Hintergrund : Warum Trumps Reform auch den USA schaden könnte

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In einen Investitionsrausch verfällt Jerry Zeitler durch die größte US-Steuerreform seit 30 Jahren nicht. Der Chef des familieneigenen Autozulieferers Die-Matic außerhalb Clevelands wird im kommenden Jahr vielleicht 600.000 Dollar für neue Maschinen ausgeben, dieses Jahr waren es 450.000 Dollar.

Die in der Steuerreform enthaltenen Abschreibungsmöglichkeiten seien zwar nett, sagt Zeitler, aber er werde seine Ausgabenpläne von insgesamt drei Millionen Dollar deshalb nicht über den Haufen werfen.

Kleine Firmen müssen sparen - den großen sitzen Aktionäre im Nacken

Während bei kleinen Betrieben Sparsamkeit und Vorsicht das Bild prägen, stehen Großkonzerne unter Druck, die durch die Steuerreform zustande kommenden Einsparungen an ihre Anteilseigner weiterzureichen.

Beide Aspekte sind eine Gefahr für US-Präsident Donald Trump und seine Republikaner. Denn dadurch könnte der gewünschte Effekt der Reform verpuffen und weit weniger Mittel in der Gesamtwirtschaft ankommen als versprochen.

Massive Schieflage in der gesamten Volkswirtschaft

Dass Handlungsbedarf besteht, belegen einige Zahlen: Denn obwohl die US-Wirtschaft brummt, sind die Löhne im Gewerbe und in der Industrie zuletzt fast nicht mehr gestiegen. Anfang 2015 lag das Plus laut US-Notenbank Fed noch bei 14 Prozent.

Auch bei den Investitionen sah es zuletzt mager aus: Sie stiegen voriges Jahr unter den börsennotierten Firmen des S&P 500 um lediglich ein Prozent, nach neun Prozent 2014 und zehn Prozent 2015. Ursache ist Umfragen unter Managern zufolge mehr die schleppende Nachfrage und weniger das Problem, an frisches Geld zu kommen.

Firmenchefs investieren in Digitalisierung - für weniger Jobs

Unklar ist aber, ob die Möglichkeit, Anschaffungen in den kommenden fünf Jahren komplett abschreiben zu können, die Kauflaune von Firmenchefs ankurbelt. "Wird sich jemand nur wegen der Steuersenkung einen Kipplaster kaufen, den er nicht braucht? Sicher nicht", sagt Portfolio-Manager Stephen DeNichilo vom Fund Federated Kaufmann Small Cap. Mehr Investitionen wird es nach seiner Einschätzung lediglich in Bereichen geben, bei denen ein unmittelbarer Effekt in Form von Produktionssteigerungen spürbar ist, etwa für Förderanlagen oder Aufzüge.

So dürfte eine der in seinem Fond enthaltenen Firmen vermutlich mehr in Maschinen mit künstlicher Intelligenz investieren. Womöglich wird auf diesem Weg die Automatisierung beschleunigt, was wiederum zur Streichung von Arbeitsplätzen führen könnte. Damit hätte die Steuerreform das Gegenteil von dem bewirkt, was sie eigentlich leisten soll.

Für viele Unternehmen kommt die Reform zur Unzeit

Für andere Unternehmen kommt die Investitionsoffensive inmitten der florierenden Wirtschaft ohnehin zur Unzeit. "Die Zeit für Zukäufe ist dann, wenn andere den Gürtel enger schnallen, und nicht, wenn sie Geld ausgeben", sagt Firmenchef Zeitler von Die-Matic. "Denn dann können wir die Waren mit einem Preisnachlass von 20 bis 30 Prozent kaufen."

Etwas anders sieht es bei Großkonzernen aus, die dank der niedrigeren Körperschaftsteuer auf sprudelnde Gewinne setzen. Die Regelung, dass sie ihre Gewinne aus dem Ausland in die USA zu einem verminderten Steuersatz zurückholen können, könnte aber andere Effekte haben als erwartet.

Die Republikaner hoffen, dass die Unternehmen mit dem Geld weitere Investitionen anstoßen. Branchengrößen wie der Netzwerkausrüster Cisco oder der Flugzeugbauer Boeing haben aber bereits angekündigt, das Geld an ihre Investoren weiterzugeben und Aktienrückkaufprogramme zu starten.

Schon George W. Bush scheiterte

Schon der damalige US-Präsident George W. Bush fiel 2004 mit einem Gesetz zur Rückholung von Auslandsgewinnen auf die Nase. So brachten 843 international tätige US-Firmen ihre Gewinne zurück in die USA. Von den 362 Milliarden Dollar floss der größte Teil aber in Aktienrückkaufprogramme und Dividendenerhöhungen anstatt in die Schaffung von Arbeitsplätzen.

(Von Timothy Aeppel und Chris Sanders, AFP/APA/red)