KTM-Insolvenz : Bajaj rettet KTM – doch droht jetzt das Aus für Mattighofen?

Fertigung bei KTM Österreich

Bleibt die KTM-Produktion auch in Zukunft in Mattighofen?

- © Pierer Mobility

Im Februar 2025 begann das zweite Leben der KTM AG. Nach der Annahme eines Sanierungsplans feierte der Motorradhersteller aus Mattighofen den ersten Schritt in Richtung Rettung – mit einer spektakulären Lichtshow im stillstehenden Werk des Unternehmens. Die Inszenierung war beeindruckend und bildete den Auftakt der „Orange Blood“-Kampagne, einer Multimedia-Initiative, die nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch die Marke KTM und ihre Fans weltweit in den Fokus rücken sollte. Die Lichtinstallation war dabei mehr als nur ein visuelles Spektakel – sie war ein symbolisches Zeichen der Widerstandsfähigkeit für die Kunden, die „Orange Bleeders“, und für die Mitarbeiter.

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Doch auch drei Monate nach dieser Inszenierung gibt es weiterhin große Unsicherheiten. Die geplante Sanierung ist ins Stocken geraten. Der Kreis der Kapitalgeber, die das finanzielle Fundament der Rettungsmaßnahmen bilden sollten, wird immer kleiner.

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Bajaj sichert sich Rettungskredit

In letzter Minute scheint nun jedoch Bewegung in die Sache zu kommen. Doch in letzter Minute scheint nun Bewegung in die Sache zu kommen. Ausgerechnet der indische Miteigentümer Bajaj, größter Partner neben Stefan Pierer in der Pierer Mobility AG, hat sich ein Darlehen von 566 Millionen Euro gesichert, wie aus einer Pflichtmitteilung von Bajaj an der Börse in Mumbai hervorgeht. Die Laufzeit des Kredits: ein Jahr. Zwar wird KTM in der Mitteilung von Bajaj nicht explizit genannt, doch Branchenbeobachter werten die Finanzspritze als wichtigen Teil der Rettungsstrategie. Schließlich hat Bajaj bereits rund 200 Millionen Euro in KTM investiert, um den drohenden Untergang des Unternehmens abzuwenden.

Interessanterweise ist eine der Banken, die an der Kreditvergabe beteiligt ist – die Citigroup – auch für die Suche nach potenziellen Investoren zuständig. Das deutet darauf hin, dass Bajaj und KTM auf einer gemeinsamen Lösung hinarbeiten, um die Krise zu überwinden.

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Bajajs Dilemma: Rettung oder Übernahme?

Die Frage bleibt jedoch, was diese finanzielle Hilfe für die Zukunft von KTM bedeutet. Denn der Kredit, der in Form eines Darlehens gewährt wird, könnte bei ausbleibender Rückzahlung innerhalb eines Jahres in Anteile an der KTM AG umgewandelt werden. Das Szenario, dass Bajaj dadurch die Kontrolle über KTM übernimmt, rückt näher. Eine Kapitalerhöhung könnte dem indischen Konzern ermöglichen, einen Großteil des Unternehmens zu übernehmen, wodurch sich die Frage stellt, ob in Zukunft noch wesentliche Teile der Produktion in Mattighofen verbleiben.

Zukunft der Produktion: Wird Mattighofen überleben?

Bereits jetzt ist klar, dass KTM in Mattighofen nicht mehr die gesamte Produktionspalette fertigt. Während in Österreich vor allem Motocross- und Hard-Enduro-Modelle von KTM gebaut werden, übernimmt Bajaj bereits die Fertigung vieler preissensibler Straßenmodelle mit bis zu 400 Kubik. Die Mittelklasse-Modelle von KTM werden seit Jahren in einem Joint Venture mit dem chinesischen Partner CF Moto produziert.

Sollte Bajaj tatsächlich die Mehrheit an KTM übernehmen, könnte dies zu einer weiteren Verlagerung der Produktion in Indien oder China führen. Auch wenn es noch zu früh ist, eine endgültige Prognose zu treffen, bleibt die Frage, ob das traditionsreiche Werk in Mattighofen – die Wiege der KTM-Motorräder – langfristig eine Rolle im Unternehmen spielen wird.

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Bajaj: Eine der reichsten Familien Indiens

Die indische Bajaj-Familie zählt laut Forbes 2024 zu den zehn reichsten Familien Indiens – mit einem geschätzten Vermögen von 23,4 Milliarden US-Dollar, umgerechnet knapp 21 Milliarden Euro. Zum weit verzweigten Bajaj-Konzern gehören nicht nur Bajaj Auto, sondern auch Unternehmen aus den Bereichen Finanzdienstleistungen, Versicherungen, Elektronik, Haushaltsgeräte und Tourismus.

Gegründet wurde die Bajaj Group bereits 1926 in Mumbai von Jamnalal Bajaj, einem engen Vertrauten von Mahatma Gandhi. Das Unternehmen, das heute als Bajaj Auto bekannt ist, entstand ursprünglich 1945 unter dem Namen Bachhraj Trading Pvt. Ltd. Der Firmensitz liegt mittlerweile in Pune, rund 160 Kilometer von Mumbai entfernt.

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Rajiv Bajaj
Rajiv Bajaj, seit 2005 Geschäftsführer von Bajaj Auto - © Bajaj Group

Auf der offiziellen Website wird Bajaj Auto als „Flaggschiff“ des Familienimperiums mit über 40 verbundenen Unternehmen beschrieben. Unter der Führung von Rahul Bajaj, dem Enkel des Gründers, entwickelte sich das Unternehmen zum größten Motorradexporteur Indiens. Laut Unternehmensangaben wurden mehr als 18 Millionen Motorräder in 79 Länder exportiert. Im März 2025 war Bajaj Auto mit 30.133 verkauften E-Zweirädern und einem Marktanteil von 25,8 Prozent auch Marktführer bei elektrischen Zweirädern in Indien. Im Jahr 2005 übernahm Rajiv Bajaj die Geschäftsführung von Bajaj Auto. 

Strategische Beteiligung an KTM seit 2007

Bereits 2007 stieg das Unternehmen bei KTM ein und erwarb zunächst 14,5 Prozent der Anteile. Über die Tochtergesellschaft Bajaj Auto International Holdings BV mit Sitz in den Niederlanden wurde die Beteiligung sukzessive ausgebaut. Heute hält Bajaj 49,9 Prozent an der Pierer Bajaj AG, die wiederum knapp 75 Prozent der Pierer Mobility AG besitzt – und damit das operative Geschäft von KTM kontrolliert.

In einem Interview mit dem indischen Wirtschaftsmagazin MoneyControl, aus dem die Oberösterreichischen Nachrichten am Wochenende zitierten, betonte Rajiv Bajaj die strategische Bedeutung der Partnerschaft mit KTM: „Für uns ist KTM ein sehr großer Teil unseres Geschäfts in Hinblick auf den Ertrag, es ist sehr profitabel für uns“, so Bajaj. Dieses Engagement wolle man nicht „leichtfertig aufgeben“.

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