Frage: Jetzt wird es also ernst. Das erste Produkt ist angekündigt, die Plattform steht. Nicht weniger als die Demokratisierung der Robotik ist das Ziel. Das ist ambitioniert.
Kroeger: Ich muss präzisieren: Wir wollen den Zugang zur Robotik demokratisieren. Wir haben in der Robotik viele Fortschritte gemacht, Sensoren installiert, können Machine Learning oder Deep Learning nutzen, Roboter arbeiten mit Menschen zusammen, aber wir haben es immer noch nicht geschafft, die Programmierung zu vereinfachen. Bei uns kann der Domänenexperten für den Arbeitsvorgang den Roboter programmieren.
Frage: Also ein Tool, eine Plattform für die Laien?
Kroeger: Nein, für Profis und Anfänger. Auch die Profis sehnen sich nach einfachen Programmierumgebungen, die ihre Arbeit effizienter machen.
Frage: Gefühlt an jeder Ecke entstehen Plattformen in der Industrie. Die meisten sind bis dato nicht sehr erfolgreich. Warum ist das bei Intrinsic anders?
Kroeger (lacht): Es gibt unzählig viele Definitionen von Plattformen. In der Robotik existieren sehr viele unterschiedliche Use Cases. Jede Anwendung setzt sehr viel Domänenwissen voraus. Unsere Plattform ist das Backbone dieser Entwicklung.
Frage: So wie ROS?
Kroeger: Vielleicht in Zukunft wie ROS, aber mit Safety und Security, MLOps-Pipeline und einer Deployment-Strategie und unser erstes Produkt ist Flowstate, das auf der Plattform entwickelt wurde.
Frage: Was mich beeindruckt hat, ist, wie Intrinsic die Visualisierung Gazebo in Flowstate integriert hat. Was kann das Produkt noch?
Bischoff: Flowstate ist eine webbasierte Entwicklungsumgebung – vom Design, über die Simulation, das Building, das Deployment bis zur Operation. Der User lädt die CAD-Datei hoch und kann sehr einfach seine Anwendung entwickeln. Das ist einzigartig am Markt. Dank der Weboberfläche ist die Zusammenarbeit unter den Entwicklern sehr einfach und sie greifen immer auf die gemeinsame Datenbasis zu.
Frage: Die UX hat mich überzeugt, der Wechsel von Programmierung zur Visualisierung. Aber kann ich dann auch im System meine Safety machen?
Bischoff: Noch nicht in der Beta-Version, doch wir arbeiten auch hier daran, entsprechende Schnittstellen für Entwickler anzubieten.
Frage: Was ist mit den vielen Startups, die sich auf Robotikanwendungen spezialisieren?
Bischoff: Die sollen das weiter tun, aber sie müssen dank uns nicht mehr die “Klempnerarbeiten” an der Infrastruktur machen. Das Knowhow sollte in ihr Robotik-Produkt fließen und nicht in die Infrastruktur.
Frage: Erinnert mich an andere Robotik-Plattformen.
Bischoff: Ja, aber wir sind nicht auf einen Robotikbauer fixiert. Wir setzen auf Interoperabilität auf der Plattform.
Frage: Aber die Robotikbauer öffnen kaum ihre Systeme, lassen sich immer weniger reinschauen. Offen sind nur wenige Anbieter. Ist das ein Problem für Intrinsic?
Bischoff: Nein, wir denken hier an zwei Wege. Wir setzen uns mit einer Box neben den Roboter und verbinden uns, und wir bieten ein Control-Framework an, das von allen Anbietern genutzt werden kann.
Frage: Und wer baut diese Box oder Controller?
Bischoff: Da gibt es keine Präferenz. Es ist ein Industrie PC.
Frage: Die Robotikszene setzt auf Machine Learning, um Robotikanwendungen noch besser zu machen. Auch in Ihrer Produktpräsentation war das Thema präsent und mit Alphabet verbinden die meisten Leserinnen und Leser wohl das Thema KI.
Kroeger: Unsere Aufgabe ist es, Roboter flexibler zu machen. Dafür brauchen wir Machine Learning. Unser Controller kann Echtzeitdaten verarbeiten, und die Modelle können in Flowstate gebaut oder in bestehenden Anwendungen genutzt werden. Ein Beispiel ist die visuelle Wahrnehmung: Mit dem Upload eines CAD-Modells kann der User anfangen, ein Machine Learning Modell zu trainieren und später zu deployen – in weniger als zehn Klicks mit der Maus. Die Intrinsic-Infrastruktur unterstützt ihn, nimmt Komplexität raus und managt die Daten und das Deployment. In den nächsten Wochen reichern wir die Lösung mit noch mehr Machine Learning-Lösungen an.
Frage: Sprechen wir von synthetischen Daten aus der Visualisierung?
Bischoff: Ja, auf Basis der CAD-Daten eines zu erkennenden Produkts werden über eine ML-Pipeline Millionen synthetischer Bilder erzeugt, mit deren Hilfe ein Produkt in den unterschiedlichsten Situationen in Bezug auf Hintergrund und Belichtung präzise in seiner Position und Orientierung für Produktionszwecke erkannt werden kann.
Frage: Produktion ist das Stichwort: Comau ist der erste Partner – Systemanbieter und Integrator. Die Italiener sind sehr stark in der Automobilindustrie. Ist das die wichtigste Kundenzielgruppe?
Kroeger: Es ist eine wichtige Kundenzielgruppe, aber dank der Offenheit unserer Lösung glauben wir, dass wir auch für viele Maschinenbauer attraktiv sein werden, denn diese haben oft sehr unterschiedliche Anwendungen in der Produktion, die durch Roboter unterstützt werden könnten. Hier müssen Roboter häufig an neue Aufgaben angepasst werden.
Frage: Flowstate ist das erste Produkt. Was kommt da noch?
Kroeger: Lasst uns das Produkt zum Erfolg führen, dann kommt mehr (lacht).
Frage: Und wie komme ich jetzt auf die Plattform oder wie kann ich Flowstate nutzen?
Bischoff: Sie können sich jetzt bewerben und bekommen einen Zugang von uns.