten verschärfen die Lage

Neben den drohenden Importwellen aus Drittstaaten betonte Grimm die bereits angespannte Lage der deutschen Stahlindustrie. Die Energiepreise seien in Deutschland zwei- bis dreimal so hoch wie in China und den USA, was die Wettbewerbsfähigkeit weiter schmälere. Hinzu kämen Überkapazitäten auf dem Stahlmarkt: Thyssenkrupp Steel verfügt derzeit über eine Produktionskapazität von 11,5 Millionen Tonnen Stahl, verkauft jedoch nur etwa 9 Millionen Tonnen pro Jahr. Bereits jetzt seien die Märkte durch Billigimporte unter Druck, weshalb das Unternehmen gezwungen sei, seine Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

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Grimm appellierte an die kommende Bundesregierung in Berlin, dringend Maßnahmen zu ergreifen. Er forderte wettbewerbsfähige Energiekosten und einen „zuverlässigen Grenzschutz“, um den Zustrom von Billigimporten zu begrenzen. „Und wir brauchen vor allen Dingen Planbarkeit“, so Grimm weiter. Thyssenkrupp Steel bekenne sich klar zum Standort Deutschland und wolle auch künftig der größte Stahlhersteller Deutschlands bleiben.

Thyssenkrupp Steel vor großem Umbau: Arbeitsplatzabbau und Kapazitätskürzungen

Als Teil des Industriekonzerns Thyssenkrupp steht die Stahlsparte Thyssenkrupp Steel vor einem tiefgreifenden Umbau, der erhebliche Auswirkungen auf die Belegschaft und die Produktionsstruktur haben wird. Ziel des Umbaus ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens in einem zunehmend schwierigen Marktumfeld zu sichern. Ein zentraler Bestandteil der Restrukturierung ist die geplante Reduzierung der Produktionskapazitäten, die angesichts der bestehenden Überkapazitäten auf dem Stahlmarkt notwendig erscheint. Derzeit hält Thyssenkrupp Steel Kapazitäten für 11,5 Millionen Tonnen Stahl vor, produziert jedoch seit Jahren nur etwa 9 Millionen Tonnen.

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Besonders gravierend ist der geplante Abbau von Arbeitsplätzen. Von den aktuell rund 27.000 Beschäftigten sollen etwa 11.000 Stellen abgebaut oder in externe Einheiten ausgegliedert werden. Dies entspricht mehr als einem Drittel der gesamten Belegschaft. Der Arbeitsplatzabbau wird voraussichtlich nicht nur Deutschland, sondern auch internationale Standorte betreffen. Die genauen Details, wie die Stellenstreichungen umgesetzt werden sollen – ob durch natürliche Fluktuation, Frühverrentung oder betriebsbedingte Kündigungen – sind bislang noch nicht veröffentlicht worden.

Neben dem Personalabbau plant das Unternehmen, durch Digitalisierung, Effizienzsteigerungen und Investitionen in grüne Technologien die Produktionsprozesse nachhaltiger und kosteneffizienter zu gestalten. Besonders im Fokus steht dabei der Umbau hin zu einer klimafreundlichen Stahlproduktion, um den Anforderungen an den CO₂-Ausstoß gerecht zu werden und von staatlichen Förderprogrammen zu profitieren.

Thyssenkrupp-Werk in Duisburg 

- © Thyssenkrupp

Direkte Auswirkungen der Zölle für Thyssenkrupp eher gering

Die von US-Präsident Donald Trump im Februar 2025 angekündigten Zölle von 25 % auf Stahl- und Aluminiumimporte haben weltweit für Aufsehen gesorgt. Für den deutschen Industriekonzern Thyssenkrupp dürften die direkten Auswirkungen jedoch begrenzt sein. Thyssenkrupp betont, dass der Hauptabsatzmarkt für seinen Stahl Europa ist. Der Export von Stahlprodukten in die USA sei "vernachlässigbar gering" und betreffe vor allem hochwertige Produkte mit guter Marktposition. Zudem findet ein Großteil der Produktion für US-Kunden innerhalb der USA statt, wodurch potenzielle Zollrisiken minimiert werden.

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Thyssenkrupp unterhält in den USA eine Vielzahl von Standorten, die verschiedenen Geschäftsbereichen zugeordnet sind. Weltweit besitzt der Konzern rund 380 Standorte, von denen etwa 270 Lagerstandorte sind. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Europa und Nordamerika.

Ein Beispiel für die Präsenz von Thyssenkrupp in den USA ist die Thyssenkrupp System Engineering, Inc. in Auburn Hills, Michigan. Dieses Werk wurde 1994 gegründet und beschäftigt etwa 135 Mitarbeiter. Es verfügt über eine Bürofläche von 3.270 m² und eine Produktionsfläche von 10.460 m².

Zudem betreibt Thyssenkrupp Materials North America über 75 Servicezentren in Kanada, Mexiko und den USA. Diese Standorte bieten eine breite Palette von Materialien und Dienstleistungen für verschiedene Industrien an.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Thyssenkrupp in der Vergangenheit einige seiner US-Werke veräußert hat. So wurde beispielsweise das Werk in Calvert, Alabama, das ursprünglich von Thyssenkrupp errichtet wurde, im Jahr 2014 an ein Joint Venture aus ArcelorMittal und Nippon Steel verkauft und firmiert heute unter dem Namen AM/NS Calvert.

Thyssenkrupp-Standort in Michigan

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