Künstliche Intelligenz und Startups : LLM-Hype: Quasi unschlagbar?

Robert Weber IM-Autor

IM-Autor Robert Weber: "Viele junge Unternehmen sind sehr überzeugt von ihren AI-Modellen"

- © Weber Robert

Jede Woche erblickt ein neues LLM das Licht der Welt. Viele Beobachter der Szene kommen kaum hinterher. Die Experten lassen die Modelle gegeneinander in der Chatbot-Arena antreten, immer größere, mächtigere Modelle entstehen. Und der nächste Schritt sind multimodale Modelle. Auch viele deutschsprachige Startups haben die Modelle für sich entdeckt und das macht mir gleichzeitig Sorgen.

Europas Jungunternehmen stehen an einer Wegmarke. Ich war in den vergangenen Wochen auf vielen Messen, Konferenzen und Events und durfte vielen Präsentationen lauschen. Was mich überrascht hat: Vielversprechende Startups switchen gefühlt gerade ihr Geschäftsmodell und bauen jetzt LLM-Chatbots für die Industrie.

Klar, es winkt jetzt das schnelle Geld und die Ressourcen sind auch da. Die Industrie freut sich. Das Vorgehen der Startups ist nicht verwerflich, aber wie lange soll das bitte gutgehen? Unterschiede verschwimmen gänzlich. Der Kunde tauscht Unternehmen A gegen Firma B aus. Die Bedienoberflächen sehen immer ein wenig anders aus, aber die Funktionalität gleicht sich oft.

Bei manchen Startups habe ich das Gefühl, der LLM-Hype kommt genau zur rechten Zeit, denn das eigene Produkt will nicht richtig fliegen, das Personal aber bezahlt werden. Lassen die LLMs vielleicht die eigenen Träume zerplatzen und man will es nur noch nicht wahrhaben?

Also bauen die Damen und Herren erstmal LLM-Applikationen für die Industrie. Innovationen dann gerne wieder später. Im Silicon Valley heißt es bei manchen Beobachtern: Viele Entwickler und Forscher seien mittlerweile gelangweilt von den LLMs. Jan Koutnik, einer der bekanntesten europäischen Industrial AI-Vordenker bemängelt, dass LLMs zwar Aufgaben lösen würden, aber vielleicht nicht die, die man sich im industriellen Kontext wünschen würde. Er spricht von einer fehlenden Blue Collar AI. Es gäbe also genug zu tun.

Nischenanwendungen gepaart mit Datenkompetenz


Aber es gibt da noch ein zweites Problem: Viele junge Unternehmen sind sehr überzeugt von ihren AI-Modellen – die sind „quasi unschlagbar“, höre ich immer wieder. Vor allem im Vision-Bereich tummeln sich zahlreiche Unternehmen, die von sich behaupten, sie hätten „das beste Modelle ever“. So, ich meine: Modelle – vor allem im Bereich Vision – werden bzw. sind schon lange Commodity. Damit kann man wahrlich keinen Investor mehr mit beeindrucken und richtig abgehoben ist im Vision-Industrie-Bereich auch noch keiner. Und der Bereich Vision ist erst der Anfang. Modelle werden Commodity. Was bleibt dann? Zurück zu den LLMs oder Beratung, Implementierungspartner für die Industrie werden. Die großen Startup-Träume werden bei vielen platzen.


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Außer: Die Startups haben echte, gute Daten, die sie ihr Eigentum nennen, mit denen sie entwickeln können. Domänenspezifisches Knowhow macht dann den Unterschied. Das bedeutet: Wir werden in den nächsten Jahren viele spezialisierte Anbieter am Markt sehen und die Dienstleister, die für die Industrie AI Applikationen umsetzen. Es trennt sich die Spreu vom Weizen.