TopLine Konferenz : Preiserhöhungen nach wie vor Thema in der österreichischen Industrie

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Inflation, Material, Energie und Lohnkosten weiterhin auf Höhenflug

Nach wie vor werden Inflationsraten, Material-, Energie- und Lohnkostenanstiege in ungeahnter Höhe verzeichnet. Eine kurzfristige Beruhigung ist flächendeckend noch nicht absehbar. In Österreich lag die Inflationsrate im Mai 2022 bei 7,7% und damit auf dem höchsten Stand seit April 1976. Material- und Rohstoffpreise bewegen sich ebenso weiterhin in unvorhergesehenen Höhen, wie etwa die Entwicklung des 24 Rohstoffe umfassenden S&P GSCI Index verdeutlicht: Dieser stieg innerhalb der letzten 12 Monate um 40%, seit März 2020 um 120%. Auch Energie- und Lohnkosten befinden sich auf einem Höhenflug.

Preisanpassungen unvermeidbar


Industrieunternehmen stehen dadurch weiterhin unter großem Druck, Preisanpassungen erfolgreich durchzuführen. Diese unterscheiden sich dabei nicht nur in der Höhe, sondern auch in ihrer Häufigkeit zu Preisanpassungen vor 2020. Nicht selten sehen wir bei unseren Kunden aktuell Preiserhöhungen im zweistelligen Bereich sowie mehrere im Jahr – Ausprägungen, die bis vor einiger Zeit unüblich, wenn nicht sogar undenkbar erschienen.

Viele geplante Erhöhungen scheitern


Doch wie lassen sich höhere Preise bestmöglich durchsetzen? Mit dieser Frage scheinen viele Unternehmen weiterhin überfordert. Das zeigen nach wie vor geringe Durchsetzungsraten von Preiserhöhungskampagnen. Im Rahmen einer Simon-Kucher Kurzstudie gaben nur 5% der befragten Industrieunternehmen an, geplante Preiserhöhungen erfolgreich durchgesetzt zu haben – etwa zwei Drittel der Befragten konnten max. 40% der gesetzten Ziele erreichen. Woran scheitert es? Hier sehen die Unternehmen sowohl Kunden, Wettbewerb, vielfach aber auch sich selbst als Hauptgrund.

Othmar Schwarz ist Partner bei Simon-Kucher & Partners.
OTHMAR SCHWARZ ist Partner bei Simon-Kucher & Partners. Er ist Experte für Strategie, Vertriebs- und Preismanagementthemen und verantwortlich für das österreichische Industriegeschäft. - © Simon-Kucher & Partners

Inflation als Chance nutzen, Preise anzupassen

Will man der Inflation aber einen positiven Effekt abgewinnen, dann diesen: Sie ist kein Geheimnis und gilt für alle. Medien berichten und bewirken einen breiten gesellschaftlichen Diskurs. Dieses Umfeld eröffnet durchaus Chancen, Preiserhöhungen vergleichsweise einfach durchzusetzen. Viele Kunden rechnen de facto sogar damit.

Essenziell aber ist die Herangehensweise: Der Fokus muss auf richtig differenzierter Anpassung statt „platter“ Erhöhung liegen. Ebenso muss der Vertrieb hinter das Unternehmen gebracht und eine Preiserhöhung beim Kunden als zwingende Notwendigkeit kommuniziert werden.

1. Differenzierung statt Gießkanne

Einen Grundsatz können und sollten Unternehmen bei Preiserhöhungen absolut immer berücksichtigen: Die richtige Differenzierung auf unterschiedlichen Ebenen erhöht den Erfolg einer Preisanpassung enorm.

Das ist einerseits die Produktebene: Nicht alle Produkte dürfen gleichbehandelt werden, vielmehr empfiehlt es sich, besonders „Renner“-Artikel, die stark im Kundenfokus stehen und einem hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind, nicht (zu) stark anzuheben. Bei Produkten, die nur selten am Markt erhältlich sind (zum Beispiel Eigenteile mit hoher Komplexität oder Auslaufprodukte), sind hingegen deutlichere Preiserhöhungen möglich.

Andererseits muss Differenzierung auf der Kundenebene erfolgen: Key Accounts erfordern eine andere Herangehensweise als kleinere, unrentable Kunden. Transparenz über die jeweils erzielte Kundenmarge ist hier eine wichtige Information für die Differenzierung auf Kundenebene.


2. Den Vertrieb hinter die Initiative bringen

Letztendlich ist es der Vertrieb, der mit den Kunden die Preisverhandlungen führt. Statten Sie diesen daher mit Argumenten und Verhandlungsrichtlinien aus, um optimale Ziele zu erreichen. Dazu gehören zum Beispiel ein Verhandlungsfahrplan und Argumentationsleitfäden. Legen Sie klare Ziele für die Preisdurchsetzung fest, stärken Sie das Selbstvertrauen durch Schulungen und belohnen Sie Erfolge durch zielgerichtete Anreize.

Portrait Julia Buchner, Simon-Kucher
JULIA BUCHNER ist Senior Manager bei Simon-Kucher & Partners. Ihr Fokus liegt auf Strategie-, Vertriebs- und Preisoptimierungsprojekten in B2B-Industrien. - © Simon-Kucher & Partners

3. Kommunikation der Erhöhung als zwingende Notwendigkeit

Ein nicht unüblicher Grund, warum Preiserhöhungen scheitern, ist, dass Kunden keine konkreten Gründe genannt werden. Die aktuelle Entwicklung liefert hier die besten Argumente: Führen Sie einen detaillierten „Market Development Check“ durch, um alle Informationen griffbereit zu haben. Bereiten Sie eine ausführliche und kundenspezifische Unterlage vor: Wie lange haben Sie für die Produkte des jeweiligen Kunden schon keine Preiserhöhung mehr vorgenommen? Wie haben sich Preisindizes aus der Branche des Kunden entwickelt, welche Steigerungen gab es bei Rohstoffpreisen insgesamt, aber auch bei Wettbewerbern oder Zulieferern? Darauf basierend kann eine überzeugende Storyline entwickelt werden, die einheitlich für alle Ihre Vertriebsmitarbeiter die optimale Rechtfertigung für Ihre Preiserhöhung darstellt und die Notwendigkeit klar macht.


Jetzt überlegt handeln

Die Inflation und die derzeitige Kostensituation bringen bei allen Herausforderungen auch Chancen. Werden die wichtigsten Erfolgsfaktoren beachtet, schaffen Sie damit die Basis, Preiserhöhungen erfolgreich und nachhaltig zu implementieren, heikle Verhandlungen zu bewältigen und die Beziehungen zu Ihren Kunden zu wahren.

    Die globale Strategieberatung Simon-Kucher & Partners hat einen klaren Fokus auf TopLine Power®️. Laut mehrerer Studien unter Top-Managern (Industriemagazin, manager magazin, Wirtschaftswoche, brand eins) zählt Simon-Kucher zu den besten Marketing- und Vertriebsberatern und ist führend im Bereich Pricing und Wertsteigerung. Die Unternehmensberatung ist mit über 1.700 Mitarbeitern in 42 Büros weltweit vertreten.