Green tech : So steigert die Industrie die Nachhaltigkeit in der Produktion

Wasserstoffrückführung in den Brenner des Etagenofens bei Treibacher
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Wasserstoffrückführung in den Brenner des Etagenofens bei Treibacher
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Die neuen europäischen Vorgaben zur Ressourceneffizienz hätten eigentlich schon gereicht, um Europas Produktionsindustrie die Extrameile beim betrieblichen Gebrauch von Energie gehen zu lassen. Mit den globalen Umwälzungen der letzten Monate verschärft sich der Druck auf Unternehmen, Prozesse zu durchleuchten und die energetischen Bilanzen aufzupolieren. Wir haben uns fünf aktuelle Projekte zur Nachhaltigkeit angeschaut - sie alle laden ein, näher hinzuschauen.
Mondi, Frantschach: Effizientere Zellstoffproduktion
Mondi Frantschach, der Kärntner Produktionsstandort des internationalen Verpackungs- und Papierherstellers Mondi, investiert 20 Millionen Euro in nachhaltigere Produktionsbedingungen. Mit Hilfe der neuen Anlageteile gelingt es, die Zellstoffproduktion noch effizienter und nachhaltiger zu machen. Die Modernisierung und Erweiterung der Eindampfanlage, die in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Maschinenhersteller Andritz erfolgt, erhöht den ausgekoppelten Wärmeanteil bei gleichzeitiger Reduktion der benötigten Frischdampf-Menge. Damit einher geht die Verringerung des chemischen Sauerstoffbedarfs um jährlich 140 Tonnen in der biologischen Abwasserkläranlage.
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PLUS: So ticken die Ökos der Industrie
Mondi Frantschach produziert bereits seit Jahren vollkommen energieautark und versorgt mit der überschüssigen Wärme aus der Zellstoffproduktion auch umliegende Gemeinden und Industriebetriebe.
Ausschlaggebend für die nun bekanntgegebene Investition ist auch die dadurch mögliche noch effizientere Nutzung von Holz. Holz ist der wichtigste Rohstoff einer Zukunft, die auf erneuerbaren Rohstoffen fußt und ohne fossile Rohstoffe auskommt. Eine Schlüsselrolle spielt dabei Ressourceneffizienz. Mondi sieht sich als Vorreiter in der Bioökonomie, indem beispielsweise den Anteil der Nebenprodukte aus der Zellstoffproduktion erhöht wird.“ Im konkreten Fall wird der Anteil von Tallseife, welche in Zukunft unter anderen beispielsweise bei der Herstellung von Lacken, Klebstoffen oder Folien verwendet werden kann, von derzeit 18kg auf 35 kg per Tonne Zellstoff erhöht. Die Inbetriebnahme der neuen Anlage erfolgt im Herbst 2023.
Mondi Frantschach produziert vorwiegend Kraftpapiere, die beispielsweise für Lebensmittel, Baustoffe oder auch Futtermittel eingesetzt werden. Dabei bestimmt die Verpflichtung zu Nachhaltigkeit das gesamte unternehmerische Handeln. Im Rahmen des Aktionsplans MAP2030 hat das Unternehmen heuer angekündigt bis 2025 alle Mondi-Produkte wiederverwendbar, recyclebar oder kompostierbar zu machen.

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Coca-Cola HBC, Edelstal: Neues Energiemanagementsystem
Um den Verbrauch an Ressourcen wie Wasser und Energie zu senken, hat Coca-Cola HBC Österreich in den vergangenen Jahren viel investiert – unter anderem in neue Maschinen und Anlagen, wie eine moderne High-Speed-Linie. Diese Linie füllt 45.000 Glasflaschen pro Stunde ab, das sind mehr als zwölf Flaschen pro Sekunde.Dabei ist sie nicht nur eine der schnellsten Linien weltweit, sondern arbeitet dabei ausgesprochen energieeffizient. Durch die modernen Linien und den verstärkten Einsatz von Luft zur Reinigung der Flaschen vor der Abfüllung, konnte der Wasserverbrauch der Produktion deutlich reduziert werden. Darüber hinaus wurde bereits der erste Hochdruckkompressor für die Blasformmaschinen in den PET-Linien erneuert. Der neue Kompressor verbraucht je nach Betriebszustand und Auslastung zwischen fünf und acht Prozent weniger Strom. Der Strom für die Versorgung der Anlagen kommt zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen.
Energiemanagementsystem.
Mit einem eigenen Energiemonitoring-System verfolgt Coca Cola HBC Österreich in Edelstal schon seit einiger Zeit den Erfolg seiner Energiesparmaßnahmen. Dieses System erfasste Produktions- und Verbrauchsdaten und ermöglichte es, den Energieverbrauch der einzelnen Linien zu analysieren und zu vergleichen. Zur Visualisierung der Produktionsdaten wird im Coca-Cola-Werk in Edelstal das Simatic WinCC V7 System von Siemens eingesetzt. Für ein optimiertes Energiemanagement setzt das Unternehmen neuerdings auf den Siemens Simatic Energy Manager Pro. In nur zwei Monaten wurde auf das neue System umgestellt, inklusive der Einbindung der zahlreichen Verbraucher, die über Sentron PAC Energiemessgeräte erfasst werden. Die Verbrauchsdaten werden über ein Simatic ET 200SP System gesammelt und an den Simatic Energy Manager Pro übergeben. Dabei sind neben den Messgeräten für die elektrische Energie auch Durchflussmessgeräte für die Erfassung des Wasserverbrauchs in das System integriert.
Derzeit sind mehr als 100 Datenpunkte für die Messung des Stromverbrauchs sowie 17 Datenpunkte für den Wasserverbrauch in das System integriert, die minütlich abgefragt werden. Diese Daten werden mit den Produktionsdaten aus dem ERP-System verknüpft und erlauben so eine detaillierte Analyse des Energieverbrauchs und der Energieeffizienz, individuell für jedes produzierte Produkt. Dabei lassen sich auch neue Analysen und Dashboards jederzeit mit wenig Aufwand erstellen. Die Maßnahmen zusammen haben dazu beigetragen, dass Coca Cola HBC Österreich seine CO2-Emissionen in Edelstal im Jahr 2019 auf 17,5 g pro Liter produziertem Getränk verringern konnte, 50 Prozent weniger als noch 2010. Zudem werden die Informationen aus Simatic Energy Manager Pro dazu genutzt, um die Instandhaltung der Anlagen zu verbessern und Energieverluste zu vermeiden.

Treibacher, Treibach: Wasserstoff-Kreislauf
Bis 2028 will Treibacher den CO2 Ausstoß nochmals um mindestens 30 Prozent reduzieren. Deshalb wird kontinuierlich nach Optimierungspotenzialen gesucht. Als sehr energieintensives Unternehmen sind Produktionsprozesse bereits zu einem sehr hohen Grad optimiert. Dennoch gibt es immer wieder Projekte zur Effizienzsteigerung. In der Vanadiumoxid-Anlage von Treibacher werden aus Vanadium(V)-haltigen Stahlwerksschlacken in einem vielstufigen, vollkontinuierlichen Prozess Vanadiumoxide hergestellt. Diese werden in weiterer Folge unternehmensintern zu Ferro-Vanadium, einem Legierungszusatz für die Herstellung von hochwertigen und verschleißfesten Stählen, verarbeitet.
Die Vanadiumoxid-Anlage läuft 365 Tage im Jahr. In der ersten Prozessstufe, der Röstung, wird die V-haltige Stahlwerksschlacke mit Zuschlagstoffen versetzt und in zwei parallel betrieben Etagenöfen bei ca. 750 °C geröstet. Die Röstung der Stahlwerksschlacke ist die mit Abstand energieintensivste Prozessstufe. Daneben wird am Standort ein Reduktionsofen betrieben, welcher die letzte Prozessstufe bildet. Durch den chemischen Reduktionsprozess mit Wasserstoff wird aus dem fünfwertigen Vanadium ein dreiwertiges Vanadiumoxid. Damit die Reduktion störungsfrei erfolgt, ist ein Überschuss an Wasserstoff erforderlich. Die Abluft wurde bisher über einen Kamin ins Freie abgeleitet und der Energieinhalt des enthaltenen Wasserstoffs somit nicht genutzt.
Reaktion auf Energiepreishoch.
"Nicht zuletzt aufgrund gestiegener Energiepreise – der Ukraine-Krieg und die damit einhergehende Energie-Problematik waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar – wurde das Optimierungsprojekt forciert, um den Wasserstoffüberschuss wieder in den Prozess zurückzuführen und ihn energetisch für den Brenner der Vanadiumoxid-Anlage zu nutzen", heißt es im Unternehmen. Die verfahrenstechnische Herausforderung dabei ist es, den Wasserstoff unter allen Betriebsbedingungen effizient und sicher in den Ofen einzubringen und eine saubere Regelung sicherzustellen. Durch die Maßnahme können 2.060 MWh Erdgas (als Brennergas) pro Jahr eingespart und CO2-Emissionen im Ausmaß von 482 Tonnen jährlich vermieden werden. Rund 800.000 Euro hat Treibacher in die Realisierung dieses nachhaltigen Projekts investiert. Das Projekt wurde von der Kommunalkredit Public Consulting übrigens zum Projekt des Monats April 2022 gewählt.

Agrana, Pischelsdorf: Hochtemperatur-Wärmepumpe
Unter der Leitung des AIT wurde bei der Agrana Stärke in der Weizenstärkefabrik in Pischelsdorf einer der ersten industriellen Hochtemperatur-Wärmepumpen in Betrieb genommen und damit in industrieller Umgebung getestet. Im Rahmen des von der EU-kofinanzierten Projekts DryFiciency nutzt Agrana am Standort Pischelsdorf diese innovative Wärmepumpe im Stärketrockungsprozess. Durch dieses Projekt konnte gezeigt werden, dass der Einsatz von Wärmepumpen für viele Trocknungsprozesse eine Alternative zu konventionellem fossilen Erdgas darstellt. Die entwickelte Technologie zeigt in ersten europaweit laufenden Tests, dass Wärmepumpen Prozesswärme von bis zu 160 Grad liefern können.
Bessere Alternative zu Erdgas.
In der Weizenstärkefabrik sind diese Temperaturen notwendig um das Wasser aus der Weizenstärke zu entfernen. Somit haben industrielle Wärmepumpen im Vergleich zu Erdgas das Potenzial, die Energieeffizienz um bis zu 80 Prozent zu steigern, CO2-Emissionen um bis zu 80 Prozent zu reduzieren und zudem bis zu 20 Prozent weniger Produktionskosten zu verursachen. Der DryFiciency-Wärmepumpen-Demonstrator in Pischelsdorf hat mehr als 3.300 Betriebsstunden mit einer maximalen Wärmeleistung von rund 350 kW absolviert.
Der Demonstrator liefert rund 10 Prozent der benötigten Heizleistung des Trocknungsprozesses, interne Berechnungen zeigen eine jährliche Energieeinsparung von 3.200 MWh und eine CO2-Einsparung von bis zu 600 Tonnen pro Jahr.Agrana will bis 2040 die Treibhausgasemissionen aus ihren Produktionsanlagen (Scope 1+2) auf netto Null reduzieren. Neben weiteren Energieeffizienzmaßnahmen und dem bereits erfolgten Wechsel auf 100% Grünstrom in Österreich werden wir auf erneuerbare Energieträger umsteigen, z.B. rückt Biomassenutzung statt Erdgas verstärkt in unseren Fokus.

AT&S, Leoben-Hinterberg: Optimierte Kupferbeschichtung
Das Ziel der AT&S Energiestrategie ist es, bis zum Jahr 2025 80 Prozent des CO2-neutralen Energieverbrauchs zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, spielt eine hohe Energieeffizienz eine große Rolle, daher ist ein Arbeitspaket dieser Strategie, den Energieverbrauch in den Produktionslinien zu reduzieren. Die Idee des Projekts ist es, den Energieverbrauch bestehender Produktionslinien zu reduzieren, mit dem Ziel einer Energieeinsparung von 20 Prozent. Es ist bekannt, dass Produktionslinien, die vor mehr als 7 Jahren gebaut wurden, nicht so energieeffizient sind wie neue Linien, daher ist es sehr wichtig, die Aufmerksamkeit auf diese Energiefresser zu lenken. Die Kupferbeschichtungslinien sind eine der Linien mit dem höchsten Energieverbrauch in den AT&S-Werken, daher wurden zwei Kupferbeschichtungs-Pilotlinien für die Umsetzung dieses Projekts ausgewählt.
Eine der Linien ist etwa 15 Jahre alt und befindet sich im Werk in Shanghai, die zweite, drei Jahre alt, in Leoben-Hinterberg. Zum Erreichen des Ziels war es notwendig, das Wissen des Maschinenlieferanten und die Erfahrung und das Fachwissen des Produktionsspezialisten zu kombinieren. "Die bisher größte Herausforderung ist das Software- und Hardware-Upgrade der alten Pilotlinie, da die Linie rund um die Uhr produziert und jede Ausfallzeit sorgfältig kalkuliert werden muss, um die Produktion nicht zu beeinträchtigen", heißt es bei AT&S. Das Ziel ist eine Energieeinsparung von 20 Prozent.
