Digitalisierungsstudie : So packt die Industrie den Wandel an

Volle Auftragsbücher, Wachstum im zweistelligen Bereich. Der Baumaschinenhersteller Rubble Master betreibt sein Geschäft mit hoher Amplitude. „Die gute Branchenkonjunktur lässt uns wohl auch heuer nicht im Stich“, erzählt Markus Gaggl. Seit Jahresbeginn leitet Gaggl, zuvor in der Stabsstelle Digitalisierung unter anderem für digitale Geschäftsmodelle zuständig, das Produktmanagement des Unternehmens. Er weiß, was es heißt, in einem Unternehmen Kapazitäten für Digitalisierung freizuspielen, wenn der Motor brummt. „Das Kerngeschäft darf nicht beeinträchtigt werden“, sagt er. Den Linzern gelang der Kunstgriff, trotz betrieblicher Höchstlast einen Riesenschritt in die digitale Zukunft zu setzen: Eine Software für die Mensch-Maschine- Kommunikation, so ausgeklügelt, dass sogar überlegt wurde, sie an andere Industrien in Lizenz zu vergeben, wurde am Standort Linz entwickelt. Eine Innovation, die nur möglich wurde, weil das Unternehmen früh einen Kulturwandel einleitete: „Wir alle haben die Null-Fehler-Politik ausbildungsseitig in uns“, schildert Gaggl. Von Six Sigma auf eine echte Fehlerkultur umzuschalten, sei „ein Riesenschwenk“, sagt er.

Leute mitreißen

Ein mithin schwieriger, aber notwendiger Schritt, wie eine Studie der Limak dokumentiert. Über 200 Geschäftsführer, Vorstände, Bereichsleiter und Fachexperten für Digitalisierung befragte die Business School für die Studie Digital Economy im vorigen Jahr. „Vor allem Führungskräfte und ihre Change-Fähigkeiten sind gefragt, um die digitale Transformation voranzutreiben“, fasst Limak-Geschäftsführer Gerhard Leitner die Ergebnisse zusammen. Unternehmen ließen sich eben nicht „aus der Mitte heraus“ verändern. Der Handlungsbedarf sei groß: Zwei von drei Experten in Unternehmen sehen die Digitalisierung als Mittel zur Prozessoptimierung. Nur 22 Prozent dagegen nutzen aktuell bereits die Digitalisierung, um damit neue Kundenzugänge oder Lösungen zu kreieren. Es sei ein Leadership-Thema, „ein digitales Mindset zu entwickeln und seine Leute ins Boot zu holen“, sagt Leitner. Bei Rubble Master in Linz ist dies offenbar geglückt, wie ein Beispiel illustriert: Den Innovationsreigen auf der Conexpo in Las Vegas, der weltgrößten Baumaschinenmesse, quittiert Gaggl folgendermaßen: „Ein Wahnsinn, wie wenig in der Baubranche noch digitalisiert wird.“

Holpriger Strategiepfad

Offenheit für Neues und Perspektivenvielfalt kann dabei hilfreich sein. Auch mit einem neuen Methodenset – darunter agile Innovationsmethoden wie Design-thinking oder die schnelle Einführung von Minimalprodukten – lässt sich punkten. Als Überbau braucht es aber mehr. „Ob KMU oder Großunternehmen: Oft fehlt eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie, die das gesamte Unternehmen überspannt“, sagt Susanne Summereder. Sie leitet bei Limak den auf die Inhouse-Führungskräfteentwicklung spezialisierten Bereich Inspire. „Erfolgreiche Unternehmen starten nicht voneinander losgelöste Pilotprojekte, sondern integrieren sie als Teil des Gesamtkonzepts“, so Summereder. Dass sie dabei, wie die Studie belegt, mit aller Konsequenz vorgehen, kommt nicht überraschend.

Details

Studienautoren: Limak Austrian Business School

Teilnehmer: Onlinebefragung von 180 Geschäftsführern, Vorständen, Bereichs- und Abteilungsleitern sowie Angestellten oder Fachexperten; dazu Einzelinterviews und Experteninterviews

Zielgruppe: vorwiegend mittelständische Großunternehmen

Branchen: Produktion/Industrie, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Energie und Transport sowie IKT

Fokus: Über 77 Prozent der Befragten sind mit Digitalisierungsagenden beauftragt