Pharmaindustrie : Nächste Übernahme bei Bayer in den USA - Zeitgewinn bei Glyphosat

Der deutsche Bayer-Konzern übernimmt zur Stärkung seines Pharmageschäfts die restlichen Anteile an dem US-Biotechunternehmen BlueRock Therapeutics. Das deutsche Unternehmen legt dafür zunächst 240 Mio. Dollar (214 Mio. Euro) auf den Tisch, weitere 360 Mio. Dollar werden beim Erreichen bestimmter Meilensteine fällig.

BlueRock wird damit - inklusive des Anteils über 40,8 Prozent, den Bayer bereits hält - mit bis zu eine Milliarde Dollar bewertet. Die US-Firma war 2016 als Gemeinschaftsunternehmen von Bayer und der Investmentgesellschaft Versant Ventures mit einer Finanzspritze von 225 Mio. Dollar gegründet worden. Der Abschluss des Deals wird im Laufe des dritten Quartals erwartet, wie Bayer am Donnerstag mitteilte.

BlueRock hat sich auf die Entwicklung von Therapien auf Basis so genannter induzierter pluripotenter Stammzellen spezialisiert. Diese können anders als embryonale Stammzellen nahezu unbegrenzt vermehrt und gezielt in organspezifischen Zellen ausgereift werden. Mit ihnen will BlueRock neuartige Therapien in den Bereichen Neurologie, Kardiologie und Immunologie entwickeln. Das am weitesten fortgeschrittene Programm des Unternehmens soll bis Ende des Jahres in die klinische Erprobung bei Parkinson-Patienten gebracht werden.

Für Bayer ist es das dritte Mal innerhalb kurzer Zeit, dass der Konzern auf dieses Feld setzt. Erst Anfang Juli hatte der Pharmakonzern bekanntgegeben, für 215 Mio. Dollar bei dem US-Krebsspezialisten Century Therapeutics einzusteigen, der sich ebenfalls auf induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) fokussiert. Im April hatte Bayer angekündigt, mit dem kalifornischen Biotech-Startup Khloris Krebsimpfstoffe auf Basis von iPS-Zellen entwickeln zu wollen. Bayer-Pharmachef Stefan Oelrich sagte, der Deal mit BlueRock sei für den Konzern ein Fundament in diesem Bereich, da es sich bei den vorherigen Investments um Minderheitsanteile handle und sich deren Projekte noch in der frühen präklinischen Entwicklung befänden.

Der japanische Wissenschafter Shinya Yamanaka erhielt 2012 den Medizin-Nobelpreis für die Entwicklung der Methode zur Erzeugung von iPS-Zellen. Oelrich sprach von einem der derzeit spannendsten Gebiete in der Biologie. In diesem tummeln sich aber auch schon andere Pharmakonzerne wie Roche oder auch die Hamburger Biotechfirma Evotec, die nach eigenen Angaben über eine der größten iPS-Zellplattformen der Branche verfügt.

Wichtiger US-Glyphosat-Prozess von Bayer wird vertagt

Der nächste US-Prozess um mögliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter wird vertagt. Statt im August soll das Verfahren nun im Jänner stattfinden, wie eine Gerichtssprecherin am Mittwoch bestätigte. Ein konkretes neues Datum für den Prozessauftakt dürfte der zuständige Richter Brian May der Gerichtssprecherin zufolge Ende der Woche bestimmen.

Gründe für die Verschiebung wurden nicht genannt. Zuvor hatten der US-Blog "Right to Know" und die "Wirtschaftswoche" entsprechend berichtet. Auch ein Bayer-Sprecher konnte dazu auf Nachfrage keine Angaben machen. Ob noch andere Verfahren vertagt werden, blieb zunächst unklar. In dem ursprünglich für August angesetzten Prozess macht die Klägerin den Unkrautvernichter Roundup des 2018 von Bayer übernommenen Herstellers Monsanto für ihre Erkrankung an Lymphdrüsenkrebs verantwortlich. Die Gerichtsverhandlung findet in St. Louis statt - der Agrarmetropole, in der Monsanto 1901 gegründet wurde und seinen Hauptsitz hatte.

Das ursprünglich für August geplante Verfahren ist der vierte Glyphosat-Prozess und der erste im US-Bundesstaat Missouri, wo die Landwirtschaft zu den wichtigsten Industriezweigen gehört. Bayer hofft auf einen Heimvorteil, allerdings sind die Jurys in dem US-Bundesstaat auch dafür bekannt, Unternehmen zu hohen Schadenersatzzahlungen zu verdonnern. Die Klägerin Sharlean Gordon macht den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup für ihre Krebserkrankung verantwortlich. Sie hatte erklärt, dass bei ihr Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert worden sei, nachdem sie Roundup rund 14 Jahre lang eingesetzt hatte.

Die bisherigen drei Glyphosat-Prozesse, die alle in Kalifornien stattfanden, hat Bayer in erster Instanz verloren und wurde von den Geschworenen zu hohen Schadenersatzzahlungen verurteilt. Diese wurden später jedoch von den zuständigen Richtern deutlich gesenkt. Bayer sieht sich inzwischen mit insgesamt etwa 18.400 Klägern konfrontiert. Der Konzern hat die Vorwürfe gegen Glyphosat stets zurückgewiesen und darauf verwiesen, dass Zulassungsbehörden weltweit das Herbizid bei sachgemäßer Anwendung als sicher bewerteten. Vorstandschef Werner Baumann hatte zuletzt erklärt, Bayer sei weiter fest entschlossen, sich entschieden zu Wehr zu setzen. Ein Vergleich werde nur in Betracht gezogen, wenn sich dieser in einem vernünftigen finanziellen Rahmen bewege und damit der gesamte Rechtsstreit endgültig beigelegt werden könne. (dpa/reuters/apa/red)