Umweltverträglichkeitsprüfungen : UVP-Verfahren zur 380-kV-Salzburg-Leitung läuft schon sechs Jahre

Mit Stimmen der Regierungsfraktionen wurde gestern Abend die Novelle zum UVP-Gesetz beschlossen. Einer der Kernpunkte: Die vor mehr als 20 Jahren unterzeichnete Aarhus-Konvention soll in heimisches Recht umgesetzt werden. Die Konvention und die UVP-Richtlinie garantieren Umweltschutzorganisationen ein Mitspracherecht, wenn es um die Genehmigung von Großprojekten wie Mülldeponien, Schnellstraßen oder Industrieanlagen geht. Die Konvention gibt durchaus Spielraum, was die Definition der Parteienstellung anbelangt. Deshalb sieht die Novelle nunmehr auch vor, dass Vereine, die weniger als 100 Mitglieder haben, von Umweltverfahren ausgeschlossen sind. Vereine mit mehr als 100 Mitgliedern sollen zudem eine Liste mit deren Namen und Anschriften offenlegen, ansonsten bleibt auch ihnen die Mitsprache verwehrt. Die Regeln sollen Ein-Mann-NGOs sowie Mehrfachbeteiligungen an Umweltverträglichkeitsprüfungen, wie sie immer wieder in solchen Verfahren auftauchen, verhindern - ein Modell das nach Angaben der Bundesregierung direkt vom schwedischen Modell übernommen wurde.

Details zur Novelle des UVP-Gesetzes finden Sie hier.

Während NGOs die Novelle als Verschärfungen kritisieren, nimmt man das neue Gesetz in der Wirtschaft durchaus als Erleichterung war. Nicht zu unrecht, wie unzählige Investitionsprojekte der Industrie, die seit Jahren in Umweltverträglichkeitsprüfungen feststecken, beweisen. Eine der zähsten Never-Ending-Stories (wenn auch bei weitem nicht die Längste) ist etwa das UVP-Verfahren im Bundesland Salzburg zur Errichtung einer 380-kV-Leitung zwischen Elixhausen und Kaprun. Laut Verbund-Tochter Austrian Power Grid (APG) bildet die 113 Kilometer lange Leitung einen wichtigen Lückenschluss des 380-kV-Leitungsrings in Österreich und dient der Versorgungssicherheit mit Strom.

Zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingereicht hat die APG das Projekt am 28. September 2012. Damals rechnete sie mit einem Baubeginn nicht vor 2015/16 bzw. einer Inbetriebnahme frühestens Ende 2018 oder Anfang 2019. Tatsächlich harrt das Vorhaben aber immer noch einer UVP-Entscheidung in zweiter Instanz.

Am 2. Juni 2014 startete die öffentliche Verhandlung zum UVP-Verfahren in ersten Instanz. Insgesamt 1.350 Einwendungen waren von Gemeinden - insgesamt sind 39 betroffen -, Bürgerinitiativen und Privatpersonen eingebracht worden. In erster Linie fordern sie eine zumindest teilweise unterirdische Verkabelung. Turbulenzen um ein Gutachten sorgten dann für eine große Verzögerung: Die kritische Expertise zur Bewertung der Auswirkungen der Leitung auf den Tourismus musste wegen Befangenheit verworfen werden, weil der Sachverständige Vorstand im selben Beratungsverein war wie der Leiter der Naturschutzabteilung des Landes Salzburg.

Am 14. Dezember 2015 entschied das Land Salzburg schließlich das Projekt positiv. Ausgerechnet die Grün-Politikerin Astrid Rössler als damals zuständige Landeshauptmann-Stellvertreterin musste das Ergebnis verkünden. Eingereicht worden sei ein Projekt für die Freileitung und nicht für ein Erdkabel, und dieses sei nach fachlicher Prüfung und geltender Rechtslage zu genehmigen gewesen.

Die Leitungsgegner beriefen dagegen und das Verfahren ging zum Bundesverwaltungsgericht nach Wien. Die IG Erdkabel argumentierte, dass der positive Bescheid des Landes falsch und "klar rechtswidrig" sei, weil etwa die Gesundheitsgefährdung durch die Hochspannungsleitung falsch eingeschätzt und entsprechende Leitlinien der Europäischen Akademie für Umweltmedizin im Bescheid nicht berücksichtigt worden seien. Die öffentliche Berufungsverhandlung fand ab 17. Juli 2017 in Wien statt.

Zuletzt beantragten die vom Leitungsbau betroffenen Bürgerinitiativen die Wiedereröffnung des Ermittlungsverfahrens, nachdem der Europäische Gerichtshof in einem anderen Fall entschieden hatte, dass auch die Flächen zur Freihaltung der Mindestabstände zu den Leitungen (sogenannte Trassenaufhiebe) als Rodungen gewertet werden müssen, was beim Salzburger Verfahren nicht der Fall war. Die relevante Rodungsfläche würde sich dadurch von 200 auf 800 Hektar vervierfachen. Ein Ergebnis des Verfahrens steht - sechs Jahre nach der Einreichung - zurzeit noch aus. (rl/APA)