Materialknappheit : Supply Chains der Industrie entspannen sich

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Auch wenn in China die nächste Runde der Covid-Lockdowns beginnt: Die Supply Chains der Industrie sind entspannt wie seit April 2021 nichtmehr.

- © Ng Han Guan / AP / picturedesk.com

Materialmangel in der deutschen - und damit auch der heimischen - Industrie lässt etwas nach: Im vergangenen Monat berichteten nur noch 59 Prozent der vom deutschen IFO-Institut monatlich befragten Unternehmen von Knappheit - deutlich weniger als im Oktober und der niedrigste Wert seit April 2021. "Die Zahlen machen Hoffnung. Dennoch kann noch nicht von einer tiefgreifenden Entspannung gesprochen werden", sagt Umfragenleiter Klaus Wohlrabe am Mittwoch. "Viele Aufträge können noch immer nicht abgearbeitet werden."

In der Autoindustrie stieg der Anteil der Unternehmen mit Materialmangel im November: Von 75 auf 83 Prozent. Im Maschinenbau berichteten 79 Prozent der Unternehmen, dass sie nicht alle Materialien und Vorprodukte bekommen. Auch bei den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen sowie elektronischen und optischen Erzeugnissen und bei den Getränkeherstellern liegt der Anteil über 70 Prozent. In der Metallerzeugung und -bearbeitung dagegen hat sich die Situation entspannt: Mit 16 Prozent liegt der Anteil der Unternehmen mit Materialmangel so niedrig wie zu Beginn der Beschaffungskrise.

Derzeit sind die Auftragsbücher der Industrie ungeachtet der sich abzeichnenden Rezession so gut gefüllt wie noch nie, während sich die globalen Frachtraten - ein Indikator für die Angespanntheit der weltweiten Wertschöpfungsketten - derzeit im freien Fall befinden: Schiffscontainer auf globalen Routen sind mittlerweile fast so günstig wie vor der Cononapandemie. Wurden für einen Standardcontainer auf der von Route Shanghai nach Rotterdam, Hamburg oder Antwerpen Anfang des Jahres in der Spitze noch Preise bis zu 8000 Dollar gezahlt, so sankt dieser im Schnitt in der Vorwoche auf nur noch 1200 Dollar.

Der Shanghai Containerized Freight Rate Index, einer der wichtigsten Gradmesser der globalen Schiffahrt, sank diese Woche auf den Wert 1230 – und befindet sich damit nur noch knapp über dem Level vor dem Ausbruch der Coronapandemie – aber deutlich unter jenen Werten, die in den Boomjahre 2010 und 2012 gemessen wurden. Die Ursachen für die Normalisierung der Containerpreise sind vielfältig: Ein deutlich gesunkener Containerumschlag führt derzeit zur Auflösung der unzähligen Staus vor den Häfen setzt derzeit Container und Frachtkapazitäten frei. Im November warteten in Europa nur noch sieben Prozent aller Containerschiffe vor den Häfen auf Abfertigung – in den Sommermonaten waren es noch 14 Prozent. "Der recht deutliche Rückgang des Containerumschlags im Oktober könnte auf den Beginn einer weltwirtschaftlichen Schwächephase im Winterhalbjahr hindeuten", sagte Torsten Schmidt, Chef des RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik. "Die stark gestiegenen Energiepreise belasten die Produktion weltweit und dürften nun auch den Welthandel in Mitleidenschaft ziehen."

Der Preissturz in der Containerschifffahrt ist eine gute Nachricht für die heimische Industrie: Die hohen Kosten aber vor allem die unsichere Verfügbarkeit lähmten Branchen mit hohem Grad an Arbeitsteilung, wie etwa die Elektronikindustrie. Deren Lieferschwierigkeiten zogen sich in nahezu alle Branchen der produzierenden Wirtschaft.

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