Das Unternehmen hat sich auf Eye-Tracking-Brillen spezialisiert – smarte, leichte Wearables, die in Echtzeit aufzeichnen, wohin ein Mensch blickt, wie er Informationen verarbeitet und welche kognitiven Muster dabei ablaufen. Im zivilen Bereich längst im Einsatz, etwa zur Optimierung von Arbeitsabläufen in der Industrie oder zur Unterstützung im Gesundheitswesen, hat Viewpointsystem in den vergangenen Jahren konsequent den Schritt in den Verteidigungsbereich gewagt. Im Zentrum steht dabei eine klare Zielsetzung: die Verbesserung der situativen Wahrnehmung und Entscheidungsqualität von Einsatzkräften – sei es bei Soldaten, Piloten oder Spezialkräften.
Die Brillen von Viewpointsystem kombinieren Kameras, Infrarotsensoren und smarte Software zu einem System, das nicht nur aufzeichnet, sondern analysiert – und im nächsten Schritt Trainingsrückschlüsse ermöglicht. In realitätsnahen Übungsszenarien kann so beispielsweise analysiert werden, ob der Blick eines Soldaten in einem Raum auf potenzielle Bedrohungen gelenkt ist oder ob Reize wie Licht und Bewegung zu Fehlfokussierungen führen. Ein entscheidender Vorteil, wie Berger betont: „Im Ernstfall zählt nicht, alles zu sehen, sondern das Richtige.“
ABITS
Ein zentrales Projekt in diesem Kontext ist ABITS – ein internationales Forschungs- und Entwicklungsprogramm, das gemeinsam mit Partnern wie Guardiaris aus Slowenien und dem italienischen Sensorik-Spezialisten Smartex betrieben wird. Ziel ist die Entwicklung einer umfassenden Indoor-Trainingslösung, in der Eye-Tracking mit biometrischen Daten wie Puls, Temperatur oder Muskelaktivität verknüpft wird. Finanziert wird das Projekt mit Mitteln aus dem Europäischen Verteidigungsfonds (EDF), durchgeführt wird es in Zusammenarbeit mit den Verteidigungsministerien Österreichs, Sloweniens und Dänemarks. Die Trainingsdaten sollen nicht nur Aufschluss über das aktuelle Leistungsvermögen der Trainees geben, sondern auch langfristig zur Verbesserung von Ausbildungskonzepten beitragen.
Operative Szenarien
Berger denkt weiter. Neben der Ausbildung rücken zunehmend auch operative Szenarien in den Fokus. So ermöglichen die smarten Brillen auch Remote Support – also die Fernunterstützung durch Experten in Echtzeit. In Einsätzen etwa bei der Wartung von Fahrzeugen oder technischen Anlagen im Feld kann ein Techniker durch die Brille mit einem Fachmann am anderen Ende der Welt verbunden werden, der das Sichtfeld des Trägers teilt und präzise Anweisungen gibt. Eine Funktion, die nicht nur die Effizienz, sondern auch die Sicherheit erhöht.
Berger sieht sich mit Viewpointsystem an der Schwelle zu einem Technologiewandel in der Verteidigung. „Wir müssen den Faktor Mensch nicht durch Technik ersetzen – wir müssen ihn durch Technik stärken“, erklärt er. In der Praxis bedeutet das: Menschliche Intuition, Reaktion und Urteilsvermögen werden durch datenbasierte Analyse und gezielte Optimierung ergänzt – ein Ansatz, der im militärischen Kontext auf großes Interesse stößt.
Dass Eye-Tracking dabei zu einem strategischen Tool im Verteidigungsbereich werden könnte, erscheint – angesichts der Entwicklungen der letzten Jahre – alles andere als utopisch.