Chemiebranche : Nach Milliardenfusion: OMV bei DSM-Deal leer ausgegangen
Der deutsche Spezialchemie-Konzern Lanxess und der Finanzinvestor Advent gründen ein Gemeinschaftsunternehmen für technische Hochleistungskunststoffe, die insbesondere in der Automobil- und Elektroindustrie Anwendung finden sollen. Dazu haben beide Unternehmen am Dienstag den Vertrag zur Übernahme des Engineering-Material-Geschäfts von DSM, einem niederländischen Chemiekonzern, für 3,7 Mrd. Euro unterzeichnet. Das Geschäft steht für einen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro. DSM ist einer der weltweit führenden Anbieter von High-Performance-Spezialmaterialien - auch Hochleistungskunststoffen.
Bereits im vergangenen Jahr hatte Lanxess angekündigt, sein High-Performance-Materials-Geschäft (HPM) in eine eigenständige Firma auszugliedern. Das neue Unternehmen soll dabei einen Kern für weitere Übernahmen auf dem Markt bilden. Der US-Chemieriese Dupont hat ebenfalls sein Spezialkunststoff-Geschäft zum Verkauf gestellt. Experten zufolge könnte auch hier Lanxess gemeinsam mit Advent zuschlagen.
Mit der Übernahme von DSM treibt Lanxess zudem seinen firmeninternen Umbau und den eigenen Ausstieg aus dem Geschäft mit Hochleistungskunststoffen für die Auto- und Elektroindustrie voran. Der MDax-Konzern bringt seinen eigenen Geschäftsbereich der Spezialkunststoffe damit ebenfalls in das neue Joint-Venture mit Advent ein. Für die Einbringung von HPM in das Joint Venture erhält Lanxess von Advent eine erste Zahlung von mindestens 1,1 Milliarden Euro. "Lanxess wird noch einmal deutlich weniger abhängig von Konjunkturschwankungen", sagte Lanxess-Konzernchef Matthias Zachert am Dienstag.
OMV unterliegt im Bieterverfahren
Bei den Anlegern kam diese Nachricht offenbar gut an: Zum Handelsstart schnellten die Aktien um 13 Prozent nach oben. Nachdem die Wertpapiere aufgrund von Konjunktursorgen aufgrund der hohen Inflation, des Krieges in der Ukraine und den anhaltenden Corona-Maßnahmen in China gelitten hatten, gewannen die Aktien nun wieder deutlich an Schwung. Für das Jahr 2022 ergibt sich allerdings noch immer ein Kursminus von mehr als einem Fünftel. Lanxess kündigte an, mit den zusätzlichen Einnahmen Schulden zu tilgen und in den nächsten Jahren ein Rückkaufprogramm für Aktien im Wert von 300 Millionen Euro zu starten.
Die OMV, die sich gemeinsam mit Koch Industries ebenfalls am Bieterverfahren um 100 Prozent der Anteile der Thermo-Plastik-Sparte der DSM beteiligte, unterlag der deutschen Lanxess.
Hochleistungskunststoffe
Der Weltmarkt für Hochleistungskunststoffe, wie sie beispielsweise in Batteriegehäusen, im Leichtbau oder in der Konsumgüterindustrie verwendet werden, ist stark zersplittert. Experten erwarten hier für die nächsten Jahre eine kräftige Konsolidierung - vor allem im Hinblick auf die Ausstattung im Bereich der Elektromobilität. Dazu benötigen die Hersteller Kapital.
Für Lanxess bedeutet die Übernahme der DSM innerhalb von kürzester Zeit den nächsten großen Deal: Seit Januar 2021 hat der Konzern mehr als zwei Milliarden Euro für Zukäufe ausgegeben. Dies entspricht einem Drittel des im letzten Jahr erzielten Umsatzes.