Flüchtlingskrise : Wirtschaftsprofessoren erwarten Nachteile für Deutschland

Die Mehrheit der deutschen Wirtschaftsprofessoren will der von Konzernmanagern im Land häufig geäußerten Meinung, der Ansturm von Flüchtlingen werde sich positiv auf die deutsche Volkswirtschaft auswirken, nicht folgen.

Im Gegenteil: Die meisten sehen den gegenwärtigen Andrang von Asylbewerbern nach Deutschland skeptisch, wie eine umfangreiche Studie des Ifo-Instituts in Zusammenarbeit mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" belegt.

"Debatte über eine Verdrängung deutscher Arbeitnehmer" erwartet

An der Umfrage haben sich rund 220 Wirtschaftsprofessoren beteiligt. Diese Umfrage soll in Zukunft "Ökonomenpanel" heißen und jeden Monat das Meinungsbild der deutschen Volkswirtschaftsprofessoren erforschen.

Demnach erwartet eine Mehrheit der Befragten von den Asylbewerbern deutliche Nachteile für Deutschland. Dieser Meinung sind 40 Prozent. Lediglich 23 Prozent glauben, dass der Zustrom der Einreisenden Vorteile für die deutsche Volkswirtschaft bringen könnte. Der Rest ist unentschieden.

Professoren teilen Optimismus vieler Konzernchefs nicht

Damit erteilen die Wirtschaftsprofessoren auch den zahlreichen, betont positiv gehaltenen Statements zur Integration von Neuankömmlingen am deutschen Arbeitsmarkt eine Absage. So hat beispielsweise auch David Folkerts-Landau, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, darauf hingewiesen, dass auch in Zukunft rund eine Million Flüchtlinge pro Jahr nach Deutschland kommen könnte, was seiner Ansicht nach eine einmalige Chance für Deutschland sei.

Viele der befragten Wirtschaftsprofessoren halten dagegen in naher Zukunft mögliche Spannungen zwischen Deutschen und den Neuankömmlingen für möglich - sowie eine "Debatte über eine Verdrängung deutscher Arbeitnehmer". Die Mehrheit meint, eine Absenkung des Mindestlohns für Asylwerber werde notwendig sein.

Neuverschuldung als möglicher Ausweg bei der Finanzierung

Bei der Frage, wie man die weiter steigenden Kosten der Flüchtlingskrise finanzieren kann, halten 45 Prozent der befragten Professoren eine Neuverschuldung für unvermeidbar. 36 Prozent halten Steuererhöhungen für einen möglichen Weg.

Unterdessen erwarten in Deutschland die gesetzlichen Krankenkassen aufgrund der enormen Zahl an Einreisenden im Land für 2016 eine Finanzierungslücke von mehreren hundert Millionen Euro. Im kommenden Jahr soll einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" zufolge das Defizit weiter auf über eine Milliarde Euro anwachsen.

Hartz IV nach 15 Monaten

Dem Bericht zufolge werden Flüchtlinge im Sozialsystem nach einer Wartezeit von 15 Monaten normalen Arbeitnehmern gleich gestellt. Wenn sie arbeitslos sind, erhalten sie Hartz-IV-Leistungen. Sie haben Anspruch auf die vollen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Kassenbeiträge zahlt der Bund. Bei Hartz-IV-Beziehern seien dies rund 90 Euro im Monat. (red)