Öl aus Russland : Tschechien meldet Ausfall der Druschba-Pipeline

In Tschechien kommt über den südlichen Strang der Druschba-Pipeline derzeit kein russisches Erdöl mehr an.
- © Jens B?ttner / dpa / picturedesk.comAktive Mitgliedschaft erforderlich
Das WEKA PRIME Digital-Jahresabo gewährt Ihnen exklusive Vorteile. Jetzt WEKA PRIME Mitglied werden!

In Tschechien kommt über den südlichen Strang der Druschba-Pipeline derzeit kein russisches Erdöl mehr an.
- © Jens B?ttner / dpa / picturedesk.com
Sie haben bereits eine PRIME Mitgliedschaft?
Bitte melden Sie sich hier an.
Derzeit erhält Tschechien über den südlichen Strang der Druschba-Pipeline kein russisches Erdöl mehr. Dies teilte der tschechische Industrieminister Lukas Vlcek auf der Online-Plattform X mit, ohne nähere Angaben zu den möglichen Ursachen zu machen. Laut Vlcek sind die Raffinerien des Landes jedoch gut auf diese Situation vorbereitet.
>>> Keine Gasengpässe: So sichert Österreich seine Energieversorgung für die nächsten zwei Winter
Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, plant Vlcek, der Regierung vorzuschlagen, der Unipetrol-Raffinerie im nordböhmischen Litvínov Erdöl aus den staatlichen Reserven als Leihgabe bereitzustellen. Er betonte: "Es besteht keine Gefahr, dass es nicht genügend Erdöl für die Bedürfnisse von Haushalten und Firmen gibt."
Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!
Anschläge auf kritische Infrastruktur
Vor wenigen Tagen hatte die Slowakei konkrete Hinweise auf geplante Anschläge einer internationalen Gruppe auf kritische Infrastruktur erhalten. Ob ein Zusammenhang mit dem aktuellen Lieferstopp besteht, ist bislang unklar.
>>> Gazprom liefert kein Gas mehr nach Österreich: Droht ein Versorgungsengpass?
Die Druschba-Pipeline, deren Name "Freundschaft" bedeutet, ist mit etwa 5.100 Kilometern eine der längsten der Welt und transportiert seit den 1960er Jahren russisches Erdöl nach Europa. In Belarus teilt sie sich in zwei Stränge: Der südliche verläuft über die Ukraine und die Slowakei nach Tschechien, während der nördliche Polen und Deutschland versorgt. Der russische Pipelinebetreiber Transneft gab an, dass der Betrieb auf russischem Gebiet normal verlaufe.
Im vergangenen Jahr deckte die Druschba-Pipeline rund 58 Prozent des tschechischen Erdölverbrauchs. Um die Abhängigkeit von russischem Öl zu reduzieren, investiert Tschechien in den Ausbau der Transalpinen Ölleitung (TAL), die vom Hafen im italienischen Triest nach Mitteleuropa führt. Industrieminister Vlcek betonte, dass sich diese Entscheidung nun als richtig erweise. Das Projekt erhöht die Kapazität der Pipeline um vier Millionen Tonnen Öl pro Jahr. Ab 2025 kann die TAL damit den gesamten Rohölbedarf Tschechiens decken und somit einen wichtigen Beitrag zur Energiesicherheit des Landes leisten.

Entdecken Sie jetzt
-
Lesen
- Josef Rainer kauft Kunstforum Wien: Zukunft der Institution nach Signa-Insolvenz ungewiss 23.01.2025
- Erdöl in Österreich: Wirtschaftliche Bedeutung, Förderung und Perspektiven 23.01.2025
- Voestalpine-Chef Eibensteiner: "Wir verlieren gegenüber unseren internationalen Peers an Wettbewerbsfähigkeit" 22.01.2025
- Videos
-
Podcasts
- KTM-Pleite und Rosenbauer-Einstieg: Die vielen Baustellen von Stefan Pierer | IM News 17.01.2025
- Totalschaden? Der Abstieg der deutschen Autoindustrie – worunter VW & Co. wirklich leiden | IM News 17.01.2025
- Bosch schrumpft weiter, Druck aus Autoindustrie steigt: Fallen jetzt 10.000 Stellen weg? | IM News 18.12.2024
Sanktionen gegen russisches Öl - mit Ausnahmen
Im Zuge der russischen Invasion in die Ukraine im Jahr 2022 verhängte die Europäische Union (EU) umfassende Sanktionen gegen russische Ölimporte, um die finanziellen Mittel Russlands für den Krieg zu beschneiden. Ein zentrales Element dieser Sanktionen war ein weitreichendes Einfuhrverbot für russisches Erdöl und Erdölerzeugnisse, das schrittweise umgesetzt wurde.
>>> "Es ist vorbei": Ukraine bekräftigt Gas-Stopp ab Anfang 2025
Allerdings erhielten einige EU-Mitgliedstaaten, die stark von russischen Ölimporten abhängig sind, vorübergehende Ausnahmen. Ungarn, die Slowakei und Tschechien wurden aufgrund ihrer geografischen Lage und begrenzter Alternativen von bestimmten Sanktionen ausgenommen. Diese Länder beziehen ihr Öl hauptsächlich über die Druschba-Pipeline, die russisches Erdöl nach Mitteleuropa transportiert.
Ungarn importiert nach Regierungsangaben rund 65 Prozent seines Ölbedarfs aus Russland. Die ungarische Regierung unter Premierminister Viktor Orbán hat daher wiederholt Ausnahmen von den EU-Sanktionen gefordert und betont, dass ein sofortiger Stopp russischer Ölimporte die nationale Energiesicherheit gefährden würde. Im August 2024 beschuldigte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó die EU-Kommission, hinter der Unterbrechung russischer Öllieferungen zu stecken, nachdem die Ukraine Sanktionen gegen den russischen Energiekonzern Lukoil verhängt hatte, was zu einer Blockade der Druschba-Pipeline führte.
Die Slowakei, die ebenfalls stark von russischen Ölimporten abhängig ist, hat ähnliche Ausnahmen gefordert. Im November 2024 äußerte der slowakische Außenminister Juraj Blanár die Hoffnung, dass die Ausnahmeregelungen verlängert werden, um die Energieversorgung des Landes sicherzustellen.
Tschechien hingegen hat angekündigt, seine Ausnahmeregelung für russische Ölimporte nicht zu verlängern. Das tschechische Ministerium für Industrie und Handel bestätigte im November 2024, dass das Land unter den aktuellen Umständen keinen Grund sehe, die Ausnahme zu verlängern, und betonte die Bemühungen, die Abhängigkeit von russischem Öl zu reduzieren.
Russisches Öl kommt oftmals über Indien
Die Europäische Union (EU) hat traditionell einen erheblichen Anteil ihres Erdölbedarfs aus Russland gedeckt. Im Jahr 2019 stammten etwa 27% der in die EU importierten Rohöls aus Russland, was das Land zum wichtigsten Lieferanten vor Norwegen, dem Irak und Nigeria machte.
>>> OMV erhält 230 Mio. Euro Schadenersatz von Gazprom
Einige EU-Mitgliedstaaten waren besonders stark von russischen Ölimporten abhängig. Im Jahr 2021 bezogen 17 europäische Länder mehr als 20% ihres Erdöls aus Russland. Die Slowakei wies mit rund 77% den höchsten Anteil auf, gefolgt von Finnland, Litauen und Polen.
Polen importierte 2022 etwa 11,5 Millionen Tonnen russisches Rohöl, was 42% seines gesamten Ölbedarfs entsprach. Obwohl dies einen Rückgang gegenüber den 61% im Jahr 2021 darstellt, blieb Russland ein bedeutender Lieferant für Polen.

Mit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Jahr 2022 verhängte die EU schrittweise Sanktionen gegen russische Ölimporte. Ein umfassendes Embargo wurde beschlossen. Trotz dieser Sanktionen fanden russische Öllieferungen weiterhin ihren Weg in die EU, oft über Drittstaaten wie Indien. Im Jahr 2023 importierten 20 der 27 EU-Länder russisches Öl, das zuvor in Indien raffiniert wurde. Die Niederlande waren dabei der größte Abnehmer, gefolgt von Frankreich, Rumänien, Italien und Spanien.
Umgehungsstrategien: Wie russisches Öl trotz EU-Sanktionen weiterhin in die EU gelangt
Trotz der von der Europäischen Union (EU) verhängten Sanktionen gegen russische Ölexporte findet russisches Öl weiterhin seinen Weg in die EU. Dies geschieht durch verschiedene Umgehungsstrategien, die es ermöglichen, die bestehenden Restriktionen zu unterlaufen.
Ship-to-Ship-Transfers (STS): Eine gängige Methode zur Verschleierung des Ursprungs russischen Öls sind Schiff-zu-Schiff-Transfers. Dabei wird Öl auf hoher See von einem Tanker auf einen anderen umgeladen, um die Herkunft zu verschleiern. Solche Transfers finden häufig in internationalen Gewässern statt, beispielsweise im Golf von Laconia nahe Griechenland. Diese Praxis erschwert die Rückverfolgung des Öls und ermöglicht es, Sanktionen zu umgehen.
Einsatz der "Schattenflotte": Russland hat eine sogenannte "Schattenflotte" aufgebaut, bestehend aus älteren, oft schlecht gewarteten Tankern mit verschleierten Eigentumsverhältnissen. Diese Schiffe transportieren russisches Öl unter dem Radar internationaler Kontrollen und nutzen dabei Flaggenstaaten mit laxen Regulierungen. Die mangelnde Transparenz und Wartung dieser Flotte erhöht zudem das Risiko von Umweltkatastrophen, insbesondere in sensiblen Regionen wie der Ostsee.
Raffinierung in Drittstaaten: Ein weiterer Weg, russisches Öl in die EU zu bringen, besteht darin, es in Drittstaaten wie Indien oder der Türkei zu raffinieren. Nach der Verarbeitung wird das Öl als Produkt des jeweiligen Landes deklariert und anschließend in die EU exportiert. Diese Praxis nutzt bestehende Schlupflöcher in den Sanktionen aus, da raffinierte Produkte nicht immer den gleichen Beschränkungen unterliegen wie Rohöl.
Nutzung von Offshore-Gesellschaften: Komplexe Netzwerke von Briefkastenfirmen und Offshore-Gesellschaften werden eingesetzt, um die wahre Herkunft des Öls und die Identität der beteiligten Akteure zu verschleiern. Diese Strukturen erschweren die Durchsetzung von Sanktionen und ermöglichen es, russisches Öl über Umwege in die EU zu importieren.
Herausforderungen bei der Durchsetzung: Die EU steht vor der Herausforderung, diese Umgehungsstrategien effektiv zu unterbinden. Obwohl bereits elf Sanktionspakete verabschiedet wurden, zeigen die fortgesetzten Importe russischen Öls, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind. Experten betonen die Notwendigkeit einer strengeren Überwachung und besseren internationalen Zusammenarbeit, um die Wirksamkeit der Sanktionen zu gewährleisten.