SAP : Wie ein ERP-System die Gemüselogistik revolutioniert

Lager Fruturac Philip Platzer

Je mehr der rund tausend Frutura-Lieferanten auf SAP Ariba abgebildet sind, desto wertvoller und desto unverzichtbarer wird die Plattform für alle Marktteilnehmer.

- © Philip Platzer

Auf den ersten Blick scheint die Aufgabe fast unlösbar, auf den zweiten noch immer sehr, sehr schwierig. 100 LKWs liefern jeden Tag bis frühen Abend Ware an, bis um sechs Uhr morgens soll sie umgeschlagen und an die Endabnehmer ausgeliefert sein. Die Lagerhalle, in der das logistische Jonglierstück passiert, hat keine festen Stellplätze, jeder LKW ladet sein Gut dort ab, wo gerade ein geeigneter Slot vorhanden ist. Dann wird auf jene Fahrzeuge umgeladen, die den Endtransport übernehmen. Und damit es nicht zu einfach ist: Die Ware, um die es geht, ist extrem kleinteilig: Obst- und Gemüse, von dem am Ende jede Palette, jeder Karton beim richtigen Abnehmer landen soll. Da bekommen selbst gestandene Logistiker Schweißperlen auf der Stirn.

Exakt mit einer solchen Herausforderung ist die Frutura, Österreichs größter Obst- und Gemüsevermarkter tagtäglich konfrontiert. Rund 900 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen, der Jahresumsatz liegt bei 500 Mio. Euro. Noch vor zwei Jahren hat man in Hartl bei Kaindorf, im Hauptlager des Unternehmens, das Kommissionieren der Ware mit einem ebenso merkwürdigen wie in die Jahre gekommenen Warenwirtschaftssystem bewältigt, inklusive physischer Laufzettel, dafür aber ohne Anbindung an die Buchhaltung und auch ohne eine wirklich funktionierende Lagerverwaltungsfunktion. Wie das ging, ist für alle Beteiligten heute nur noch schwer im Detail nachvollziehbar. Aber es ging.

„Wir haben uns damals für eine Integration aller Unternehmensbereiche in ein einheitliches ERP-System entschieden und sind auf S/4HANA umgestiegen“.
Katrin Hohensinner, die Geschäftsführerin Frutura

- © Philip Platzer

"Gerade hochspezialisierte Unternehmen aus dem KMU-Bereich befürchten, man müsste für ihre Bedürfnisse mit sehr viel Aufwand ein völlig neues System aufsetzen. Das ist aber so gut wie nie der Fall.“
Christina Wilfinger, Geschäftsführerin SAP Österreich

- © Paul Bauer

Als allerdings 2019 der größte Kunde von Frutura, eine große österreichische Supermarktkette, ihre Obst- und Gemüseabteilungen auf noch mehr Frische umstellen will, bedeutet das für das Hauptlager von Frutura folgerichtig noch mehr und noch schnellere Drehung der Waren. Es bedeutet auch, dass nun endgültig der Moment gekommen ist, um einen immer wieder angedachten Schritt zu wagen: „Wir haben uns damals für eine Integration aller Unternehmensbereiche in ein einheitliches ERP-System entschieden und sind auf S/4HANA umgestiegen“, erzählt Katrin Hohensinner, die Geschäftsführerin von Frutura.

Nicht ohne einige klassische Bedenken, wie sie gern zugibt „Auch wir dachten am Anfang, dass unsere Anforderungen eigentlich viel zu spezifisch sind, um im Rahmen einer bestehenden Lösung wie S/4HANA abgebildet werden zu können.“

Ein Einwand, den Christina Wilfinger, Geschäftsführerin von SAP Österreich, mehr als gut kennt. „Gerade hochspezialisierte Unternehmen aus dem KMU-Bereich befürchten, man müsste für ihre Bedürfnisse mit sehr viel Aufwand ein völlig neues System aufsetzen. Das ist aber so gut wie nie der Fall, weil unzählige Elemente im Finanz- und Logistikbereich in jedem Unternehmen gleich sind – völlig unabhängig davon, wie unterschiedlich die dahinter liegenden Geschäftsfelder sein mögen.“ Zumindest 80 Prozent eines jeden Geschäfts lassen sich daher mit Standardmodulen abdecken, sagt Wilfinger, maximal 20 Prozent müssen angepasst werden.

Inzwischen läuft S/4HANA bei Frutura jedenfalls auf Hochtouren. Bereits beim Wareneingang werden die entsprechenden Logistik-Prozesse angestoßen wie etwa die Zuteilung der Stell- und Umschlagplätze sowie die Bereitstellung der für die Auslieferung nötigen Verpackung. Auch Buchhaltung und Lagerverwaltung sind in das System integriert. Zugleich können die anderen Geschäftsbereiche des Unternehmens, unter anderem die Gemüseproduktion übrigens mit Hilfe von Thermalwasser fossilfrei betrieben – ebenfalls abgebildet werden.

Einkaufsplattform für den Mittelstand


Da man bei SAP-Lösungen aber, wie Katrin Hohensinner und Christina Wilflinger, einhellig bekunden, immer noch eins drauf setzen kann, arbeitet Frutura inzwischen auch am Einsatz des SAP Ariba Network, einer weltweiten B2B Plattform, um den gesamten Einkaufsprozess – von der Bezugsquellenfindung bis zum Rechnungsausgleich – zu verwalten, die Ausgaben zu steuern, neue Einsparpotenziale zu erkennen und gleichzeitig eine robuste Lieferkette aufzubauen.

Bei vielen Großkonzernen und in manchen Branchen bereits weit verbreitet, findet eines der weltweit größten Einkaufsnetzwerke heute auch zunehmend Einsatz im Mittelstand. Für die Lebensmittelbranche übernimmt Frutura allerdings eine Vorreiterrolle, denn hier steht Digitalisierung vielerorts erst an ihrem Beginn.

Unternehmen, die wie Frutura viele, noch dazu über die ganze Welt verstreute Zulieferer haben, können da ein riesiger Hebel sein. Je mehr der rund tausend Frutura-Lieferanten auf SAP Ariba abgebildet sind, desto wertvoller und desto unverzichtbarer wird die Plattform für alle Marktteilnehmer. „Einige unserer Lieferanten waren bereits auf Ariba, als wir es zu implementieren begannen, einige konnten wir davon überzeugen, die Plattform in Zukunft zu nutzen, viele weitere werden mit der Zeit noch folgen“, beschreibt Katrin Hohensinner den aktuellen Stand des Projekts.

Sicherheit aus der Cloud


Dass Plattformlösungen für den Mittelstand immer spannender werden, bestätigt auch Christina Wilfinger. Vor allem, wenn sie aus der Cloud kommen. Denn gerade Cloudlösungen erlauben es, mittelständischen Unternehmen zu wachsen, ohne Extra-Ressourcen für IT-Infrastruktur, Server-Updates oder Fragen der Cybersicherheit reservieren zu müssen. „ Wir haben aus diesem Grund das SAP Trust Center für unsere Kunden geschaffen, wo sie alles zu Produktsicherheit, Prozesssicherheit, Sicherheit der SAP-Rechenzentren oder Datenschutz erfahren“, sagt sie.

Für die Zukunft bieten Procurement-Plattformen wie Ariba, aber noch einen weiteren Mehrwert. Sie erlauben es, den CO2-Wert der Supply Chain abzubilden – eine Anforderung, die für viele Unternehmen immer wichtiger wird. SAP selbst setzt sich seit mehr als 10 Jahren für Nachhaltigkeit ein und will bis 2023, zwei Jahre früher als ursprünglich geplant, klimaneutral werden. Bereits seit 2014 nutzt SAP für den Betrieb aller Rechenzentren 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Ebenso bietet SAP bereits jetzt ganzheitliche Lösungen an, die Firmen auf allen Etappen hin zu nachhaltiger Unternehmensführung unterstützen.

Für Katrin Hohensinner von Frutura sind das gute Nachrichten: „Auch wir sind um Klimaneutralität bemüht. Wenn man ehrlich rechnet muss man da aber nicht nur die eigene Produktion und Anlagen einbeziehen, sondern auch die Lieferkette und zu der gehört auch die IT. Auch wegen des Klimagedankens sind wir daher froh, mit SAP zusammenzuarbeiten.“