Personalia : Ametsreiter verlässt Vodafone Deutschland

ABD0027_20170919 - Hannes Ametsreiter, CEO von Vodafone Deutschland, spricht am 19.09.2017 in Dresden (Sachsen) w?hrend der Konferenz IEEE 5G Summit Dresden. Die Konferenz dient dem Austausch von rund 400 Wissenschaftlern und Industrievertretern, um das Mobilfunknetz er f?nften Generation (5G) voranzubringen. Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Hannes Ametsreiter

- © APA/Monika Skolimowska

Der gebürtige Österreicher Hannes Ametsreiter war seit 1. Oktober 2015 Chef von Vodafone Deutschland. Nach fast sieben Jahren verlässt den Konzern, um sich neuen Aufgaben im Private-Equity- und Investorenbereich im Telko- und Tech-Sektor zu widmen. Zugleich war er auch Mitglied des Konzernvorstandes ("Exekutive Committee") der weltweit tätigen britischen Vodafone Group.

"Ich habe mich entschlossen, Vodafone zu verlassen. Um mit Mitte 50 noch einmal etwas Neues zu beginnen", postete Ametsreiter auf LinkedIn. "[Ich will mich] im Wachstumsbereich, im Telko- und Tech-Bereich engagieren, als Investor und Shareholder tätig sein", erklärte er. Er verlasse Vodafone "in tiefer Dankbarkeit".

Korruptionsaffäre und Aufräumarbeiten

Anfang 2001 zog Ametsreiter als Vertriebschef in den Vorstand der Telekom Austria (damals eine Schwesterfirma der Mobilcom) unter Boris Nemsic ein. 2006 wurde Nemsic Chef des gesamten Telekom-Konzerns und machte Ametsreiter Mitte 2007 zum Konzern-Marketingvorstand. Am 1. Jänner 2009 wechselte Ametsreiter an die Spitze der Festnetz-Sparte der TA Austria AG.

Als Nemsic im März 2009 überraschend das Unternehmen verließ und zum russischen Mobilfunker VimpelCom wechselte, übernahm Ametsreiter von ihm die Führung im Zweier-Vorstand der TA-Gruppe.

Als Nachfolger von Boris Nemsic musste Ametsreiter aber einen guten Teil seiner Arbeitszeit den Aufräumarbeiten nach einer Korruptionsaffäre im Zusammenhang mit dubiosen Aufträgen an den Lobbyisten Peter Hochegger widmen. Ametsreiter selbst ging aus der Affäre unbeschadet hervor, ebenso aus einem Skandal um Kursmanipulationen im Jahr 2004, für die mehrere hochrangige Telekom-Manager verurteilt wurden.

Unter Ametsreiters Führung erfolgten auch wesentliche Weichenstellungen für die Telekom Austria: Er fusionierte 2010 die getrennten Festnetz- und Mobilfunkgesellschaften in Österreich zur A1 Telekom Austria AG und vergangenen Herbst wickelte er die eine Milliarde schwere Kapitalerhöhung ab.

Prägend für die Zukunft des Unternehmens war zuletzt der Einstieg des mexikanischen Telekom-Konzerns America Movil des Milliardärs Carlos Slim.

Plötzlicher Wechsel von Telekom Austria zu Vodafone Deutschland

Hannes Ametsreiter trat am 31. Juli 2015 als Chef der Telekom Austria zurück, offiziell wollte er sich beruflich umorientieren. Der plötzliche Rücktritt solle aber mit dem Druck des Telekom-Mehrheitsaktionärs América Móvil zu tun gehabt haben, wie die Presse berichtete. América Móvil des Mexikaners Carlos Slim ist seit Ende 2012 im Telekom-Boot und lenkt die Geschicke des Konzerns mit 59,7 Prozent der Telekom-Anteile.

Das Unternehmen hatte dabei besonders viele Anteile von Aktionär Ronnie Pecik erworben und so seine Macht ausgebaut. Pecik war dabei immer schon offenbar skeptisch, was Ametsreiter als CEO angeht; so hat er etwa in einem Interview gesagt: „Ich halte das Unternehmen für unterbewertet und undermanaged. Es gehört eine bessere Führung her.“ Der „Presse“ gab er einst zu Protokoll, er würde Ametsreiters Job „um einen Euro“ machen. Pecik vertritt dabei die Interessen des mexikanischen Konzerns im Aufsichtsrat.

Im Frühling 2014 schließlich päppelte América Móvil die Telekom Austria mit rund einer Milliarde Euro auf – und es kam zu einem Syndikatsvertrag mit der damaligen Staatsholding ÖIAG (jetzt ÖBIB), die 28,4 Prozent an der Telekom hält. Dies festigte die Machtübernahme durch die Mexikaner: Acht von zehn Kapitalvertretern im Aufsichtsrat wurden von ihnen ernannt; zwei von drei Vorstandsmitgliedern sind ebenfalls mexikanische Kandidaten. Durch diesen Vertrag durfte Ametsreiter bei Stimmengleichheit im Vorstand auch nicht mehr alleine entscheiden, was einem Machtentzug für den Telekom-Chef gleich kam.

Seine Laufbahn bei Telekom Austria beendete der Österreicher vorzeitig, denn sein Vertrag wäre noch bis 2016 gelaufen. Bereits kurze Zeit später, am 1.Oktober des selben Jahres, trat Ametsreiter seine neue Position als Vodafone Deutschland-Chef in Düsseldorf an. Zudem wurde Mitglied des erweiterten Vorstandes der Vodafone Group in England. Dem Gremium gehören unter anderem der Europa-Chef und der Asien-Chef an.

"Dieses Kapital werde ich in den nächsten Monaten zu Ende schreiben."
Hannes Ametseder, ehem. CEO Vodafone Deutschland

Zeit für neue Wege

Er habe "viel nachgedacht in den letzten Wochen" - über sein Vierteljahrhundert in der Telekommunikation und seine fast sieben Jahre bei Vodafone. "Jahre, in denen ich die Ehre hatte, mit 16.000 der fantastischsten Kollegen des Planeten zusammen zu arbeiten. So schwer es mir fällt: Dieses Kapital werde ich in den nächsten Monaten zu Ende schreiben", so Ametsreiter.

Unter Ametsreiters Führung konnte Vodafone seinen Service-Umsatz von 9,8 auf 11,5 Milliarden Euro steigern und 5,7 Millionen Kunden im Mobilfunk und Festnetz gewinnen. Mit 62 Millionen SIM-Karten im Markt und einer EBITDA-Marge von 44,9 Prozent ist Vodafone mittlerweile das größte Mobilfunk- und Telekommunikations-Unternehmen in Deutschland.

2016 begann Ametsreiter mit der Neuausrichtung des Unternehmens als Gigabit Company. Er arbeitete zunächst an dem bestehenden Kabel-Netz den ersten bezahlbaren und massenmarktfähigen Gigabit-Geschwindigkeiten in Deutschland. Daneben begann er, vor allem auf dem Land, das Vodafone-Netz um mehr als 300.000 Glasfaser-Anschlüsse zu erweitern. Mit der Übernahme der Unitymedia 2019 führte Ametsreiter das zuvor regional zersplitterte Kabel-Netz wieder zusammen. Unter seiner Führung schaffte Vodafone als erster die Roaming-Gebühren ab und öffnete sein Netz allen Kunden für maximale Geschwindigkeiten. 2019 startete er das erste kommerzielle 5G-Netz in Deutschland und brachte es in Unternehmen, Autos, Züge genau wie in mittlerweile Millionen Haushalte.

Nachfolgen soll Ametsreiter mit Wirkung vom 1. Juli 2022 Philippe Rogge als neuer CEO von Vodafone Deutschland und Mitglied des Group Executive Committee, hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens. Der neue CEO kommt von Microsoft und war dort über zehn Jahre lang tätig. In den letzten fünf Jahren in der Rolle des Präsidenten für Zentral- und Osteuropa. Von Deutschland aus leitete er Vertrieb, Vertriebskanäle und Marketing. (apa/red)