Maschinenbau : SIG: Umsatz mit Abnahmeverträgen statt mit Maschinen

Der Börsengang von SIG Combibloc an die Schweizer Börse wird der bisher größte im laufenden Jahr. Auf den Markt kommen die Papiere eines Maschinenbauers mit außergewöhnlichem Geschäftsmodell. SIG Combibloc stellt Maschinen zum Abfüllen von Getränkekartons her. Aber eben nicht nur, wie das Management vor den Medien betonte.

Abnahmeverträge für Getränkekartons und nicht Maschinenabsatz entscheidend

"Wir machen nur 10 Prozent des Umsatzes mit den eigentlichen Maschinen", sagte Firmenchef Rolf Stangl. Entscheidend für den Umsatz sei vielmehr, dass zusammen mit den Maschinen langjährige Abnahmeverträge für Getränkekartons verkauft werden. Diese würden in acht Werken weltweit produziert und machten 90 Prozent des Umsatzes aus.

Hinter diesen Getränkekartons, die aus vielen Schichten unterschiedlicher Materialien bestehen, stecke viel Technologie. "Wir garantieren 12 Monate Haltbarkeit ohne Kühlung", so der CEO. "Das ermöglicht es zum Beispiel einem Milchhersteller aus Holland, seine Produkte in Nordafrika zu verkaufen."

Wie bei Rasierklingen - oder bei Druckern

Stangl verglich das SIG-Geschäftsmodell mit jenem der Rasierklingen-Hersteller, welche den eigentlichen Rasierer günstig abgeben und das Geschäft dann über die Jahre mit dem Verkauf der Klingen machen.

Stangl rührt derzeit die Werbetrommel für sein Unternehmen, weil für den 28. September der Börsengang geplant ist. Der bisherige Besitzer, die Beteiligungsfirma Onex, will dann einen Teil der Aktien verkaufen.

Konkret sollen bis zu 48 Mio. bestehende Titel zu 10,50 bis 13,50 Franken ausgeben werden, hinzu kommen knapp 113 Mio. neue Aktien, wie das Unternehmen schon am Freitagabend mitgeteilt hatte. Maximal kommen 49,1 Prozent der Firmenanteile auf den Markt.

Einer der größten Börsengänge in der Schweiz

Insgesamt soll der Börsengang - ohne Mehrzuteilungsoption - brutto rund 1,5 Mrd. Franken (1,33 Mrd. Euro) einbringen. Daraus ergibt sich eine Marktkapitalisierung von rund 3,4 bis 4,1 Mrd. Franken. Auf ein solches Gewicht brachte es keiner der bisherigen neun Börsengänge an der SIX im laufenden Jahr. Das Unternehmen will mit den Einnahmen aus dem Börsengang die Schulden reduzieren.

SIG Combibloc will in den nächsten Jahren schneller als der Markt wachsen und Branchenprimus Tetra Pak Anteile abjagen. Konkret peilt die Gesellschaft mittelfristig ein jährliches Umsatzwachstum von 4 bis 6 Prozent an. Der Markt werde in den nächsten Jahren nur mit 3,6 Prozent wachsen, sagte Stangl. Den aktuellen Marktanteil bezifferte der Konzernchef für die Märkte, in denen SIG heute präsent sei, auf 15 bis 25 Prozent. "Wir sind die klare Nummer zwei."

Überdurchschnittlich zulegen will SIG unter anderem dank technologisch führender Produkte. Ein Vorteil sei außerdem, dass das Unternehmen in vielen Regionen noch Potenzial habe. Namentlich nannte Stangl Indien und Japan, wo der Marktanteil noch bei unter fünf Prozent liege.

Bei der Profitabilität strebt das Unternehmen mittelfristig eine Stabilisierung auf dem aktuellen Niveau an (bereinigte EBITDA-Marge: 29%). Dass sich die Marge in den letzten Jahren stark verbessert habe, liege unter anderem an zusätzlichen Werken in Schwellenländern, sagte CFO Samuel Sigrist. Dadurch seien etwa die Beschaffungskosten gesunken.

SIG: Schweizer "Industrie-Methusalem"

Die Geschichte von SIG ist lang und bewegt, und die Gesellschaft darf guten Gewissens als Schweizer Industrie-Methusalem bezeichnet werden. Gegründet wurde sie 1853. Ursprünglich für die Produktion von Schienenfahrzeugen erschaffen, stellte SIG ("Schweizerische Industrie-Gesellschaft") in der wechselvollen Geschichte auch Straßenfahrzeuge, Seilbahnen oder Trams her. Bereits sieben Jahre nach der Gründung wurde auch die Produktion von Waffen aufgenommen.

Zu Beginn der Nullerjahre und bis zum Börsenabgang im Mai 2007 - das Unternehmen war da bereits auf den Verpackungsbereich fokussiert - stellte sich SIG durch zahlreiche Ver- und Zukäufe neu auf. Weitere Transaktionen erfolgten unter der Ägide des neuen Besitzers Rank in den folgenden Jahren. Im November 2014 wechselte SIG den Besitzer erneut, die kanadische Investmentgesellschaft Onex schlug für 3,8 Mrd. Euro zu. (awp/sda/apa/red)