Stahlindustrie : Strafzölle: Nicht alles ist "fake news"

Der Handelskonflikt zwischen den USA und der EU droht zu eskalieren. US-Präsident Donald Trump will Zölle von 25 Prozent auf Stahl und 10 Prozent auf Aluminium erheben. Bis jetzt sind nur wenige Ausnahmen geplant. Trump will die heimische Industrie schützen. Speziell die Handelsbedingungen der EU gegenüber Amerika sind aus seiner Sicht unfair. Was ist von der Einschätzung zu halten?

DIE AUSSAGE: "Die Europäische Union war besonders hart zu den Vereinigten Staaten. Sie machen es fast unmöglich für uns, Geschäfte mit ihnen zu machen, und trotzdem senden sie ihre Autos und alles andere in die Vereinigten Staaten. Die Europäische Union hat uns nicht sehr gut behandelt, und es ist eine sehr, sehr unfaire Situation", sagt Trump.

DIE BEWERTUNG: Teils richtig.

DIE FAKTEN: Dass es für die USA "fast unmöglich" sei, Geschäfte mit Europa zu machen, ist pauschal gesehen nicht zutreffend.

Doch die Aussage hat teilweise einen wahren Kern. Die Europäische Union erhebt im Durchschnitt etwas höhere Zölle als die Vereinigten Staaten. Nach Angaben der Welthandelsorganisation (WTO) liegt der EU-Schnitt bei 5,2 Prozent, in den USA werden im Schnitt 3,5 Prozent fällig.

DAS FAZIT: Im Durchschnitt gibt es in der EU höhere Zölle als in den USA. Das gilt besonders für einige große Produktgruppen der herstellenden Industrie.

Riesige Unterschiede und einige Schieflagen im Detail - etwa bei Autos

Auch wenn man die Zollsätze für einzelne Güter mit den importierten Mengen gewichtet, liegt Europa höher. Dieser gewichtete Zollsatz beträgt für die EU in der Summe 3,0 Prozent, in den USA sind es 2,4 Prozent.

Zudem lässt die EU lediglich 26 Prozent ihrer Nicht-Agrar-Importe zollfrei ins Land. Die USA gewähren das für 48 Prozent der Einfuhren.

Für einzelne Produktgruppen gibt es allerdings erhebliche Unterschiede. Jede Seite hat eine Reihe von Branchen vorzuweisen, die sie verstärkt vor Importen schützen wollen.

Europa erhebt etwa Einfuhrzölle auf Autos von 10 Prozent, die USA nur von 2,5 Prozent. Dieser Umstand stört Trump besonders.

Eine Sonderstellung haben die in den USA sehr beliebten Prischenwagen. Auf Pick-ups und Lkw erheben die USA einen Zoll von 25 Prozent, die EU nur 10 Prozent.

Die EU schirmt ihren Agrarsektor ab

Außerdem schirmt die EU vor allem ihren Agrarsektor ab. Bei Importen in die USA werden dagegen etwa bei Baumwolle bis zu 16 Prozent fällig, bei Lederwaren gar bis zu 55 Prozent. Bei Petroleum und Chemikalien liegt der Höchstsatz bei vergleichsweise niedrigen 7 Prozent.

Wenn Trump nun neben den Zollsätzen kritisiert, dass die EU "Autos und alles andere in die Vereinigten Staaten" schicke, während es für die US-Seite "fast unmöglich" sei, Geschäfte zu machen, hat er dabei aller Wahrscheinlichkeit nach auch den gesamten Warenhandel zwischen beiden Seiten im Kopf.

Denn unterm Strich exportiert die EU mehr in die USA, als sie umgekehrt von dort einführt. 2016 lag der Wert der EU-Ausfuhren in die Vereinigten Staaten bei 363,5 Milliarden Euro. Die US-Einfuhren in die EU beliefen sich auf 250,5 Milliarden Euro.

Zölle und Wareneinfuhren sind allerdings bei Weitem nicht der einzige Faktor, um den wirtschaftlichen Austausch zwischen beiden Seiten zu bewerten. Eine große Rolle spielen auch Dienstleistungen (EU-Exporte in die USA 2015: rund 226 Mrd. Euro; EU-Importe aus den USA: rund 213 Mrd. Euro) sowie direkte Auslandsinvestitionen. Hier liegen EU und USA nahezu gleichauf.

Einfuhrbremsen im Hintergrund

Neben Zöllen gibt es zudem andere Beschränkungen der Importmenge, etwa technische Vorschriften oder Umweltauflagen. Sie können ebenfalls als Einfuhrbremsen wirken, wenn sie kompliziert sind oder teure Mehrfach-Genehmigungen erfordern.

Allerdings wird in Brüssel betont, dass durch solche Regelungen nicht nur US-Exporte in die EU, sondern auch EU-Exporte in die USA erschwert werden. So lasse sich die US-Seite teils viel Zeit mit Verfahren für Einfuhrgenehmigungen. Acht EU-Staaten warten demnach etwa seit mehr als zehn Jahren darauf, Äpfel und Pfirsiche in die USA exportieren zu dürfen.

Allerdings sind weder Äpfel noch Pfirsiche mit dem Volumen der herstellenden Industrie vergleichbar.

(dpa/apa/red)