Open Source : Mehr Respekt bitte!

Julian Feinauer, Gründer und Geschäftsführer von pragmatic industries

Julian Feinauer, Gründer und Geschäftsführer von pragmatic industries

- © Feinauer

Verehrte Maschinenbauer, liebe Automatisierer und Komponentenhersteller, wir müssen über Open Source sprechen. Ihr nutzt die Libraries gerne, verdient damit viel Geld, aber es mangelt seit einiger Zeit an Respekt und Wertschätzung für die Arbeit der Entwickler.

Alles fing im Dezember an. Ach, stimmt gar nicht, mir liegt das Thema schon länger im Magen. Aber am Ende des Jahres war ich ziemlich sauer. Alle von Euch waren von Log4J geschockt und schnell wurde die Open Source Community scharf kritisiert. Man könne sich nicht auf uns verlassen, hieß es da bei einigen von Euch. Aber: Die Community leistete schnell Abhilfe. Das habt ihr wohl übersehen. Wer jetzt wieder in proprietären Systemen denkt und hofft, damit schneller Sicherheitslücken schließen zu können, irrt sich gewaltig.

Log4J war der berühmte Tropfen. Aber es rumort schon länger in den Entwickler-Communities. Der Ton von Unternehmen gegenüber Entwicklern, die in ihrer Freizeit arbeiten, wird immer rauer, immer fordernder. Open Source steht für mich am Scheideweg und wir sollten uns schnell überlegen, in welche Richtung wir wollen. Wir erleben einen Interessenskonflikt Corporate vs. Humans.

Open Source lebt von einer aktiven Community. Ohne diese könnt auch ihr nicht Eure Produkte entwickeln und vermarkten. Wir brauchen mehr Wertschätzung. Was soll das heißen? Es wäre toll, wenn mir mal Success-Stories publizieren dürften, es wäre großartig, wenn mal ein Dankeschön ausgesprochen wird. Aber warme Worte reichen nicht. Es geht auch um Geld.

Im Januar löschte bzw. manipulierte ein Entwickler seine Projekte. Er war in einer Notsituation, bat um Spenden, doch niemand – auch die ganz großen Firmen wollten ihm nicht helfen. Dabei verdienen sie mit der Entwicklung viel Geld. Die Geschichte macht schnell die Runde. Und auch in der Industrie gibt es Entwickler, die hinschmeißen bspw. bei PLC4X. Das muss Euch jetzt erstmal nicht beunruhigen, weil es ja ein Foundation Projekt ist, aber wenn immer mehr gute Entwickler sich verabschieden, dann stirbt ein Projekt, dann stirbt eine Infrastruktur, auf die ihr Euch immer verlassen konntet.

Was braucht es also finanziell? Ihr könntet uns bei Hardware-Anschaffungen unterstützen, Trainings oder Beratung bei uns bestellen. Das würde schon helfen. Wir wollen nicht betteln, wir wollen aber auch nicht ausgenutzt werden.

Open Source ist für mich vergleichbar mit Kultur. Sie ist der gesellschaftliche Kit. Ohne Kultur kann unsere Gesellschaft nicht funktionieren. Wir müssen uns Kultur aber auch leisten wollen. Ich bin davon überzeugt, Open Source sollte kein reines Corporate Thema werden. Wir brauchen die vielen Hobbyentwickler da draußen, denn ohne ihre Expertise verlieren wir an Wettbewerbsfähigkeit, an Wohlstand. Deshalb müssen wir uns diese Open Source Kultur leisten.