Lange Zeit verdiente Meyer Burger sein Geld als hochspezialisierter Zulieferer der Solarindustrie. Das Schweizer Unternehmen lieferte Maschinen und Anlagen für die Herstellung von Solarzellen und Modulen – etwa Drahtsägen für Siliziumwafer oder Beschichtungsanlagen für Solarzellen. Doch als der Markt schwächelte und immer mehr Kunden in die Insolvenz rutschten, geriet auch Meyer Burger unter Druck. 2020 wagte das Unternehmen schließlich den radikalen Kurswechsel: Weg vom reinen Maschinenbauer – hin zum Hersteller von Solarzellen und Modulen.
Eine Kapitalerhöhung von 165 Millionen Schweizer Franken – davon 50 Millionen vom Ankerinvestor Sentis Capital – sollte die Neuausrichtung finanzieren. Mit der Heterojunction-Technologie, die durch das Verschmelzen von kristallinem und amorphem Silizium besonders hohe Zellwirkungsgrade ermöglicht, und neuen Werken in Ostdeutschland wollte Meyer Burger zur europäischen Antwort auf die asiatische PV-Dominanz werden.
Bereits 2022 begannen die Probleme: Der Aufbau neuer Produktionslinien verzögerte sich und war kostenintensiver als geplant. Gleichzeitig fluteten chinesische Anbieter den Markt mit Modulen zu Kampfpreisen – weit unter den Herstellungskosten der Schweizer. Ein Preisnachlass im Sommer 2023 brachte nicht den erhofften Absatzschub - Ende 2023 stapelten sich 365 MW unverkaufter Module in den Lagern. Schließlich zog das Unternehmen die Notbremse: Im Frühjahr 2024 stellte Meyer Burger die Produktion in Freiberg ein - am 12. März 2024 lief hier das letzte Solarmodul vom Band.
Die Schließung der Fertigung in Freiberg – laut Meyer Burger die damals größte Solarmodulfabrik Europas – war ein erstes Warnsignal. CEO Gunter Erfurt machte seinem Ärger Luft: Ohne Unterstützung drohe der europäischen Solarindustrie der Kollaps, warnte er - doch die erhoffte Hilfe blieb aus. Im September 2024 zog Erfurt überraschend die Reißleine und trat als CEO zurück. Verwaltungsratspräsident Franz Richter übernahm das Ruder und kündigte an, mit Stellenabbau und Restrukturierung die Kehrtwende zu schaffen. Rund 200 Stellen – vor allem in der Verwaltung und Europa – sollten gestrichen werden, während man auf das Wachstum im geförderten US-Markt setzte.
Doch ausgerechnet in den USA folgte der nächste Rückschlag: Im Spätherbst 2024 sagte der Großkunde DESRI seinen Rahmenvertrag über fünf Gigawatt Module ab – ein Fünfjahresvertrag, der eigentlich das Rückgrat der US-Expansionspläne bilden sollte. Auch operativ wuchs der Druck: Anfang 2025 kam es in der Zellfertigung zu Materialengpässen, im April folgte Kurzarbeit für 300 Beschäftigte im Werk Thalheim. Zusammen mit einem Jahresverlust von 292 Millionen Franken riss die Absage des wichtigsten US-Kunden das Unternehmen immer tiefer in die Krise – der Beginn einer Abwärtsspirale, die schließlich in die Insolvenz mündete.
Die Insolvenz von Meyer Burger ist jedoch kein isoliertes Schicksal, sondern steht exemplarisch für strukturelle Probleme der europäischen Solarbranche. Während in Europa Produktionswerke schließen und Investitionen stocken, dominieren asiatische Anbieter den Weltmarkt.
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