Kunststoffindustrie : Continental: "Bisher keine Auffälligkeiten" bei Industrieschläuchen

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Continental: Die Qualitätsprobleme betreffen Schläuche für Betankungs-, Wasser- und Dampfleitungen im Maschinenbau, der chemischen Industrie und der Getränkeindustrie.

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Beim deutschen Autozulieferer und Kunststoffspezialisten Continental weiten sich die Qualitätsprobleme bei Schläuchen aus. Das Unternehmen habe festgestellt, dass die vorgesehenen Normen für Prüfprozesse von Industrieschläuchen am ContiTech-Spartenstandort Korbach nicht immer eingehalten wurden, teilten die Hannoveraner am Montag mit. So seien etwa Schläuche nicht durchgängig mit der vorgegebenen Häufigkeit geprüft worden.

Seit Februar führt das Unternehmen erweiterte Qualitätstests bei allen Schlauchtypen durch, nachdem Probleme bei der Reinheit von Schläuchen für Klimaanlagen aufgetreten waren. Diese hatte Conti vor dem Wochenende bestätigt, nachdem das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" darüber berichtet hatte.

"Zum aktuellen Zeitpunkt liegen keine Anzeichen vor, dass es beim Einsatz von Industrieschläuchen bei Kunden zu Auffälligkeiten gekommen ist", hieß es vom Dax-Konzern. Es gehe unter anderem um Schläuche für Betankungs-, Wasser- und Dampfleitungen. Die Kunden kämen aus dem Maschinenbau, der chemischen Industrie und der Getränkeindustrie. Im Jahr 2021 trug die Schlauchproduktion in Korbach einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag zum Konzernumsatz bei.

Als Vorsichtsmaßnahme hat Conti nun den Verkauf und die Auslieferung von betroffenen Schläuchen aus Korbach ausgesetzt, bis die Einhaltung der Prüfprozesse sichergestellt ist. Eine unabhängige Prüfgesellschaft soll das begleiten. Kunden und erste zuständige Behörden seien informiert worden. Die zusätzlichen Prüfungen sollen die gesamte Konzernsparte ContiTech betreffen.

Intern Qualitätstests manipuliert?

"Wir sind in unserem Unternehmensbereich ContiTech in der Produktion von Schläuchen und Leitungen den Anforderungen nicht gerecht geworden", räumte Conti-Vorstandschef Nikolai Setzer in einem Statement ein. Es gehe nun darum, Vertrauen zurückzugewinnen.Vor dem Wochenende hatte Conti interne Untersuchungen rund um Schläuche für Klimaleitungen bestätigt - in dem Fall waren bereits personelle und technische Konsequenzen gezogen worden. Die mit Kunden vereinbarten Reinheitsanforderungen für derartige Schläuche hatte Conti über längere Zeit nicht eingehalten, offenbar hatten Mitarbeitende die internen Qualitätstests manipuliert.

Die Compliance - also die Aufsicht über die Regeltreue des Unternehmens - ist seit einiger Zeit im Zuständigkeitsbereich von Konzernchef Setzer angesiedelt. Bei Conti laufen derzeit weitere interne Untersuchungen zur Verwicklung in den VW-Dieselskandal - rund um eine mögliche Beteiligung von Conti-Mitarbeitenden ermittelt auch die Staatsanwaltschaft. Darin geht es auch um die Art und Weise der Aufarbeitung durch den Konzern.

Über 15 Jahre "verunreinigte Teile für Klimaanlagen" geliefert?

Der Autozulieferer Continental hat einem Magazin-Bericht zufolge offenbar über 15 Jahre hinweg Autokonzerne mit verunreinigten Teilen für Klimaanlagen beliefert. Um die Qualitätsmängel zu kaschieren, sollen Testergebnisse im großen Stil manipuliert worden sein, berichtet der "Spiegel" vorab unter Berufung auf eine interne Untersuchung des Konzerns.

Eine Taskforce sei Ende 2021 zu dem Schluss gekommen, dass gut 69 Prozent der Serienproduktion zu diesem Zeitpunkt nicht die erwünschten Sauberkeitswerte erreichten. Zu den Kunden zählten demnach BMW, Mercedes-Benz, VW und Renault sowie asiatische Hersteller. Die Zahl der Fahrzeuge, in denen die mangelhaften Teile seit 2006 verbaut worden seien, dürfte dem Bericht zufolge in die Millionen gehen.

Conti bestätigte "Abweichungen bei den Klimaleitungssystemen", die von Beschäftigten selbst festgestellt und der Compliance-Abteilung gemeldet worden seien. Man habe personelle und technische Konsequenzen gezogen. "Je nach Untersuchungsergebnis können weitere folgen." Die zuständigen Behörden sowie die betroffenen Kunden seien umgehend informiert worden. Das Unternehmen betonte, dass bei den betroffenen Klimaschläuchen zu keiner Zeit Gefahr für die Fahrzeuginsassen, die Sicherheit im Straßenverkehr oder die Umwelt bestanden habe, da das Produkt in einem geschlossenen Klimakreislauf verbaut sei. Die Schmutzpartikel im Mikro-Bereich seien nicht in die Atemluft gelangt. Ein Rückruf der betroffenen Fahrzeuge sei nicht nötig, sagte ein Conti-Sprecher. Die Funktionsfähigkeit der Klimaanlagen sei "nicht nennenswert eingeschränkt".

Das Magazin berichtete weiter, im Zentrum der Affäre stehe die Konzerntochter ContiTech, dort seien die Manipulationen offenbar sogar Führungskräften bekannt gewesen. Die Staatsanwaltschaft Hannover sei über den Fall in Kenntnis gesetzt. Eine Sprecherin der Behörde sagte auf Anfrage, der Fall sei nicht Gegenstand des laufenden Ermittlungsverfahrens gegen Continental. Die Staatsanwaltschaft hatte ihre schon länger laufenden Ermittlungen im Dieselskandal im vergangenen Herbst auf Ex-Konzernchef Elmar Degenhart, den abberufenen Finanzvorstand Wolfgang Schäfer sowie einen früheren Vorstand der ehemaligen Sparte Powertrain ausgeweitet. Inzwischen hat sich die Zahl der Beschuldigten in diesem Verfahren nach Angaben der Ermittlungsbehörde auf 61 erhöht.